Kreis Wesel. Umfragen und Stimmen aus Industrie, Handel und Handwerk zeigen: Die Unternehmen blicken mit großen Sorgen in die Zukunft – woran es hapert.

Auftragslage, Investitionen, Beschäftigung und Perspektiven: Die Konjunkturberichte im Herbst zeichnen ein düsteres Bild zur Lage der Wirtschaft in der Region. Das geht aus den Umfragen der Niederrheinischen IHK sowie der Handwerkskammer Düsseldorf, zu der auch die Kreishandwerkerschaft Wesel gehört, hervor. Als Kernprobleme werden gestiegene Kosten ausgemacht, Kritik gibt es auch an wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Es seien wilde und unruhige Zeiten, sagt Holger Benninghoff, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, „die Krisen tun ihr Übriges“. Betriebe könnten kaum planen, „diese Umbrüche von heute auf morgen – wer soll sich darauf einstellen?“

Niederrheinische IHK: Klare Aussagen und Impulse aus der Politik gefordert

Viel Unsicherheit – und Zurückhaltung: Das spiegelt auch die Niederrheinische IHK wider. Der Konjunkturklimaindex, welcher die Lage und die Erwartungen der Branchen beschreibt, ist hier von 103 auf 96 Punkte gesunken. Zur Einordnung: Im Herbst 2020, also im ersten Pandemiejahr, lag dieser Index bei 89 Punkten, 2021 erholte er sich dann deutlich (121 Punkte), ehe er im vergangenen Jahr auf 72 absank. Obwohl der Wert im Vergleich zum Vorjahr somit gestiegen ist, sieht die IHK die Wirtschaft aktuell mächtig unter Druck. Eine Folge: Unternehmen sind bei Investitionen zurückhaltend. Sie seien vorsichtiger, den Betrieb zu erweitern oder neue Produkte zu entwickeln, konzentrierten sich darauf, den Status quo zu halten, heißt es von der IHK.

„Wir kennen es aus dem privaten Bereich. Wer finanziell unter Druck steht, der scheut große Anschaffungen“, so Ocke Hamann, Geschäftsführer der Niederrheinischen IHK. Die Krisen der vergangenen Jahre inklusive Inflationen hätten an den finanziellen Polstern der Unternehmen gezehrt, „jetzt heißt es reparieren statt investieren“. Das sei wichtig, hemme aber Innovationen. „Deswegen fordern wir klare Aussagen und Impulse aus der Politik, besonders in Energiefragen, damit die Unternehmen wieder besser planen können.“ Denn insbesondere energieintensive Bereiche sind laut IHK derzeit besonders betroffen.

Der Handel am Niederrhein hofft auf das Weihnachtsgeschäft. (Symbolfoto)
Der Handel am Niederrhein hofft auf das Weihnachtsgeschäft. (Symbolfoto) © dpa | Monika Skolimowska

Weniger scheint die aktuelle Lage, sondern vielmehr der Blick in die Zukunft Kopfschmerzen zu bereiten: „Die Industriebetriebe sind aktuell noch gut ausgelastet. Die Aufträge aus dem In- und Ausland nehmen jedoch weiter ab“, heißt es einer Mitteilung der IHK. Die Folge: 30 Prozent der Industrieunternehmen blickten pessimistisch in die Zukunft, im Juni waren es noch rund 16 Prozent.

Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft: „Noch auskömmliche Arbeit“

Großes Sorgenkind im Handwerk ist nach wie vor die Baubranche, der Großteil der Handwerksbetriebe im Kreis sei in diesem Sektor angesiedelt, so Holger Benninghoff. Zahlen der Agentur für Arbeit zeigten zuletzt: 1269 Betriebe gehören hier dem Baugewerbe an – mit insgesamt 10.324 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Benninghoff spricht von „noch auskömmlicher Arbeit“. Aber der Sektor benötige viel Vorlaufzeit, Bauchschmerzen bereiteten neben den hohen Energiekosten und Einkaufspreisen der Fachkräftemangel sowie das gestiegene Zinsniveau. Es gebe keine Neubaustellen, in dem Bereich herrsche „tote Hose“. Auch Betriebe im Ausbaugewerbe betreffe das, „die Heizung kann erst eingebaut werden, wenn das Haus steht“, führt der Geschäftsführer aus.

Die Handwerkskammer Düsseldorf fordert zur Stabilisierung der Bauwirtschaft unter anderem, dass NRW auf die Rohstoffabgabe verzichtet und die Grunderwerbssteuer auf fünf Prozent reduziert. Ein Hauptpunkt ist die Absenkung der Energiestandards. Aber auch hier geht es natürlich ums Geld: „Grundsätzlich ist es kein Problem, so zu bauen. Das finden alle toll, aber bezahlen will es keiner.“ Einen weiteren Knackpunkt sieht Benninghoff in den noch zu oft unklaren gesetzlichen Regelungen, etwa beim Thema Heizung. Das mache es den Betrieben schwer, die Kundinnen und Kunden zu beraten, viele seien entsprechend zurückhaltend. Bund und Länder haben sich kürzlich dafür ausgesprochen, Bürokratie bei Baugenehmigungen abzubauen und das Tempo zu erhöhen. Benninghoff ist hier noch skeptisch, er sieht nicht, dass das Erleichterung bringt.

So ist die Lage im Handel im Kreis Wesel

  • Der Umfrage der IHK zufolge nehmen die Umsätze im Handel wieder leicht zu, die Erwartungen sind den Angaben nach hier weniger pessimistisch als noch im Juni. Stefan Hantel, Assistent der Geschäftsführung des Handelsverbands mit Sitz in Moers, zeigt sich da etwas skeptischer. Grundsätzlich tue sich die Branche schwer – neben den hohen Kosten nennt er auch das Thema Fachkräfte, verweist auf stockende Tarifverhandlungen. Immerhin steht das Weihnachtsgeschäft vor der Tür, „ein sehr wichtiger Zeitraum, das Jahresendgeschäft“. Von einer Belebung sei auszugehen, ob das reicht, bleibe abzuwarten.