Kreis Wesel. Zwei Kiesflächen im Kreis Wesel sind im Fokus. Nun trafen sich Firmenvertreter mit Städten, Kreis und Naturschutzvertretern zum Scoping-Termin.
Langsam kommt Bewegung in die Frage, ob in Neukirchen-Vluyn und Rheinberg weitere Kiesabbauflächen genehmigt werden. Der Weg zur Entscheidung ist aber noch lang. Laut Informationen der Redaktion haben sich Vertreter beider Städte, des Kreises und des NABU mit Vertretern des Unternehmens Hülskens in dieser Woche im Kreishaus getroffen. Der Kreis bestätigte das Treffen auf Nachfrage. Beim sogenannten Scoping-Termin als Auftakt ging es zunächst um die Frage, welche Gutachten im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung Hülskens erstellen muss, um das eigentliche Antragsverfahren beginnen zu können.
Die Pläne für die beiden Kiesflächen in Neukirchen-Vluyn und Rheinberg hatte Hülskens-Geschäftsführer Christian Strunk im Gespräch mit der Redaktion bereits bestätigt. Unter den Titeln „Donkensee“ für Neukirchen-Vluyn und „Millinger Südsee“ für die Fläche in Rheinberg stellten Hülskens-Vertreter nun ihre Vorstellungen von beiden Abbaugebieten vor – und nahmen Aufträge für zahlreiche Gutachten entgegen.
Beim Scoping soll es sachlich zugegangen sein. Das bestätigt auch Hülskens auf Nachfrage. Für die verschiedenen Gutachten ist jetzt ein Moerser Planungsbüro zuständig. Bis der eigentliche Abgrabungsantrag gestellt wird, dürften laut Hülskens voraussichtlich eineinhalb bis zwei Jahre ins Land gehen. Und auch danach werde es noch lange dauern, bis an den Flächen tatsächlich abgebaut werden könne.
Abgrabung in Rheinberg und Neukirchen-Vluyn: Der Zeitplan
Nach dem Scoping-Termin erstellt ein Planungsbüro alle erforderlichen Gutachten zur Umweltverträglichkeitsprüfung für die Flächen in Neukirchen-Vluyn und Rheinberg. Hülskens rechnet dafür mit einem Zeitraum von eineinhalb bis zwei Jahren. Erst danach werde der eigentliche Abgrabungsantrag gestellt. Anschließend erfolgt die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange sowie der Öffentlichkeit. Auf dieser Grundlage erstellt das Unternehmen eine Synopse, auf die ein Erörterungstermin mit bis zu 25 verschiedenen Behörden folgt. Dann geht der Abgrabungsantrag in die Abwägung. Insgesamt könne der gesamte Prozess bis zu fünf Jahre dauern, so Hülskens-Geschäftsführer Christian Strunk im Gespräch mit der Redaktion.
Einen Diskurs soll es in der Frage der Nachnutzungen gegeben haben. In den Konzepten, die der Redaktion vorliegen, wird in Rheinberg zum Beispiel über Badebuchten und in Neukirchen-Vluyn unter anderem über eine Seilbahn, die von der benachbarten Halde Norddeutschland über den See zum Ufer führen soll, nachgedacht. In dem Zusammenhang soll es auch um die Finanzierung gegangen sein. Teilnehmende nannten die Ausführungen dazu „etwas dünn“.
Vor allem aus Neukirchen-Vluyn soll es Kritik gegeben haben. Was allerdings die Frage aufwirft, wie eine Nachnutzung im Interesse aller umgesetzt werden kann, wenn Interessenvertreter beider Seiten nicht miteinander sprechen. Besonders in Neukirchen-Vluyn soll nach Informationen der Redaktion derzeit keine generelle Dialogbereitschaft bestehen.
Mit dem Scoping stehen die ersten beiden Kiesflächen aus dem neuen Regionalplan Ruhr als Abbaugebiete im Fokus. Und das nicht erst, seit der Regionalplan im Februar rechtskräftig wurde. Seine Pläne für Neukirchen-Vluyn hatte Hülskens bereits im Sommer 2022 öffentlich gemacht. Laut Unterlagen, die der Redaktion vorliegen, hatte das Unternehmen den Scoping-Antrag für Neukirchen-Vluyn im August und für Rheinberg im November vergangenen Jahres gestellt, noch bevor die Verbandsversammlung im RVR den Aufstellungsbeschluss für den Regionalplan fasste und der Entwurf zur Rechtsprüfung ans NRW-Wirtschaftsministerium ging.
Kiesflächen im Kreis Wesel: Der Großteil ist in Privateigentum
Das Interesse von Unternehmen, im Kreis Wesel Kies abzubauen, ist generell hoch. Ob es aber gelingt, auf die im Regionalplan ausgewiesenen Flächen zuzugreifen, bleibt fraglich. Nicht nur wegen der im Raum stehenden Klage, die die Kommunen Kamp-Lintfort, Rheinberg, Alpen, Hünxe, Hamminkeln, Neukirchen-Vluyn und der Kreis Wesel beim OVG Münster eingereicht haben. Abgesehen davon müssten sich die Unternehmen Flächen zunächst sichern, ehe sie dort irgendwann Kies abbauen können.
Laut Kreisverwaltung sind insgesamt 1236 Flurstücke von den Festlegungen im Regionalplan betroffen. 77 Prozent und damit der überwiegende Teil befinde sich in Privateigentum. „Circa 13 Prozent sind bereits im Besitz von Abgrabungsunternehmen“, so der Kreis weiter. Sieben Prozent befänden sich im Eigentum der öffentlichen Hand, und auch die Kirche und die Lineg hielten eine geringe Anzahl der Flurstücke.
Vor allem die Flächen in Privateigentum stehen im Fokus. Je nach Höhe des gebotenen Preises könnten einige Eigentümer schwach werden, lautet die Sorge der Kommunen, die davon ausgehen, dass Unternehmen oder Makler längst auf die Eigentümer zugegangen sind.
Kamp-Lintforts Bürgermeister Christoph Landscheidt hat deshalb vor rund zwei Jahren bereits schriftlich an die Grundstückseigentümer appelliert, nicht an Kiesunternehmen zu verkaufen. In Kamp-Lintfort handelt es sich laut eigener Aussage bei sämtlichen rund 40 Flächen, die im Regionalplan als potenzielle Kiesflächen ausgewiesen sind, um landwirtschaftliche Flächen in Privatbesitz. „Meine sehr inständige und herzliche Bitte an Sie ist es nun, dass Sie zunächst den Dialog mit der Stadtverwaltung suchen, wenn Sie ernsthaft an eine Veräußerung ihrer Flächen denken“, schreibt Landscheidt unter anderem in dem Brief.