Kreis Wesel. Die Bauern demonstrieren: Doch wie viel EU-Geld bekommen die Landwirte im Kreis Wesel überhaupt überwiesen und an wen geht das Geld noch?

Ohne Geld vom Staat geht fast nichts in der Landwirtschaft: Die meisten Landwirtinnen und Landwirte sind auf Subventionen angewiesen, um ihren Hof wirtschaftlich betreiben zu können. Bei den Bauernprotesten der vergangenen Tage und Wochen rückten zwar vor allem die geplanten Kürzungen bei der Steuerrückerstattung für Agrardiesel in den Mittelpunkt, den viel größeren Batzen machen bei den meisten Betrieben allerdings die Direktzahlungen aus dem EU-Agrarfonds aus – deutschlandweit sind im Haushaltsjahr 2022 rund sieben Milliarden Euro auf diesem Wege in die Landwirtschaft geflossen. Ein Teil dieser Fördersumme kommt den vielen Landwirten, aber auch einigen anderen Empfängern im Kreis Wesel zu Gute.

Ganz konkret: Nach Angaben der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen erhielten im vergangenen Jahr 1161 Begünstige aus dem Kreisgebiet eine Subventionszahlung aus dem Fördertopf der Europäische Union – in der Summe ergab das rund 12,7 Millionen Euro. Im Vorjahr 2022 floss mit 13,4 Millionen Euro sogar noch etwas mehr Geld an insgesamt 1185 Empfängerinnen und Empfänger zwischen Moers, Dinslaken, Voerde, Rheinberg, Wesel oder Schermbeck.

Landwirtschaft im Kreis Wesel: Hohe Auflagen für die Bauern

Die ausgezahlten Gelder setzen sich aus vielen unterschiedlichen Bereichen zusammen: Größter Posten ist in der Regel die Basisprämie beziehungsweise Einkommensgrundunterstützung genannt. Sie dient der Einkommenssicherung und Risikoabsicherung der Betriebe und ist ein finanzieller Ausgleich für die höheren Umweltschutz-, Tierschutz- und Verbraucherschutzstandards in der EU im Vergleich zu den Auflagen für Mitbewerber auf dem Weltmarkt. Sie richtet sich nach der Fläche, die ein Landwirt bewirtschaftet, und liegt für 2023 bei 157 Euro pro Hektar.

Dazu gibt es weitere Subventionen, wie zum Beispiel die Umverteilungsprämie, die vor allem für kleine und mittlere Betriebe gedacht ist, ergänzende Zahlungen für Junglandwirte, Einkommensunterstützungen für Viehalter (zum Beispiel 78 Euro pro Mutterkuh) sowie Zahlungen für Klima- und Umweltmaßnahmen. Nicht enthalten in der Statistik der Landwirtschaftskammer sind Fördergelder für Investitionen, wie etwa den Neubau eines Stalls.

„Um das Geld zu erhalten, müssen viele Auflagen erfüllt sein. Das Ausfüllen der Anträge ist nicht vergnügungssteuerpflichtig“, sagt Frank Heckes, stellvertretender Vorsitzender der Kreisbauernschaft und selbst Landwirt in Voerde. Die Bürokratie und der Aufwand für die Nachweise sei so hoch, dass selbst die Fachberater der Landwirtschaftskammer mittlerweile viele Fragen dazu nicht mehr aus dem Stegreif beantworten könnten, sondern erst die Vorgaben wälzen müssten.

An vielen Stellen im Kreis Wesel haben Landwirte in den vergangenen Tagen und Wochen demonstriert, so wie hier bei einem Mahnfeuer in Wesel.
An vielen Stellen im Kreis Wesel haben Landwirte in den vergangenen Tagen und Wochen demonstriert, so wie hier bei einem Mahnfeuer in Wesel. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Der Bauer betont, dass die meisten Landwirte ohne das EU-Geld nicht über die Runden kommen würden, dabei würde er selbst gerne auf die Zuweisungen aus Brüssel verzichten. „Es wäre mir lieber, ich bräuchte dieses Geld nicht und könnte allein vom Ertrag meiner Waren leben.“ Allerdings: Um heimische Landwirtschaft ohne Subventionen wirtschaftlich tragfähig zu machen, müssten die Preise im Supermarkt für Brot, Fleisch oder Gemüse deutlich steigen, so Hecker.

Landwirtschaft im Kreis Wesel: Mehr zum Thema

Der stellvertretende Kreislandwirt schätzt, dass die meisten Betriebe im Kreis Wesel zwischen 20.000 und 30.000 Euro aus dem Topf der Europäischen Union enthalten. Die Zahlen sind für jeden einzelnen Empfänger öffentlich einsehbar: In Deutschland ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) mit der Veröffentlichung der von den Bundesländern erhobenen Zahlen betraut und betreibt dafür die Internetseite www.agrar-fischerei-zahlungen.de. Dort lässt sich nachvollziehen, wer genau wie viel Geld bekommt – und zwar jeweils für ein Haushaltsjahr, also vom 16. Oktober bis zum 15. Oktober des Folgejahres, die Angaben lassen sich also nicht eins zu eins mit der jahresgenauen Statistik der Landwirtschaftskammer vergleichen. Die jüngsten Zahlen der BLE stammen aus dem Haushaltsjahr 2022.

