Kreis Wesel. Aktuell gibt es kein Geld vom Land für die erweiterte Frauenhauslösung des Kreises Wesel. Soll der Kreis das Projekt jetzt allein schultern?
Es wird für die von der Mehrheit des Kreistags Wesel gewünschte erweiterte Frauenhauslösung, die Schutzräume für Opfer häuslicher Gewalt, kein Geld vom Land geben, zumindest nicht jetzt. Das hat das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration NRW Caritasdirektor Michael van Meerbeck mitgeteilt. Es sollen Einrichtungen nicht nur für Frauen und Kinder, sondern auch für Männer und queere Opfer häuslicher Gewalt sein. Am Donnerstag steht im Kreistag deshalb die Frage an, wie es weitergeht. Soll der Kreis Wesel das geplante Haus, und die Schutzwohnungen, wie die Caritasverbände sie dem Sozialausschuss vorgestellt hatten, selbst schultern? Das fordern CDU und Landrat. Oder wäre das eine zu hohe Belastung für die kreisangehörigen Kommunen? So sehen die Grünen das. Die SPD teilt diese Meinung: Frauenhäuser und Schutzräume seien Landesaufgabe.
Die schwarz-grüne Landesregierung will Schutzlücken schließen, den Schutz von Frauen und Kindern in Frauenhäusern ausbauen. „Eine darüber hinausgehende Förderung von Schutzwohnungen für von partnerschaftlicher Gewalt betroffenen Personen und deren Betreuung gemäß Ihrer Projektskizzen ist gegenwärtig nicht vorgesehen“, heißt es aus dem Haus von Ministerin Josefine Paul (Grüne).
Ihre Parteikollegin Ulrike Trick kritisierte im Kreisausschuss, dass das Ministerium seinen Schwerpunkt auf das alte Frauenhaus-Konzept legt, den vom Kreis eingebrachten Aspekt der Männer und queeren Opfer häuslicher Gewalt nicht berücksichtigt. Die Grünen, die zusammen mit der CDU die neuen Schutzräume beantragt hatten, rechnen damit, dass rund 500.000 Euro jährlich auf den Kreis zukämen, wollte er allein das Projekt schultern. Das sei den Kommunen nicht zuzumuten. Trick, wie auch die SPD, sehen einen Teil der Problemlösung darin, die Verweildauer der Frauen und Kinder in den Frauenhäusern zu reduzieren: „Es gibt einfach zu wenig Wohnraum, die Frauen sind gezwungen dort zu bleiben“, so Trick. Das wiederum blockiere Plätze.
CDU auf Mehrheitssuche im Kreistag Wesel
Für Frank Berger, Fraktionschef der CDU, ändert die Mitteilung des Landes nichts am Bedarf im Kreis Wesel, er würde gern trotz der hohen Kosten helfen. „Wenn wir etwas für notwendig erachten, müssen wir es tun, auch wenn es keine Zuschüsse gibt“, sagt er. Allerdings haben CDU und Landrat nicht die Mehrheit. Jetzt kommt es auf die SPD an, und die hat Magenschmerzen. Auch für die Sozialdemokraten steht der Bedarf fest, „aber 500.000 Euro jährlich auf viele Jahre, das ist indiskutabel“, sagt Fraktionschef Gerd Drüten, die SPD verweist auf die aktuelle Not der kreisangehörigen Kommunen.
Da wären noch Irritationen über das Verfahren, die bei den Grünen entstanden sind. Zumindest Fragezeichen gibt es aber auch bei der SPD: Am 1. Februar hatte die Caritas ihr Konzept dem Sozialausschuss vorgestellt, der Verband habe es aber bereits am 13. Dezember beim Land beantragt, ohne den Ausschuss davon in Kenntnis zu setzen. Zudem hatte die CDU im Nachhinein zur Verwunderung der Grünen beantragt, dass der Kreis zur Not das Projekt auch selbst trägt. Frank Berger (CDU) sagt auf Anfrage, dass es keine Informationen über die Ablehnung vorab gegeben habe, außerdem sei die Caritas als Trägerin auch zuständig für den Antrag gewesen.
Caritas rechnet mit deutlich niedrigeren Kosten
Michael van Meerbeck, Direktor der rechtsrheinischen Caritas, zeigt für diese Diskussion kein Verständnis. „Wir haben keinen Förderantrag an das Land gestellt. Wir haben das Konzept zugesandt und abgeklopft, ob es förderfähig sein könnte“, so van Meerbeck. Für ihn gehöre es zur Professionalität der Politik gegenüber, die Möglichkeiten auszuloten, um das Engagement nicht „vor einen Eisberg laufen zu lassen“. Darüber wäre es für die Caritas zumindest eine Option gewesen, das Projekt mit Landesförderung selbst umzusetzen, auch wenn der Kreistag sich gegen eine eigene Förderung entscheidet. Van Meerbeck schätzt die Kosten, die auf den Kreis zukämen, nicht auf 500.000 Euro, eher auf knapp die Hälfte, da für Wohnen, Heizen und Essen der zu schützenden Menschen – die Grundbedürfnisse also – die Sozialhilfeträger ohnehin aufkommen müssten.
Am Donnerstag stellt der Kreistag die Weichen. Im Kern wird die Frage stehen, ob der Kreis sich zunächst allein engagiert und später auf einen Landeszuschuss hofft. Dafür scheint keine Mehrheit in Sicht zu sein. Der Kreis kann seinen Förderantrag alle drei Jahre stellen.