Kreis Wesel. Herbstzeit im Kreis Wesel: Igel fressen ihren Winterspeck an und wer einen Garten hat, kann ihnen mit wenig Aufwand ein Winterquartier bieten.
Allmählich wird es herbstlich, Laub fällt und der Garten will winterfit gemacht werden. Zeit, dabei an die Igel zu denken: Es bedarf nicht viel, um dem gefährdeten heimischen Säuger einen sicheren Unterschlupf für den Winter anzubieten. Wir haben Angelika Eckel vom BUND Kreis Wesel um Tipps gebeten.
Eines zum Thema Igel und Wildtiere im Garten ist bekannt: Je natürlicher und „unordentlicher“ er ist, umso mehr fühlen sich die tierischen Besucher darin wohl. „Häufig müssen wir Kompromisse schließen“, sagt Eckel. „Es hilft schon, wenn einige wilde Ecken bleiben dürfen.“ Wer den Igeln jetzt etwas Gutes möchte, baut ihnen Unterschlupfmöglichkeiten. Jetzt beginnt die Zeit der Schneide- und Fällarbeiten, Eckel empfiehlt, das Material für zwei Arten von Totholzhaufen zu nutzen. Einer dient dazu, Insekten anzuziehen und quasi eine Speisekammer für die Igel einzurichten. Hierzu ist es durchaus erwünscht, dass der Haufen modert und das Holz fault. „Legen sie eine Laubschicht oder Grünschnitt als erste Schicht“, empfiehlt sie, darauf Reisig und Totholz schichten. Diese Kombination sollte für Jahre an ihrer Stelle bleiben dürfen, umso ergiebiger wird sie. „Insektenmangel ist eines der größten Probleme für die heimischen Igel.“ Diese Haufen ziehen Käfer, Larven und alle möglichen Leckereien für die Igel an.
Ein Totholzhaufen dient als Nahrungsquelle, ein weiterer als Schlafplatz
Ein zweiter Totholzhaufen sollte dem Winterschlaf dienen, er sollte am Boden einen Mulde haben, für das polsternde Laub sorgt der Igel selbst – so er welches finden kann. Darüber stärkere Zweige und Reisig schichten, der Unterschlupf soll sicher und trocken sein. Weil Igel von November bis mitunter in den Mai hinein schlafen, sollten diese Schlafstellen auch im Frühling nicht bewegt werden, appelliert der Naturschutzbund (Nabu). Angelika Eckel ermuntert zur Kreativität: „Eine Palette, ans Gartenhäuschen angelehnt und mit Dachpappe geschützt, kann Igeln ebenfalls Unterschlupf bieten“, sagt sie. Ob die Tiere die Angebote annehmen, liegt nicht zuletzt daran, ob sie überhaupt eine Chance haben, in den Garten zu gelangen. Viele Zäune bieten inzwischen keine Möglichkeit des Durchkommens für die stacheligen Säuger. Auf der Suche nach Futter aber laufen sie Nacht für Nacht zwei bis vier Kilometer.
Jungtiere suchen jetzt Futter, um den Winter zu überstehen. Katzenfutter hilft.
Derzeit sind vor allem die Jungtiere emsig unterwegs, um sich genug Gewicht für den Winter anzufuttern. Die Kleinen sollten jetzt noch nicht aufgenommen werden. „Wer sie unterstützen will, bietet ihnen Katzenfutter mit viel Fleischanteil an, nichts mit Sößchen oder ähnlichem“, rät Eckel, Hundefutter eignet sich nicht. Ungewürztes „schlotziges“ Rührei und angebratenes Hack wird gern genommen. „Man sollte allerdings darauf achten, dass tatsächlich Igel im Garten sind, sonst lockt man unwillkommene Gäste an“ – Stichwort Ratten. Igelfutter aus dem Tierhandel empfehlen Experten eher nicht, da sind sich Eckel und der Nabu einig. „Das hat damit zu tun, dass reines Insektenfutter wohl zu teuer wäre und andere Dinge wie Getreide untergemischt werden“, erklärt sie. Mehr Hilfe benötigen Igeljunge, die Mitte Oktober weniger als rund 300 Gramm auf die Waage bringen, so Igelpflegerin Norma Heldens vom Nabu Kreis Wesel.
Laubsauger, Laubbläser und sorgfältig weggeharkte Blätter nehmen den Igeln ihren Winterschutz. Auch hier rät Eckel vom BUND im Zweifel zu Kompromissen. „Wo nicht alles liegen bleiben kann, hilft es bereits, Laub unter die Sträucher zu fegen“, empfiehlt sie. Den reinen Naturgarten können oder wollen die wenigsten anlegen, kleine Hilfestellungen aber sind in jedem Garten möglich. Mähroboter, vor allem in den Morgen- und Abendstunden, sind für Igel eine tödliche Gefahr, „egal was die Hersteller behaupten“, sagt die Igelfreundin. Auf seiner Internetseite hat der Verein Pro Igel eine Petition an den Deutschen Bundestag zum Nachtfahrverbot für Mähroboter laufen, um die Tiere künftig zu schützen – viele dieser Geräte werden auf den Nachtbetrieb programmiert.
Schutz haben die heimischen Igel allemal nötig, obschon es keine belastbaren Zahlen zu ihrer Population gibt. „Allein, dass man kaum noch totgefahrene Tiere auf den Straßen sieht, deutet darauf hin, dass es weniger von ihnen gibt“, sagt Eckel. Das Problem fehlender Informationen gibt es bundesweit. Im September hat eine Aktion des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin gemeinsam mit der Deutschen Wildtierstiftung, der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft und dem Nabu/Naturgucker begonnen: Vom 15. bis zum 29. September waren Bürger zum Projekt „Deutschland sucht Igel und Maulwurf“ aufgerufen, Freiwillige konnten Sichtungen melden.
Weil die Aktion nicht hinreichend bekannt war, hat auch kaum jemand im Kreis Wesel mitgemacht, so Eckert. Allerdings ist sie auf Jahre angelegt, immer im Mai und September sollen Tiere gemeldet werden. Über die Zeit lassen sich dann Rückschlüsse über die Igelpopulation auch im Kreis Wesel ziehen. Dr. Anne Berger vom IZW hofft, den Rückgang der Igel stoppen zu können. Das IZW orientiert sich dabei am Beispiel Großbritannien, wo die Bürgerbeteiligung letztlich zu sicheren Zahlen geführt habe und es Hilfe für die kleinen Säuger gab. Allerdings: Für die Region wird es noch Jahre dauern, bis konkrete Zahlen vorliegen.