Nicht jeden Subvention geht direkt an Landwirte im Kreis Wesel

Grundsätzlich verteilt sich das Geld im Kreis Wesel eher auf viele kleine und mittlere Empfänger. Von den deutschlandweit 191 Begünstigten, die mehr als eine Million Euro erhielten, befindet sich keiner im Kreis Wesel – und die höchste Summe ging gar nicht an einen Landwirt. Die Daten der BLE zeigen zudem, dass sich die Werte für die einzelnen Betriebe massiv unterscheiden können –von niedrigen vierstelligen Summen bis hin zu einer halben Million Euro. Es sind zwar in der großen Mehrheit Landwirte, die diese Zahlungen erhalten – aber nicht nur, vor allem bei größeren Summen gibt es Ausnahmen.

So findet sich in der Auflistung für 2022 unter anderem die Biologische Station (315.000 Euro, davon der Großteil für den Bau eines Zaun im Naturschutzgebiet Diersfordter Wald), die Stadt Rheinberg mit einem Projekt im Rahmen der Leaderförderung (rund 184.000 Euro), die LAG Niederrhein (154.000 Euro), die Stadt Voerde (89.000 Euro), eine Steag-Gesellschaft (192.000 Euro) oder der Verein Dorfentwicklung Dingden aus Hamminkeln, der gleich 498.000 Euro erhalten hat und damit der größte Einzelempfänger im Kreis Wesel war, auch dieses Geld gab es aus dem sogenannten Leader-Programm.

Diesen Punkt greift auch Frank Heckes vor. Es gebe den Vorbehalt gegenüber den Bauern, „ihr bekommt so viele Gelder“, aber ein Teil der Summen gehe eben nicht zu Landwirten, sondern fließe eben an Empfänger wie die Biologische Station. „Das ist alles gerecht und kommt auch allen zugute, aber uns wird das pauschal vorgehalten“, moniert der stellvertretende Vorsitzende der Kreisbauernschaft. Viele Projekte dieser Projekte kämen generell der Entwicklung im ländlichen Raum zu Gute.

EU-Subventionen für die Landwirtschaft im Kreis Wesel: Hier geht das Geld hin

Mehr als 1100 Betriebe, Vereine und andere Institutionen bekommen jährlich die Subventionen – vom kleinen Nebenerwerbsbetrieb über große landwirtschaftliche Betriebe bis hin zu öffentlichen Einrichtungen. Wir listen an dieser Stelle die Empfängerinnen und Empfänger aus jeder Kommune im Kreis Wesel auf, die im Haushaltsjahr 2022 mehr als 50.000 Euro erhalten haben. Die Angaben beruhen auf den öffentlich zur Verfügung gestellten Daten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Wichtig: Sie beziehen sich dadurch auf einen anderen Zeitraum als die weiter oben im Text erwähnte Gesamtjahresübersicht der Landwirtschaftskammer. Zudem enthalten die Summen auch Bausubventionen, zum Beispiel für den Neubau eines Stalls. Das bedeutet, dass Summen für einzelne Betriebe in einem Jahr besonders hoch ausfallen können. Unter www.agrar-fischerei-zahlungen.de lässt sich für jeden einzelnen Betrieb aus dem Kreis Wesel nachvollziehen, wie viel Geld er in den Haushaltsjahren 2021 und 2022 erhalten hat.

Alpen (58 Betriebe insgesamt, vier über 50.000 Euro)

  • Croonenbrock, Ludger, 52.739 €
  • Mosters-Thiemann-Kohl GbR, 64.249 €
  • Ricken, Heiner, 92.126 €
  • Schreiber, Ludger, 84.806 €

Dinslaken (28 insgesamt, drei über 50.000 Euro)

  • Bies, Heinrich, 52.000 €
  • STEAG Kraftwerks-Grundstücksgesellschaft, 192.153 €
  • Vahnenbruck, Heinrich, 113.587 €

Hamminkeln (232 insgesamt, 19 über 50.000 Euro)

