Moers. . Ein Gastronomie-Unternehmer soll seine Tochter 215 Mal missbraucht haben. Die Aussage der jüngeren Schwester spricht für eine schlimme Kindheit.

  • Zweiter Verhandlungstag im Prozess um Kindesmissbrauch: Schwester des Opfers sagte aus
  • Die heute 18-Jährige spricht von einer Kindheit, die durch Gewalt geprägt gewesen sein soll
  • Angeklagter und Ex-Frau gerieten im Gerichtssaal aneinander, dem Richter platzte der Kragen

Die Staatsanwaltschaft geht von einem 215-fachen Kindesmissbrauch aus, der Angeklagte spricht von einem Racheakt im Rosenkrieg: Am Montag wurden am zweiten Verhandlungstag des Prozesses gegen einen 51-jährigen Gastronomie-Unternehmer aus Moers (NRZ berichtete) die jüngste Tochter des Angeklagten und Schwester des mutmaßlichen Opfers vernommen.

Sie berichtete von einer Kindheit, die eigentlich keine war und die von Gewalt geprägt gewesen sein soll. Zu der Zeit, zu der sich die Vergewaltigungen zugetragen haben sollen, war die heute 18-jährige Zeugin gerade einmal vier Jahre alt.

Verhältnis zu den Eltern? „Schlecht!“

Wie das Verhältnis zu den Eltern gewesen sei, wollte der Vorsitzende Richter der Auswärtigen Großen Strafkammer, Johannes Huismann, wissen. „Schlecht“, antwortete die Zeugin.

Die Mutter habe sie kaum gesehen, da sie von morgens bis abends in der Gastronomie gearbeitet habe. Ihre größere Schwester – zu der Zeit elf Jahre alt – habe sich um sie und den Haushalt kümmern müssen. Und weiter: „Vater und Mutter haben sich nur gestritten, es gab nur Gewalt.“

Sachen dazuspinnen geht nicht

Der Vater habe die Mutter geschlagen, die Mutter die Kinder. Was die Tatvorwürfe des sexuellen Missbrauchs angehe, so habe sie eines Abends gesehen, wie ihre Schwester auf der Couch lag, der Vater auf ihr.

Sie antwortete nicht auf alle Fragen, die der Richter ihr stellte. Sie leide unter Dissoziationsstörungen, könne sich an bestimmte Dinge nicht erinnern. Auf Nachfrage des Verteidigers sagte sie: „Sachen dazuzuspinnen, das geht bei dieser Krankheit nicht“, und entband ihre Ärztinnen von der Schweigepflicht.

Weihnachtskarte

Die Ex-Frau des Angeklagten wurde danach noch einmal in den Zeugenstand gerufen, um eine Weihnachtskarte zu erklären, die sie ihrem damaligen Mann geschickt hatte und die nach Ansicht des Verteidigers belegen soll, dass das Verhältnis der Eheleute lange nach den mutmaßlichen Vergewaltigungen ein gutes gewesen sei.

Richter Johannes Huismann
Richter Johannes Huismann © Olaf Fuhrmann

Die gerieten sich in die Haare, was den sehr besonnenen Vorsitzenden auf die Palme brachte: „Jetzt bin ich es bald satt! Wir sind hier nicht in einer Fernseh-Gerichtsshow.“

Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt; die Verteidigung hat Entlastungszeugen benannt und will weitere Beweisanträge stellen.