Kreis Wesel/Niederrhein. Der für den Kreis Wesel zuständige Handelsverband hat die Stimmung seiner Mitglieder abgefragt. Viele blicken pessimistisch auf dieses Jahr.
Das Weihnachtsgeschäft hielt oft nicht, was es sonst verspricht, die Kaufzurückhaltung ist deutlich zu spüren: Einzelhändler aus dem Kreis Wesel haben kürzlich in einer Umfrage Bilanz zum vergangenen Jahr gezogen – und die fällt durchwachsen aus sowie je nach Standort und Branche unterschiedlich, wie der Handelsverband Niederrhein in seiner Jahrespresseinformation verdeutlicht: „Rund 40 Prozent der befragten Unternehmen haben für 2023 eine negative Umsatzentwicklung verzeichnet“, wird Geschäftsführerin Doris Lewitzky zitiert. Der Verband, der auch für Duisburg zuständig ist, repräsentiert laut eigenen Angaben rund 2600 Betriebe im Kreis mit 10.000 Beschäftigten.
Weiter trüben die Folgen von Inflation und Kriegsgeschehen sowie die Herausforderungen aufgrund des Fachkräftemangels die Stimmung. Wenn das Geld knapp ist, bleiben logischerweise nicht notwendige Anschaffungen aus. Das spürten laut Handelsverband insbesondere Verkäufer von Möbeln und Deko-Artikeln, aber auch von Fahrrädern. Der Lebensmitteleinzelhandel habe die Umsätze stabilisieren könne, aber auch hier hielten sich Kundinnen und Kunden bei hochpreisigen sowie Bio-Produkten zurück. Dabei boomte dieser Zweig noch während der Pandemie.
Händler am Niederrhein: Es fehlen passende Bewerber für offene Stellen
In der Konsequenz der andauernden Unsicherheit über wirtschaftliche und politische Folgen blicken rund 40 Prozent der befragten Unternehmen pessimistisch auf das aktuelle Jahr, 30 Prozent sind vorsichtig optimistisch. Die Unternehmer nannten neben der Kaufzurückhaltung (25 Prozent) insbesondere den Arbeitskräftemangel mit 30 Prozent und die Preisentwicklung mit zehn Prozent als drängendste aktuelle Themen. „Viele der befragten Unternehmen teilten mit, derzeit ein Problem mit der Gewinnung geeigneter Arbeitskräfte zu haben, viele offene Stellen können nicht mit passenden Bewerbern besetzt werde“, heißt es im Bericht.
Der Handel wolle dem Fachkräftemangel mit eigener Ausbildung qualifizierten Nachwuchses begegnen. „Die Ausbildungsvielfalt im Handel gibt Jugendlichen eine Perspektive und gute Aufstiegsmöglichkeiten“, wirbt Lewitzky. Zuletzt lag die Ausbildungsquote mit 871 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen leicht unter der des Vorjahres (939). Es werde für die Unternehmen immer schwieriger, passende Auszubildende zu finden, „was sich zuletzt auch in der Anzahl der final geschlossenen Ausbildungsverträge widerspiegelt.“ 20 abgeschlossene Ausbildungsverträge vermeldete das Berufsbild Kaufmann/Kauffrau E-Commerce.
Eigene Internet-Shops, Whatsapp-Business, Instagram, Ebay, Amazon: Digitalisierung und Online-Marketing sind laut Handelsverband weiter Top-Themen. So haben laut Lewitzky mehr als 70 Prozent der stationären Händler die Online-Sichtbarkeit umgesetzt, „insbesondere in den Bereichen Geschäftsprozesse und Online-Marketing“. Allerdings hat das bislang offenbar noch nicht einen allzu großen Effekt: Lediglich 15 Prozent der Händler gaben Lewitzky zufolge an, dass der Anteil des Gesamtumsatzes hier 20 bis 50 Prozent ausmache.
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Innenstädte und verkaufsoffene Sonntage: Die Forderungen an die Politik
Wer sich gerne in einer Innenstadt aufhält, der schaut auch am ehesten, was die Händler vor Ort zu bieten haben. Angesprochen sind im Bericht die Leerstände von Geschäftsimmobilien, meistens in den sogenannten B- und C-Einkaufslagen. Handelsverband und Unternehmen sprechen daher die lokalen Entscheidungsträger an. Neben attraktiven Innenstädten und Stadtteilzentren geht es auch um die Erreichbarkeit. Einige Prozesse seien bereits im Gang, so Lewitzky. „Das Zusammenspiel aller Akteure ist gefragt. Die Eigentümer und politischen Entscheidungsträger sind aufgerufen, gemeinsam mit dem Handel und der Gastronomie die Weichen zu stellen und in die Innenstädte und Stadtteilzentren zu investieren“
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Was der Verband außerdem fordert: die Möglichkeit, nach dem Ladenöffnungsgesetz verkaufsoffene Sonntage durchzuführen. Denn hierin wird eine Chance für den stationäre Handel gesehen, mit dem persönlichen Kontakt vor Ort in Konkurrenz zum sonntäglichen Online-Shopping zu treten. „Wie neueste Umfragen ergaben, liegt die Durchführung verkaufsoffener Sonntage im Interesse insbesondere auch von jungen Menschen“, so die Geschäftsführerin, welche die Landespolitik auffordert, auf den Anlassbezug zu verzichten. „Genauso gehört es zu den Erwartungen des Einzelhandels, dass das verfügbare Einkommen nicht durch höhere Steuern und kommunale Abgaben abgeschöpft wird“, hofft sie mit Blick auf das Konsumverhalten.