  • Bollmann, Margret 80.390 €
  • Borkes-Bußhaus GbR, 137.235 €
  • Breihahn-de Baey GbR, 75.629 €
  • Buchmann W., W. Milchvieh KG, 54.155 €
  • ChrisDo Bio KlEi GbR, 275.230 €
  • Groß-Langenhoff, Henrik, 63.455€
  • Groß-Weege, Bernhard, 81.268 €
  • Heesen, Jürgen, 80.220,18 €
  • Heggemann, Bernhard, 63.395,48 €
  • Holtkamp, Jens, 135.729,98 €
  • Kleinpaß, Katrin, 51.956 Euro
  • Köster GbR, 72.600 Euro
  • Möllmann, Ingo, 52.311 Euro
  • Operationelle Gruppe Fruchtfolgeerwerb Sommergetreide, 160.399 Euro (Korn B)
  • Rütter, Jan Wilhelm, 78.717 Euro
  • Schulze, Frank, 50.456 Euro
  • Sondermann, Heinz, 57.064 Euro
  • Verbücheln KG, 101.672,14 €
  • Verein Dorfentwicklung Dingden e. V., 498.379,67 €

Hünxe (103 insgesamt, acht über 50.000 Euro)

  • Benninghoff, Jens 56.503,18 €
  • Dames GbR, 51.862,76 €
  • Fengels KG 61.936,73 €
  • LAG Lippe-Issel-Niederrhein e. V. 169.163,77 €
  • Moellmann, Hans-Gerd 61.632,09 €
  • Schulze Hockenbeck, Dirk 59.707,97 €
  • Schüring, Wolfgang 65.023,01 €
  • Sondermann GF GbR 71.314,15 €

Kamp-Lintfort (52 insgesamt, vier über 50.000 Euro)

  • Bird, Klaus 63.691,73 €
  • Klanten, Norbert 74.538,63 €
  • Michel, Andrea 64.697,23 €
  • Zerbe, Gregor 54.658,56 €

Moers (40 insgesamt, vier über 50.000 Euro)

  • Graeven, Hans-Josef 59.222,51 €
  • Grond, Stephan 64.509,16 €
  • Meiwes-Verholzerhof GbR 54.841,47 €
  • Tenhagen, Hendrik 85.601,70 €

Neukirchen-Vluyn (40 insgesamt, zwei über 50.000 Euro)

  • Geldermann, Peter 63.164,06 €
  • Schürmann, Heiner 67.591,78 €

Rheinberg (63 insgesamt, fünf über 50.000 Euro)

  • Aldenhoff, Karl-Heinz 68.861,50 €
  • Joosten, Werner 94.907,08 €
  • Paessens, Viktor 51.144,23 €
  • Scheepers jun., Wilhelm 90.983,79 €
  • Stadt Rheinberg 184.324,97 €

Schermbeck (114 insgesamt, sechs über 50.000 Euro)

  • Evangelische Stiftung Lühlerheim 53.733,29 €
  • Haddick, Reinhard 70.325,94 €
  • Kremer GbR 72.676,25 €
  • Neuenhoff, Hartmut 61.878,81 €
  • Neuenhoff, Henning 63.479,81 €
  • Rhein.Ev.Arb.Kolonie 88.530,91 €

Sonsbeck (78 insgesamt, sechs über 50.000 Euro)

  • Bruckwilder, Jürgen 66.152,85 €
  • Gemeinde Sonsbeck 92.191,78 €
  • Imig, Georg 68.682,54 €
  • LAG Niederrhein e. V. 154.641,48 €
  • SV Sonsbeck e. V. 249.780,97 €
  • Vermoehlen, Karl-Josef 58.975,55 €

Voerde (43 insgesamt, sieben über 50.000 Euro)

  • Blank, Gerd-Wilhelm 54.116,96 €
  • Gest GbR 70.642,90 €
  • Heckes GbR 56.839,32 €
  • Hülser, Ingo 51.570,74 €
  • Jordans, Stefan 57.609,28 €
  • Stadt Voerde 89.711,16 €
  • Von Rigal, Ludwig 51.972,18 €

Wesel (105 insgesamt, 14 über 50.000 Euro)

  • Biologische Station Kreis Wesel e. V. 315.505,94 €
  • Dünow, Maik 102.836,10 €
  • Hof Gerten GbR 95.520,93 €
  • Lühlshof KG 61.325,43 €
  • Spaltmann KG 116.452,77 €
  • Arden, Karl-Heinz 63.134,82 €
  • Bruckwilder Gossenhof GbR 110.185,24 €
  • Doering, Martin 69.797,54 €
  • Dorsemagen, Christian 91.838,11 €
  • Edith + Hendrik Angenendt GbR 159.396,33 €
  • Fischer GbR 74.330,31 €
  • Meyboom, Wilhelm 58.639,44 €
  • Otten, Paul-Peter 59.659,75 €
  • Scholte Reh, Joachim 75.256,48 €

Xanten (58 insgesamt, sieben über 50.000 Euro)

  • Fell, Franz-Josef 68.789,86 €
  • Jansen, Andreas 63.479,95 €
  • Matthaiwe jun., Robert 83.818,42 €
  • Paeßens, Norbert 126.192,41 €
  • Schluetter, Rolf 50.916,74 €
  • Scholten, Hendrik 69.135,79 €
  • Steevens, Jan-Hein 303.294,86 €