Kreis Wesel. Knapp ein Viertel der Menschen im Kreis Wesel hat ein Handicap. Die Behindertenbeauftragte verabschiedet sich mit nachdenklichen Fakten.

Erika Morsch war 16 Jahre lang die Behindertenbeauftragte der Kreisverwaltung Wesel – im jüngsten Sozialausschuss des Kreistages verabschiedete sich die engagierte Frau in den Ruhestand. Wie gewohnt mit einem detaillierten Bericht über ihre Arbeit im vergangenen Jahr – und die war noch immer stark von der Pandemie geprägt. Viele Menschen mit Handicap hatten und haben mit noch größeren Hürden zu kämpfen als solche ohne Beeinträchtigungen. Morsch gibt in ihrem Bericht zu bedenken, dass Mittel, die beispielsweise für energetische Maßnahmen bereitgestellt werden, um in Zeiten der Energieknappheit zu sparen, nicht bei der Schaffung von Barrierefreiheit abgezogen werden dürfen.

Neue Trends sind nicht immer ein Vorteil: So führt Morsch Konflikte in Niag-Bussen auf, die durch die Mitnahme von E-Scootern entstanden sind. Roller, Kinderwagen und Rollstühle konkurrieren um den begrenzten Platz. Eine gesetzliche Lösung für dieses Problem gibt es nicht. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst, beeinträchtigte Menschen haben häufig das Nachsehen.

Digitale Lösungen sind nötig, damit Amtsgeschäfte berrierefrei werden

Weiteres großes Thema ist die Digitalisierung und die Notwendigkeit, sie voranzutreiben: Nicht jeder ist in der Lage, auf dem Amt zu erscheinen, um seine Angelegenheiten zu regeln, Stichwort barrierefreie IT: Am Computer ist für viele Menschen, vor allem für solche mit eingeschränkter Sehfähigkeit, möglich, was mit herkömmlichen Formularen undenkbar ist. Sie können selbstständig ihre Angelegenheiten regeln.

Leise interne Kritik leistet sich Morsch in ihrem letzten Bericht doch: So war die Behindertenbeauftragte nicht in das Mobilitätskonzept des Kreises Wesel eingebunden. Und das, obwohl der öffentliche Personennahverkehr für Menschen mit Behinderung oft die einzige Möglichkeit ist, mobil zu sein.

Das Thema Menschen mit Behinderung ist bei weitem kein Minderheitenproblem im Kreis Wesel: 23, 1 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner haben eine Behinderung, attestiert im Bereich von zehn bis 100 Prozent. Ende Juni 2022 waren das immerhin 463.871 Leute.

Behinderte sind keine Minderheit - rund ein Viertel der Kreis Weseler betroffen

Schwerbehinderte Frauen und Männer machen mit 67.626 einen Anteil von 14,6 Prozent der Kreisbevölkerung aus, es sind Menschen, die einen Behindertengrad von mehr als 50 Prozent haben, Stichtag 31. Dezember 2022. Aufgeteilt in Kommunen zeigt sich die Dimension deutlich: Alpen 1672, Dinslaken 10.452, Hamminkeln 3517, Hünxe 1905, Kamp-Lintfort 6021, Moers 15.193, Neukirchen-Vluyn 4207, Rheinberg 4216, Schermbeck 1877, Sonsbeck 1185, Voerde 5461, Wesel 9016 und Xanten 2904. Menschen, die ein Recht auf faktische Teilhabe haben.

Politik bedankt sich für die Arbeit der Behindertenbeauftragten

Erika Morsch verabschiedet sich in ihrem Bericht mit einem Zitat von Richard von Weizsäcker: „Nicht behindert zu sein, ist kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das uns jederzeit genommen werden kann.“ Im Ausschuss für Soziales erhielt sie für ihre Arbeit viel Dank und Blumen.

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