Neukirchen-Vluyn. Das Ehepaar Nolte kann erstmal durchatmen. Nach 25 Mahnwachen gegen weiteren Kiesabbau ist eine kurze Pause, bevor es mit neuen Ideen weitergeht.

Alexandra und Dr. Roland Nolte haben jetzt einmal etwas dauerhafter Luft, um durchzuatmen. 25 Mahnwachen in 27 Wochen haben sie seit Oktober des vergangenen Jahres in ihrem kleinen Reich, in Noltanien, veranstaltet. Nur Weihnachten und Ostern gab es am Bauernhof an der Boschheidestraße eine Pause. 25 Mal haben sich zunehmend mehr Menschen dort zusammengefunden, um für die gemeinsame Sache zu kämpfen, wo es eigentlich ruhig sein sollte, wo die unberührte Natur die Blicke schweifen lassen soll.

Aber genau darum ging es ja: Dass die Natur weiterhin unberührt bleibt und keine großen Kiesbagger die bedeutsame Donkenlandschaft umgraben und zur riesigen Baggerlochwüste machen.

#daspinkekreuz macht weiter

Pink ist hier zur Farbe des Widerstandes geworden. Alexandra Nolte ist weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt geworden mit ihrem pinken Mantel, den sie bei jeder offiziellen Gelegenheit getragen hat. Wie viele neue Sachen in pink sie sich für den Kieswiderstand gekauft hat? Alexandra Nolte lacht. Der pinke Anzug ist zur Arbeitskleidung geworden; etwa 30 zusätzliche Kleidungsstücke haben den Weg in den Kleiderschrank gefunden. Für ihren Mann, der bekennt, den Überblick über die textile Welt seiner Frau verloren zu haben, gab es immerhin eine pinke Krawatte. „Das mit dem Wiedererkennungswert hat funktioniert“, sagt Alexandra Nolte.

Das Ehepaar hat sich gut ergänzt in der Sache. Alexandra hat die Mahnwachen und das Drumherum organisiert, Roland hat allsonntäglich gesprochen. Das kann er: reden und die Leute mit Argumenten überzeugen. Der Ingenieur musste innerhalb kurzer Zeit zum Kies-Experten werden, weil Noltanien, das inmitten des avisierten Gebietes für den Kiesabbau liegt, bedroht war. „Wir haben gemerkt, wie uns das den Boden unter den Füßen weggerissen hat“, erinnert sich Alexandra Nolte.

Für die beiden war immer klar: Was sie tun, ist politisch, selbstverständlich; aber nicht parteipolitisch. Deswegen durften die Politikerinnen und Politiker, die zu den Mahnwachen kamen, auch immer nur „mit“ den Menschen sprechen, aber nie „zu“ ihnen, also von der Bühne herab.

Ein Ziel ist erreicht

Eines ihrer Ziele haben sie erreicht: Mit Stichtag zum 29. April hat der RVR körbeweise Widersprüche aus Neukirchen-Vluyn bekommen. Dabei geht es den Noltes, ihrer Initiative #daspinkekreuz, nicht darum, einfach nur gegen etwas zu sein. Das haben sie stets betont. Sie haben sich auch ihre sogenannten Gegner ins Haus geholt, haben mit der Kiesindustrie diskutiert.

Es gehe um die „Disruption eines Status Quo“, sagt Roland Nolte – ohne, dass er all seine Argumente der vergangenen Wochen wiederholen möchte. Alles habe seine Zeit, auch Beton, sagt er. Es gebe mittlerweile viele Wertstoffalternativen, man müsse zu einer anderen Bauweise kommen.

Als Beispiel nennt er eine Skelettbauweise, ähnlich den Fachwerkhäusern. „Politik hat hier eine Steuerungsaufgabe“, betont er. Und führt weiter aus: „Die Jahre, die wir gewonnen haben, sind so unglaublich wichtig.“

Es geht um die Rohstoffwende

Die Planungsgrundlage für den Regionalplan sei doch nach dem Urteil des OVG Münster obsolet. Es komme eben nicht nur auf die Flächen an, sondern auch auf das Vorgehen. Die Botschaft aus Noltanien ist deutlich: „Unser erklärtes Ziel ist es, lokal, regional und ganzheitlich eine Rohstoffwende herbeizuführen.“

Protest am 9. Januar.
Protest am 9. Januar. © FUNKE Foto Services | Oleksandr Voskresenskyi

Und weil mit dem aktuellen Stand das Ziel noch nicht erreicht ist, legen die Noltes samt Mitstreiterinnen und Mitstreitern im #daspinkekreuz die Hände nicht in den Schoß. Sie warten das schriftliche Urteil des Gerichts ab und beobachten die weiteren Szenarien um den LEP und den Regionalplan.

Und wollen schließlich andere Arten des Häuserbaus aufzeigen. Eine berechtigte Frage ist darüber hinaus aus ihrer Sicht, welche Auswirkungen das Urteil aus Münster auf Planungsvorhaben in anderen Bundesländern hat. Da ist er wieder: der Vernetzungsgedanke: „Je breiter man sich aufstellt, umso besser lässt sich eine nachhaltige Rohstoffwende voranbringen.“