Kamp-Lintfort. Reaktionen auf die NRW-Wahl sind entspannt und sachlich. Selbst die zweitgrößte Kraft SPD sieht keine reelle Chance für Regierungsbeteiligung.

Wenn alle Landespolitiker so sachlich und gefasst mit dem Ergebnis der Wahlen vom Sonntag umgehen, dann dürfte die Regierungsbildung kein Problem sein und am Ende stünde in NRW erstmals ein schwarz-grünes Bündnis auf der Kommandobrücke.

Da windet auch der SPD-Landtagsabgeordnete René Schneider keine Blümchen drum: „Das ist die logische Konsequenz.“ Nur eine Ampel könnte die SPD auf die Regierungsbank hieven, aber, sagt Schneider, „da habe ich lange Zähne dran.“ Das passe einfach nicht zum Wahlergebnis. Gespräche darüber könne man höchstens anstreben, wenn sich CDU und Grüne bei den Verhandlungen überraschend heftig auseinanderdividieren. Auch eine große Koalition zieht Schneider nicht in Erwägung: „Eine Regierungsbildung unter Umgehung der eindeutigen Wahlgewinner, der Grünen, gibt nicht den Wählerwillen wieder.“

Es bleibt bei der Oppositionsbank

Also wird der Kamp-Lintforter Landtagsabgeordnete weiter auf der Oppositionsbank Platz nehmen. Auf der einige Kollegen nach der Wahl fehlen werden. „Es ist schön, dass wir es geschafft haben, aber auch ein schlechtes Gefühl, weil einiges wegbrechen wird.“ Warum die SPD unterlegen ist? Ein bisschen schiebt Schneider es auf die großen Themen der Bundespolitik, die bei den Menschen Vorrang hatten: „Ich habe im Wahlkampf mit niemandem über Bildung gesprochen, aber über Panzer.“

Stimmen verloren an Nichtwähler?

Auf die unterirdische Wahlbeteiligung in Kamp-Lintfort – wo nicht einmal jeder Zweite zur Urne ging – kann er sich keine Reim machen. „Ich glaube, wir haben die meisten Stimmen an Nichtwähler verloren. Das müssen wir uns jetzt zur Aufgabe machen und aufbrechen.“ Was René Schneider in Sachen Kies von der neuen Landesregierung erwartet: „Mit Rot-Grün hätte es einen schnellen Durchbruch gegeben. Ich hoffe, dass Charlotte Quick (CDU) sich an ihren 10-Punkte-Plan aus dem Wahlkampf erinnert.“

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Simon Lisken, Fraktionschef der CDU Kamp-Lintfort, war am Montag natürlich bestens gelaunt. Die CDU gehört neben den Grünen zu den Wahlgewinnern: „Alles andere als eine schwarz-grüne Landesregierung wäre eine Enttäuschung.“ Im Ergebnis sieht er eine Bestätigung der „guten Arbeit von Ministerpräsident Wüst und seinen Ministern“, allen voran Innenminister Herbert Reul und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Was er bedauere ist, dass der Kandidat der Christdemokraten, Sascha van Beek, so knapp an Amtsinhaber Schneider scheiterte. Warum niemand über eine große Koalition im Land spricht, ist Lisken selbst nicht so klar. Zum Thema Wahlbeteiligung: „Vielleicht lag es am Wetter“, sagt er im Scherz. „Da müssen jetzt alle Parteien ran.“ Beim Thema Kies setzt er auf eine „eindeutige Meinung auf Kreisebene“, die alle großen Parteien vertreten.

Gar nicht so ungewöhnlich

Auch der Kamp-Lintforter Grünen-Chef Johannes Tuschen war in Siegerlaune: „Wir haben in Kamp-Lintfort dreimal so viele Stimmen geholt wie vor fünf Jahren.“ Auch er sieht ein schwarz-grünes Bündnis kommen. „Die Fakten und der Wählerwille sprechen dafür.“ Und so ungewöhnlich sei das ja auch nicht mehr. Dass die FDP auch nur das geringste Interesse an einer Ampel-Koalition hat, kann er sich nicht vorstellen.

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Inzwischen vertraut er auch der CDU im Kreis beim Thema Kies. „Und mit einem grünen Motor im Land bin ich guten Mutes“, so Tuschen. Die große Koalition ist für ihn ausgeschlossen: „Zwischen CDU und SPD hakt es an allen Ecken und Enden.“ Bei der geringen Wahlbeteiligung in Kamp-Lintfort sieht er eine Menge Frust, nach Corona und der Schulpolitik in dieser Zeit. „Dabei sollten wir froh sein, in einer Demokratie zu leben.“ Erschreckt hat ihn jedoch das Abschneiden der AfD. „Da gibt es keine Personen vor Ort und die werden trotzdem gewählt.“