Kreis Wesel. Hohe Energie- und Rohstoffpreise sowie gestiegene Löhne setzen Bäckereien im Kreis Wesel unter Druck. Wie viel der „Berliner“ in kostet.

In Frankreich sorgen sie sich wegen der gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise um den Preis für das Baguette, in Bayern schauen sie derweil ganz genau auf die Brezel – und am Niederrhein? Eine Backware, die so kurz vor dem Höhepunkt der Karnevalssession in hiesigen Bäckereien nicht fehlen darf, ist natürlich der „Berliner“, das mit süßer Marmelade gefüllte Gebäck. Warum das so ist?

„Das geht auf das Mittelalter zurück“, sagt Johannes Ernsting, Inhaber von Bäckereien in Dinslaken, Voerde und Wesel. Mit Beginn der Fastenzeit nach den Karnevalstagen sei die Produktion von Fettgebäcken zurückgefahren worden. Vorher galt also: noch mal ordentlich reinhauen und sich stärken. „’Berliner’ gehören einfach zum Karneval dazu. Und das seit vielen Jahren. Sie sind lecker und sättigend gleichzeitig“, so Sigrid Baum, Sprecherin der Bäckerei Büsch. Hauptverkaufstage seien daher Altweiber und Rosenmontag. Ein bisschen Fett brauche es zum Feiern, findet auch Johann Berns mit Bäckereien in Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg.

Doch wo liegen angesichts der aktuellen Herausforderungen die Preise für den „Berliner“ in hiesigen Bäckereien? So hat Büsch mit mehr als 20 Filialen im Kreis den Preis von 99 Cent im vergangenen Jahr auf nun 1,20 Euro angehoben. So viel kostet die Backware laut Geschäftsführer auch bei der Bäckerei Berns, so viel wie auch im Vorjahr. Auch bei Ernsting (acht Filialen) bleibt der Preis für die süße Backware wie im vergangenen Jahr – bei 1,30 Euro.

Meister der Bäckerinnung: „Berliner Ballen ist ein guter Umsatzbringer“

„Für die Betriebe ist der Berliner Ballen ein guter Umsatzbringer“, weiß Johannes Gerhards, Meister der Bäckerinnung im Kreis Wesel. Generell sei der Kostendruck für die Betriebe derzeit relativ hoch, das zeige sich auch bei fettgebackener Ware wie dem „Berliner“. Für Erdnussfett zum Beispiel seien die Preise erheblich gestiegen, gleiches gelte für Mehl und Eier. Gerhards nennt weitere Herausforderungen für die Branche: die gestiegenen Löhne zum 1. Januar. Und nicht zuletzt die Energiekosten: Die Strompreisbremse helfe nur bedingt, da nur Unternehmen mit einem Verbrauch von mehr als 30.000 Kilowattstunden profitierten, Filialen nicht zusammengerechnet würden. Bei der Gaspreisbremse gebe es weniger ein Problem. Aber: „Viele Betriebe mit Heizöl und Holzölpellets bleiben außen vor“, so Gerhards. Der Innungsmeister hofft nun auf das Land und die Härtefallregelung.

Diese süßen Backwaren dürfen in der Karnevalszeit nicht fehlen.
Diese süßen Backwaren dürfen in der Karnevalszeit nicht fehlen. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

„Bäckereibetriebe sind sehr energieintensiv“, sagt Johannes Ernsting und verweist etwa auf die Kühlung, mit der in seiner Bäckerei der Teig vorproduziert frisch gehalten werde und somit weniger Hefe verwendet werden müsse. Zugleich seien da natürlich seine Öfen, „alle laufen in der Backstube auf Gas“. Die Energiekosten seien um mehr als das Fünffache angestiegen, Energie habe vorher zwei Prozent der Kosten ausgemacht, inzwischen seien es zehn Prozent. „Zwischenzeitlich kostete Energie mehr als die Mieten“, rechnet er vor.

Bäckereiinhaber aus Voerde: „Das Handwerk leidet“

Auch Ernsting macht die Faktoren Löhne, Rohstoffpreise und Energiekosten aus. „Die Corona-Pandemie war irgendwann planbar, es gab Hilfen vom Staat“, jetzt sei das anders. „Das Handwerk leidet“, betont er. Die großen Bäckereien könnten dies noch anders abfangen, er mache sich aber Sorgen um die kleineren Betriebe und appelliert an den Genossenschaftsgedanken. Kleinere Betriebe sollten in der Krise enger zusammenarbeiten, damit sie nicht schließen müssen. Immerhin stelle er fest, dass die Kunden die Preisentwicklung noch nachvollziehen könnten.

Die Bäckerei Berns habe zuletzt auch verstärkt auf Vortagsware zum halben Preis gesetzt, das sei nach wie vor nachgefragt, so Geschäftsführer Johann Berns. Ansonsten sieht er beim Thema Preisentwicklung derzeit zumindest „ein bisschen Entspannung“, das sei besser als letztes Jahr, er nennt den Heizölpreis als Beispiel.