Wesel. Der Weseler Rolf Clostermann steht hinter den Protesten. Er erklärt, warum Bio-Betriebe unter der geplanten Diesel-Kürzung besonders leiden.

Rolf Clostermann würde seine Obstplantagen in Wesel-Bislich gerne mit dem E-Trecker bearbeiten. Nur: „Es gibt bisher keine Traktoren mit Elektroantrieb“, sagt der Landwirt, der den weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Biobetrieb Clostermann Organics betreibt. Der Bislicher, der zu den Bio-Pionieren am Niederrhein gehört, steht deshalb, wie so viele seiner konventionell arbeitenden Kolleginnen und Kollegen, hinter den Zielen der aktuellen Bauerndemonstrationen.

„Die Stimmung bei den Ökos ist nicht anders als bei den Konventionellen“, sagt Clostermann und erklärt, warum die geplanten Kürzungen bei der Subvention für den Agrardiesel gerade einen Biobetrieb besonders hart treffen können. „Wir haben viel mehr Traktorbewegungen“, sagt der Landwirt. Beispiel: Das Unkraut auf ihren Flächen entfernen biologisch arbeitende Bauern auf mechanische Weise und nicht mithilfe von Unkrautvernichtungsmitteln, dafür müssen aber viel häufiger Traktoren eingesetzt werden – was wiederum den Dieselverbrauch steigen lässt. Auch die Bewässerung der Apfelplantagen im Sommer werde durch den Klimawandel immer aufwendiger, die meisten Bewässerungsanlagen würden aber durch Dieselgeneratoren angetrieben.

Clostermann schließt sich der Stellungnahme des Bundes der Ökologischen Landwirtschaft an, das ist der Dachverband, zu dem auch sein Hof gehört. Die schrittweise Verteuerung des Agrardiesels ohne Kompensation und Alternativen setze keinen Impuls für eine „fossilfreie klimafreundliche Landwirtschaft“, heißt es dort. „Bio-Bäuerinnen und -Bauern beackern ihre Flächen schon jetzt mit einem deutlich reduzierten Energieeinsatz pro Hektar. Eine weitere Optimierung ist kaum möglich, sodass sie von den Zusatzbelastungen erheblich betroffen wären.“ So fordert der Verband unter anderem von der Bundesregierung, heimische unverarbeitete Pflanzenöle von der Kraftstoffsteuer zu befreien. „Denn wir brauchen dringend Alternativen zur Dieselnutzung“, so die Begründung.

Bio-Landwirt aus Wesel fürchtet das Aus für kleine Höfe

Rolf Clostermann fürchtet, dass die aktuellen Pläne der Bundesregierung vor allem kleinere und mittlere Betriebe treffen. Im Obstanbau sei diese Kleinteiligkeit am Niederrhein derzeit noch der Standard, in anderen Regionen wie etwa dem Alten Land in Hamburg sei aber bereits zu beobachten, dass immer mehr große Betriebe die kleinen Höfe verdrängen. Im schlimmsten Fall verschwinden letztlich viele heimische Obstbauern vom Markt. „Und damit stirbt auch eine Kultur und eine Identität in einer Region“, sagt Clostermann.

Viele unterschiedliche Themen würden Betriebe wie seinen derzeit belasten. Dazu gehört auch der gestiegene Mindestlohn, gegen den der Landwirt grundsätzlich nichts hat, doch Bio-Obstbauern hätte einen besonders hohen Personalbedarf. „Und es gibt zwar Mindestlöhne, jedoch keine Mindestpreise“, sagt der Landwirt. Solange es bei der Preisgestaltung keine politischen Vorgaben gibt, entscheiden also auch Verbraucherinnen und Verbraucher beim Gang in den Supermarkt oder zum Hofladen darüber, ob in der Landwirtschaft ein Wandel gelingt – und in welche Richtung.