Kreis Wesel. Bürgerinnen und Bürger im Kreis Wesel sollen verstärkt Mitfahrgelegenheiten nutzen. Welchen Grund das hat und wie das nun gelingen soll.

Die Verkehrswende im Kreis Wesel ist ein zähes Projekt mit vielen Variablen. Der löchrige Nahverkehr soll bis 2030 klimaneutral laufen und attraktiver aufgestellt werden, das Büro Rödel und Pachan arbeitet daran. Das Fahrradverleihsystem als Herzstück des Mobilitätskonzeptes und Lückenschluss für die letzte Meile ist unterdessen gescheitert.

Nun versucht der Kreis, einen neuen Impuls zu schaffen und den Verkehr auf den Kreisstraßen zu reduzieren. Dazu führt er am 1. Mai ein neues Pendlerportal ein und schließt sich der AG Fahrgemeinschaften NRW an, einem vom VRR koordinierten Bündnis von mehr als 30 Landkreisen, Städten und Gemeinden, die die Bildung von Fahrgemeinschaften fördern möchten.

Das Pendlerportal ziele darauf ab, die Mobilität der Region zu verbessern und gleichzeitig einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten, schreibt der Kreis in einer Pressemitteilung. „Das kostenlose Portal richtet sich an Berufs- und Freizeitpendlerinnen und -pendler und schafft eine bequeme Möglichkeit, Fahrgemeinschaften zu bilden.

Großbaustellen im Kreis Wesel: Pendlerportal soll Verkehrswege entlasten

Das grundsätzliche Potenzial scheint groß zu sein. Laut IT.NRW-Pendleratlas verlassen rund 153.000 Menschen im Kreis Wesel täglich ihren Wohnort, um zu ihrer Arbeitsstelle zu gelangen. Hauptziele sind unter anderem die Großstädte Duisburg, Oberhausen, Krefeld und Düsseldorf, aber auch innerhalb der Kreisgrenzen gibt es mitunter fleißige Pendelbewegungen, etwa nach Moers, Wesel und Dinslaken. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes werden 68 Prozent der täglichen Strecken von und zur Arbeit mit dem Auto zurückgelegt. Der Großteil fährt allein.

Gleichzeitig ist der Kreis Wesel, unter anderem durch die A3 als wichtige Nord-Südachse, einer der verkehrsreichsten Kreise in Deutschland. Und einer der autofreundlichsten: Laut Kreisverwaltung sind derzeit insgesamt mehr als 390.000 Fahrzeuge im Kreis Wesel angemeldet, den weitaus größten Teil bilden rund 295.000 Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen, also Pkw. Bei rund 460.000 Einwohnern eine beachtliche Quote, was allerdings auch dem ÖPNV geschuldet ist, der Schülerinnen und Schüler, Studierende und Berufstätige mitunter an Bushaltestellen oder Bahngleisen stranden ließ.

Die große Zahl an Fahrzeugen auf den Straßen erhöht das Staupotenzial und die Abgaswerte in der Luft, beides nicht erfreulich. Die Situation kann sich durch die angekündigten Dauerbaustellen auf den Bahnstrecken noch weiter verstärken, wie auch der Kreis Wesel bestätigt. „Angesichts der in den kommenden Jahren anhaltenden Baustellensituation auf den Bahnstrecken im Kreis Wesel schafft das Pendlerportal die Möglichkeit, dass vielleicht nicht jeder Bahnfahrende eins zu eins ins Auto steigt, sondern, dass sich Menschen während der unvermeidlichen Streckensperrungen zusammentun“, so der Kreis auf Nachfrage.

Das Pendlerportal des Kreises Wesel bietet laut eigener Aussage „eine Vielzahl von Optionen, kostengünstig und umweltfreundlich unterwegs zu sein; zum Beispiel auf dem täglichen Weg zur Arbeit oder Hochschule oder auf gelegentlichen Fahrten zu Veranstaltungen wie Konzerten“. Durch die Integration von ÖPNV-Verbindungen soll das Portal auch eine Lösung für den Fall sein, dass keine Mitfahrgelegenheit verfügbar ist.

„Fahrgemeinschaften sind nicht nur eine umweltfreundliche Alternative zum individuellen Autoverkehr. Sie fördern auch die soziale Interaktion und reduzieren die Verkehrsstaus und den Parkplatzbedarf. Das neue Pendlerportal stellt eine zweckmäßige Ergänzung zu unserem bestehenden Mobilitätsangebot dar und unterstreicht unser Engagement für nachhaltige und multimodale Mobilität im Kreis Wesel“, so Landrat Ingo Brohl.

Pendlerportal im Kreis Wesel: Konzept kommt nach Testphase auf den Prüfstand

Das Pendlerportal ist ab Mittwoch, 1. Mai, unter https://kreis-wesel.pendlerportal.de/ verfügbar und soll laut Kreis eine benutzerfreundliche Plattform zur Organisation von Fahrgemeinschaften bieten. „Der Kreis Wesel lädt alle Pendlerinnen und Pendler dazu ein, sich zu registrieren und von den Vorteilen der Fahrgemeinschaften zu profitieren“, heißt es.

Das Pendlerportal und die AG Fahrgemeinschaften NRW gibt es schon länger. „Im Vorhinein haben wir uns bei anderen Kreisen und Städten informiert, was die Anbieter solcher Portale sowie die Resonanz in der Bevölkerung angeht“, so der Kreis weiter. Da die Bereiche mitunter aber sehr unterschiedlich strukturiert seien, spielten unterschiedliche Faktoren eine Rolle, zum Beispiel die aktuelle Situation im Schienenpersonennahverkehr oder auf den Straßen. „Insofern werden wir beobachten, ob das testweise Angebot von den Menschen im Kreis Wesel angenommen wird.“ Unter anderem werde der Portalbetreiber Nutzungsdaten zur Verfügung stellen. Nach einer Testphase von mindestens einem Jahr werde man auch eine Einschätzung zu diesem Angebot vornehmen können, so der Kreis weiter.