Kreis Wesel. 5000 Proben hat das Lineg-Zentrallabor 2022 auf Schadstoffe untersucht. Was häufig auftaucht und wo sich die Wasserqualität verbessert hat.

Ohne Wasser geht es nicht. Die chemische Verbindung aus Wasserstoff und Sauerstoff ist die Grundlage unseres Lebens. Gleichzeitig ist sie ein guter Gradmesser für unsere eigene Lebensweise. Das wissen die 28 Expertinnen und Experten des Zentrallabors der Linksniederrheinischen Entwässerungsgesellschaft (Lineg) in Moers nur zu gut. Sie haben im vergangenen Jahr rund 5000 Wasserproben untersucht, die sie linksniederrheinischen Gewässern entnommen haben. Die Erkenntnisse daraus teilten sie jetzt pünktlich zum heutigen Weltwassertag mit, der seit 1993 begangen wird.

Wasserqualität: Wie sich das Zentrallabor der Lineg zukünftig aufstellen möchte

Und nach dem letztjährigen Probenzyklus könnte man meinen, dass die Bevölkerung am linken Niederrhein extrem schmerzempfindlich ist. So wie anscheinend überall im Land. „Medikamente im Abwasser sind immer noch ein Thema“, sagt die Leiterin des Fachbereichs Chemie, Mariya Georgiev. Rückstände von Ibuprofen, Diclofenac, aber auch von Carbamazepin, einem Antiepileptikum, das auch als Schmerzmittel eingesetzt werde, fänden sich regelmäßig in den linksrheinischen Abwassern.

Die Schmerzmittel gelangen bei oraler Einnahme über den Urin und bei Salben und Gels mit der Dusche oder dem Bad ins Abwasser. Ein weiterer Weg: die unsachgemäße Entsorgung alter Medikamente über die Toilettenspülung. Eine Methode, die noch immer viele Bürgerinnen und Bürger wählten, sagt die stellvertretende Laborleiterin, Carmen Gallas.

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie regelt die nachhaltige und umweltverträgliche Wassernutzung in der Europäischen Union. Dazu gehören auch Listen von sogenannten prioritären Stoffen, auf die die europäischen Gewässer geprüft werden müssen. Das Lineg-Zentrallabor prüft die Gewässer somit nicht generell, sondern immer spezifisch auf einzelne Schadstoffe.

Das Chemielabor der Lineg soll bald für das sogenannte Non-Target-Screening weiterentwickelt werden, das eine flexiblere Kontrolle von Wasserproben hinsichtlich chemischer Belastungen zulässt. Noch fehlt allerdings die richtige Software.
Das Chemielabor der Lineg soll bald für das sogenannte Non-Target-Screening weiterentwickelt werden, das eine flexiblere Kontrolle von Wasserproben hinsichtlich chemischer Belastungen zulässt. Noch fehlt allerdings die richtige Software. © FUNKE Foto Services | Rainer Hoheisel

Neu auf einer der Prioritäten-Listen sind die PFAS, eine Gruppe von Industriechemikalien, die in allen Lebensbereichen eingesetzt wurden und werden - ob als Löschschaum für die Feuerwehr, als Pfannenbeschichtung oder in Regenjacken. Sie werden auch Ewigkeitschemikalien genannt und sind nicht nur für die Natur gefährlich, sondern stehen außerdem im Verdacht, krebserregend zu sein.

Antibiotikaresistente Keime finden sich im Abwasser ebenso wie UV-Schutzfilter in Sonnencremes. Je länger die Schadstoffliste wird, desto breiter muss sich das Zentrallabor positionieren - und investiert dafür auch viel Geld. Der Fachbereich Chemie etwa soll in der Lage sein, die Gewässer nicht nur spezifisch, sondern auch generell und flexibel auf sämtliche Schadstoffe testen zu können. Die Hardware dazu steht bereits, was fehlt, ist die richtige Software. Die werde gerade entwickelt, sagt Laborchef Fabian Itzel. Bei der Entwicklung arbeite man eng mit der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwirtschaftsverbände in NRW (AGW) zusammen.

Das Wasser in der Fossa Eugeniana hat sich verbessert: Woran man das erkennen kann

Der Fachbereich Biologie soll im kommenden Jahr unterdessen mit der sogenannten PCR-Technik ausgestattet werden, die in der Lage ist, innerhalb von drei bis fünf Stunden DNA-Fragmente sichtbar zu machen und dadurch etwa die Virenbelastung des Abwassers zu messen, „als eine Art Frühwarnsystem für Epidemien“, sagt Carmen Gallas. Herkömmliche Analysearten dauerten mehrere Tage.

Mit den Investitionen solle das Lineg-Zentrallabor sich als „wissenschaftliches Kompetenzzentrum“ aufstellen, sagt Fabian Itzel. „Wir sind breit aufgestellt und können eine großes Spektrum abdecken.“ Alles zum Schutz des Wassers. Dass das eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, macht Lineg-Sprecher Ingo Plaschke deutlich und zitiert aus der EU-Wasserrahmenrichtlinie. „Wasser ist keine Handelsware, sonder ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss.“

Man habe bereits viel unternommen, um die Wasserqualität zu verbessern, so Plaschke. Sehen könne man das unter anderem an der Fossa Eugeniana. Dort habe sich der Salzgehalt im Wasser so verbessert, dass sich der Bachflohkrebs wieder angesiedelt habe. Genauso wie der Eremit, ein seltener Käfer, der auf der Roten Liste der stark gefährdeten Arten steht.

„Wir sind durch all unsere Renaturierungsmaßnahmen immer bemüht, die Wasserqualität zu verbessern, sagt Fabian Itzel. Über die Gesamtqualität des linksniederrheinischen Wassers können man indes kein Urteil fällen, so der Laborleiter weiter. Es gebe Bereiche, da sei die Belastung niedriger, in anderen aber wiederum höher. Wie zum Beispiel die Nitratbelastung des Grundwassers in landwirtschaftlich betriebenen Gebieten. In einem besonders sensiblen Bereich gibt der Laborchef Entwarnung: „Über das Trinkwasser muss man sich keine Gedanken machen.