Kreis Wesel. 577 Wildunfälle gab es 2023 bereits im Kreis Wesel. Wann muss ich die Polizei informieren? Was tun mit verletzten Tieren? Was ist strafbar?

Wildunfall? Eigentlich glaubt sich jeder gut informiert, wie eine Kollision zu vermeiden ist, schließlich wird die Polizei nicht müde, Jahr für Jahr vor den Gefahren zu warnen. Aber was tun, wenn es doch mal zum Unfall gekommen ist? Was, wenn es kein Reh oder Wildschwein, sondern Fuchs, Hase oder kleinere Tiere sind?

577 Wildunfälle hat die Polizei im Kreis Wesel bis Oktober in diesem Jahr registriert, statistisch gesehen mehr als zwei pro Tag. „Das klingt viel, wir sind aber ein ländlicher Kreis“, gibt Pressesprecher Björn Haubrok zu bedenken. Viele Wildtiere sind dämmerungsaktiv – in diesen Tagen trifft das Wild deshalb auf den Berufsverkehr, morgens und abends. Begegnungen, mit denen beide Seiten häufig überfordert sind.

Wildunfälle müssen beim Jagdpächter und der Polizei angezeigt werden, „das ist keine Bitte, das ist Gesetz“, betont Kreisjagdberater Alfred Nimphius. Und zwar auch dann, wenn das Tier weitergelaufen ist. Muss ich also die Polizei anrufen, wenn ich ein Kaninchen überfahren habe – und woher bekomme ich den zuständigen Jäger? Nimphius erläutert, dass ein Wildunfall nur dann vorliegt, wenn es sich um Haarwild handelt: Kaninchen, Hase, Fuchs, Dachs, Reh, Wildschwein etwa.

Große Tiere müssen gemeldet werden, kleinere nicht zwingend

„Melden müssen Sie nur Huftiere wie Sauen, Rot- und Rehwild“, sagt Nimphius. Und zwar bei der Polizei, die auch den zuständigen Jäger ausfindig machen kann. Eine digitale Karte des Kreises Wesel liegt der Behörde vor, inklusive Ansprechpartner und Telefonnummer – eine Sorge weniger für den Autofahrer oder die Autofahrerin. Die Jäger kümmern sich um das tote Wild, verfolgen und erlösen verletzte Tiere.

Kleinere Tiere müssen nicht gemeldet werden, „man geht davon aus, dass sie den Unfall ohnehin nicht überleben.“ Wer einen Schaden am Auto hat, sollte aber in jedem Fall die Polizei benachrichtigen, sonst zahlt die Versicherung nicht, raten Nimphius und die Kreispolizeibehörde Wesel. Mitnehmen darf niemand ein Wildtier, das würde den Straftatbestand der Wilderei erfüllen, erläutert Nimphius.

Allerdings muss klar sein: Jäger werden das angefahrene Wild nicht gesund pflegen, sie werden es erlösen. Darf ich nun das verletzte Kaninchen mitnehmen und zu Hause aufpäppeln? Und was ist mit Greifvögeln und Eulen? Hier, das räumt Nimphius ein, gibt es eine Grauzone. Wer ein verletztes Wildtier zum Tierarzt bringt – Achtung, der wird eine Rechnung stellen – darf das tun. „Genau genommen dürfte ein Kaninchen aber nicht wieder ausgesetzt werden, weil es früher zu viele davon gab, ist das verboten“, erläutert Nimphius. Das gleiche gelte für invasive Arten wie Nutrias und Bisamratten. Was will man dann mit den Tieren anfangen? Wildtiere, so sieht es das Gesetz vor, darf man nicht in Besitz nehmen, obschon Nimphius hier an den gesunden Menschenverstand appelliert. „Niemand hat etwas dagegen, wenn eine Amsel gepflegt und wieder frei gelassen wird, oder ein Igel. Da sind Tierfreunde doch dankbar.“

Besser fachgerechte Hilfe holen – ein Netz von Wildtierauffangstationen im Kreis Wesel

Eine fachgerechte und vernünftige Lösung bietet der Nabu im Kreis Wesel mit seinen Wildtierauffangstationen. Für Greifvögel und Eulen ist die Station in der Weseler Schillkaserne zuständig, erläutert Vorsitzender Peter Malzbender. „Derzeit sind Eulenvögel stark gefährdet, weil sie tief über die Weidelandschaft fliegen“, sagt er. Für Igel ist die Dinslakenerin Norma Heldens die Ansprechpartnerin, 0281/1647787, sie verteilt die Tiere auf die verschiedenen Pflegestellen. In Neukirchen-Vluyn betreibt Sandra Swart eine große Wildtierstation, in der sie Tiere aller Art gesund pflegt, in Issum gibt es eine Station, die Wasservögel aus dem Kreis Wesel fachgerecht versorgt, in Menzelen kümmert sich Manfred Großholtfurth Jahr für Jahr um rund 500 Kleinvögel. Wer also ein verletztes Tier hat, sollte sich an den Nabu wenden, wahlweise an die Geschäftsstelle unter 0281/164 77 87 oder per Handy an Peter Malzbender 0157/72 15 03 72. Bei einem Unfall können die Aktiven auch vor Ort helfen, allerdings handelt es sich um Ehrenamtler, die nicht immer verfügbar sind.

Wer Wildtiere anfasst, muss sehr vorsichtig sein, „Marder und Fuchs beispielsweise können fürchterliche Verletzungen verursachen“, sagt Malzbender. Greifvögel sollten in eine Decke oder Jacke eingepackt werden, die Dunkelheit beruhigt sie. Und auch hier gilt: Vorsicht vor den Klauen, im Zweifel besser auf Hilfe warten. Übrigens kann auch in diesen Fällen die Polizei helfen, sie kennt die jeweiligen Ansprechpartner beim Nabu und alarmiert sie auch, egal zu welcher Uhrzeit, wissen die Aktiven aus Erfahrung.