Kreis Wesel. Kostensteigerung für Energie, Material und Personal: Die Bäckereien im Kreis Wesel erleben chaotische Zeiten. Was das für den Weckmann bedeutet.

Es ist die Zeit der stimmungsvollen Martinszüge: Vielerorts sind Kinder mit ihren selbstgebastelten und leuchtenden Laternen unterwegs – zur Belohnung nach dem Singen und dem Zug durch das herbstliche Wetter darf einer oft nicht fehlen: der Weckmann. Auch Stutenkerl oder Kloskerl wird er im Kreis Wesel genannt, denn hier verläuft eine Sprachgrenze. So vielseitig wie sein Name sind seine Erscheinungsformen: „Da lobe ich mir das deutsche Bäckerhandwerk, wir machen ihn mit oder ohne Pfeife sowie mit Streuseln“, so Johannes Ernsting, Inhaber von Bäckereien in Dinslaken, Voerde und Wesel. Aber auch mit Mandeln, Rosinen oder Zuckerguss wird er etwa verkauft.

Supermärkte stehen in Konkurrenz zu den kleinen Bäckereien

Doch wie viel kostet das beliebte Gebäck in diesem Jahr, wenn es über die Ladentheke geht? Bekannterweise steht die Branche extrem unter Druck, „Energie und Material, alles ist teurer geworden“, sagt Klaus Becker von der Bäckerei Schollin, wo der normale Weckmann in diesem Jahr 2,30 Euro koste – und damit zehn Cent mehr als im Vorjahr. Ebenfalls um zehn Cent angehoben hat die Bäckerei Dams mit Filialen in Wesel, Alpen, Xanten und Rheinberg den Preis für den Weckmann: auf 2,60 Euro. Bei der Bäckerei Büsch liegt der Preis laut eigenen Angaben bei 2,20 Euro – 20 Cent teurer, auch hier werden unter anderem die explodierenden Preise angeführt, im Energie-Bereich mit fast 150 Prozent. Gleichgeblieben ist der Preis derweil bei Ernsting, hier koste der einfach Weckmann mit Pfeife in diesem Jahr 2,40 Euro.

Die Handwerkskammer Düsseldorf, zu der auch die Kreishandwerkerschaft Wesel gehört, hat in ihrer aktuellen Herbstumfrage herausgestellt, wie sich die Stimmung im Lebensmittelgewerbe eingetrübt hat. Der Klimaindex ist hier von 102 Punkten im Frühjahr auf 79 Punkte gesunken. „Bäckereien und Fleischereien haben aufgrund eines hohen Energieanteils an ihren Gestehungskosten besonders unter den stark gestiegenen Energiepreisen und zudem unter inflationsbedingter Kaufzurückhaltung zu leiden“, heißt es in einer Mitteilung. Holger Benninghoff, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, betont zudem die Konkurrenz durch Supermärkte: „Brot und Backwaren sind dort auch auf den ersten paar Metern zu finden“, das verdränge lokale und kleine Produktionen.

Bäckereien in der Region haben große Nachwuchssorgen

Er habe Einsparungen vorgenommen, zudem in Künstliche Intelligenz in Öfen für eine bessere Regulierung investiert, berichtet Thomas Dams, der für das kommende Jahr wegen auslaufender Verträge sogar noch mal mit steigenden Energiekosten kalkuliert. Bei den Rohstoffen nimmt Johannes Ernsting etwas Entspannung wahr, „wobei jetzt die Löhne durch die Decke gehen“. Die Branche verdiene über den Nachtzuschlag, „wir müssen natürlich vernünftige Löhne zahlen“, betont er – sonst laufe das Handwerk Gefahr, die Fachkräfte an die Konkurrenz im Supermarkt zu verlieren. Bekannterweise haben die Bäckereien es schwer, Nachwuchs zu finden, „in der Backstube sieht es mau aus“, sagt Ernsting.

Der Bäckereiinhaber aus Voerde sieht insbesondere die Schwierigkeiten der kleinen Bäckereien, wünscht sich daher mehr Kooperation: Er setze beispielsweise vor allem auf Brot und Brötchen, jemand anderes aber vielleicht stärker auf Kuchen. Sich ergänzen, statt miteinander konkurrieren, das wäre sein Wunsch: „Ich bin für jede Zusammenarbeit offen.“

Thomas Dams: „Kein Weckmann sieht aus wie der andere“

Viel Mühe und Liebe zum Detail stecken die Bäcker im Kreis in diesen Tagen in die gebackenen Männer mit oder ohne Pfeife: Noch sehr kurzfristig habe Schollin einen Martinsumzug in Voerde-Spellen beliefern können, erzählt Klaus Becker. Ernsting liefere die Weckmänner derzeit auch etwa an Schulen und Kindergärten.

„Keiner sieht hier wie der andere aus“, sagt auch Thomas Dams über das traditionelle Gebäck, alles werde per Hand hergestellt. Er beliefere mehrere Martinszüge, einzelne seien jedoch abgesprungen, „mit den Preisen für Weckmänner aus der Presse kann ich nicht mithalten“.