Kreis Wesel. Rohstoffabgaben, neue Recyclingwerke in NRW und Sekundärrohstoffe aus der Stahlproduktion - so soll laut René Schneider der Ausstieg gelingen.

Es ist eine Forderung, die so offen und konkret noch nicht gestellt wurde, seitdem im Kreis Wesel über das Thema gestritten wird: der Komplettausstieg aus dem Kiesabbau! Der Politiker, der diese Forderung stellt, ist SPD-Kreisvorsitzender, sitzt seit mehr als 20 Jahren im Kamp-Lintforter Stadtrat und seit zehn Jahren im NRW-Landtag; er weiß ziemlich genau, wie lang die politischen Entscheidungswege sind. Darum, sagt René Schneider, müsse man bereits jetzt über den Ausstieg nachdenken.

Zu diesem Zweck hat Schneider die „R.A.U.S.-Strategie“ entwickelt, ein vierstufiges Konzept, an dessen Ende die komplette Aufgabe des Kiesabbaus stehen soll, unter anderem durch den schrittweisen und landesweiten Aufbau von Recyclinganlagen nach dem Hünxer Vorbild und den Einsatz von Sekundärrohstoffen, zum Beispiel aus der Eisen- und Stahlproduktion. Es gebe so viel Expertise in NRW, dass „es eine Schande wäre, sie nicht zu nutzen“, schreibt Schneider unter anderem. Zunächst müsse man alle Erkenntnisse bündeln und an zentraler Stelle zusammentragen.

Die gesamte Entwicklung dauert Jahre. Das ist René Schneider klar. „Die Bremsspur ist so oder so lang“, sagt Schneider im Gespräch mit der Redaktion zu der Zeitspanne für diesen Reformprozess. Darum müsse man jetzt mit dem Bremsen beginnen.

Dass er damit über die Ziele hinausgeht, die seine Partei im Wahlprogramm zum Thema Kies- und Sandabbau formuliert hat, weiß der Abgeordnete, der bei der kommenden Landtagswahl am 15. Mai für seine dritte Legislaturperiode antritt. Im SPD-Wahlprogramm ist unter anderem von einem „verantwortungsvollen Abbau oberflächennaher, nicht-nachwachsender Rohstoffe“ und im Fall von Sand und Kies von einer schrittweisen Zurückführung der Förderung die Rede. Parallel dazu soll die Entwicklung recycelten Bauschutts als Ersatz der für Baumaterial notwendigen Primärrohstoffe wie Kies und Sand vorangetrieben werden. Und die Recycling-Anlagen sollen nach Möglichkeit dort entstehen, wo die Genehmigungen von Kies- und Sandabbau auslaufen.

Was fehlt, sind eine Zeitangabe und die Antwort auf die Frage, um wie viel Prozent der Kies- und Sandabbau reduziert werden soll. Wenn es nach René Schneider geht, ist die Antwort klar: „Um 100 Prozent.“ Und er macht einen Vorschlag zum Ausbau der Produktion von Recyclingbaustoffen. In Drei- bis Fünfjahresschritten müsse in NRW ein neues Recyclingwerk gebaut werden, finanziert über eine Rohstoffabgabe, so Schneider weiter, der sich mit seinen Forderungen laut eigener Aussage auf einer Linie mit seiner Fraktion befindet. Nur die Einrichtung einer zirkulären Wirtschaft könne den Abbau von nicht nachwachsenden Rohstoffen beenden.

Sorgen, dass sich seine genauen Vorstellungen für einen Komplettausstieg aus dem Kies- und Sandabbau nicht im Wahlprogramm wiederfinden, macht er sich nicht. In keiner Wahlagenda seien die Themen haarklein ausformuliert, so Schneider. Und um die Ziele konkret anzugehen, habe man nach einem hoffentlich Wahlerfolg am 15. Mai noch ausreichend Zeit.

>>> Kiesabbau auch Thema im CDU-Wahlprogramm <<<
Den Wahlsieg strebt selbstverständlich auch die CDU an. Auf Bestreben von Charlotte Quik, Julia Zupancic und Sascha van Beek, die im Kreis Wesel für den Landtag kandidieren, wurde das Thema Kies- und Sandabbau ebenfalls im Wahlprogramm aufgenommen. Unterschiede zur SPD bestehen nur in wenigen Feldern. Um weniger Flächen zu verbrauchen, möchten die Christdemokraten zum Beispiel bestehende Abgrabungsflächen „maximal ausschöpfen“ und das Abgrabungsmonitoring verbessern. Unter anderem soll die Bedarfsermittlung „auf wissenschaftlicher Basis“ neu aufgestellt werden. Genau wie die SPD möchte die CDU „den Ausbau innovativer Re- und Upcycling-Verfahren für Sekundärrohstoffe fördern“.

Ungenannt bleibt unterdessen der Versorgungszeitraum für Sand und Kies. Den hatte die Landesregierung im Landesentwicklungsplan (LEP) von 20 auf 25 Jahre erhöht. Während die SPD den Zeitraum laut Wahlprogramm wieder auf 20 Jahre senken möchte, äußert sich die CDU nicht explizit dazu. Allerdings haben Quik, Zupancic und van Beek gemeinsam mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden im Kreistag, Frank Berger, in einem Zehn-Punkte-Plan zum Thema Kiesabbau herausgestellt, dass auch die Vorgabe der Versorgungszeiträume im LEP überprüft werden müssen.