Kreis Wesel. In NRW steht ein riesiger Umbau der Krankenhauslandschaft an – er betrifft auch den Kreis Wesel. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Es ist eine tiefgreifende Reform, die in Nordrhein-Westfalen ansteht: Die Krankenhäuser sollen sich künftig stärker spezialisieren und nicht mehr alles anbieten. Das sieht die neue Krankenhausplanung der Landesregierung vor. Außerdem soll unter anderem die Kooperation und Koordination der Kliniken untereinander ausgebaut werden. Die Pläne werden Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung im Kreis Wesel haben – die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Thema.
Worum geht es überhaupt?
Künftig ist nicht mehr die Bettenzahl das zentrale Planungsinstrument. Die Krankenhäuser sollen sich auf bestimmte Leistungen spezialisieren – etwa auf Hüft- oder Knieprothesen bis hin zur Bauchspeicheldrüsen-Operation oder Geburtshilfe. Zur Ermittlung des stationären Bedarfs wird die jährliche Fallzahl je medizinischer Leistung herangezogen. Das Krankenhaus muss vorgegebene Qualitätskriterien in der gewünschten Leistungsgruppe erfüllen. Ein Kernpunkt ist, dass eine Klinik mit internistischer und chirurgischer Versorgung für 90 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 20 Autominuten erreichbar sein muss. Der bisherige Wettbewerb soll ersetzt werden durch die bestmögliche Versorgung der Bürger in 16 so genannten Versorgungsgebieten – der Kreis Wesel bildet zusammen mit dem Nachbarkreis Kleve und Duisburg ein solches Gebiet.
Was passiert jetzt?
Im September bekommen die Krankenhäuser und ihre Träger genauere Informationen, danach sollen dann im Herbst die Verhandlungen beginnen, an denen auch die Krankenkassenverbände beteiligt sind. Sechs Monate haben die Parteien Zeit, um eine Einigung zu erzielen. Danach übernehmen die Krankenkassen wieder das Verfahren. Am Ende entscheidet das NRW-Gesundheitsministerium über die regionalen Versorgungsstrukturen. Wenn in den Regionen keine Einigung erzielt werde, sei er auch zu unbequemen Entscheidungen bereit, betonte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann bei der Vorstellung der Pläne. „Aus regionaler Sicht ist es immer besser, wenn man die Dinge vor Ort löst.“ Bis es an die Umsetzung geht, wird es aber noch deutlich länger.
Welche Auswirkungen sind im Kreis Wesel zu erwarten?
Da die Krankenhäuser sich stärker spezialisieren sollen, werden sie einige ihrer derzeitigen Leistungen abgeben müssen – welche das konkret sind, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Möglicherweise kommt es außerdem zu mehr Kooperationen untereinander oder zu weiteren Zusammenschlüssen. Kurz vor dem Abschluss stehen bereits die Verhandlungen zwischen der Pro Homine aus Wesel, die unter anderem das Marien-Hospital in Wesel und eine Klinik in Emmerich betreibt, und der Katholischen Karl-Leisner-Trägergesellschaft Kleve, zu der insgesamt vier Krankenhäuser im Kreis Kleve gehören. Die beiden Träger wollen sich zusammenschließen und haben bereits angekündigt, dass sie für weitere Kooperationen offen sind. Auch in Moers und Rheinberg gab es im Frühjahr eine größere Veränderung, die St. Josef-Krankenhaus GmbH kooperiert mittlerweile mit der Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe, die bereits im künftigen Versorgungsgebiet in Dinslaken und Duisburg aktiv ist.
Wird es Klinikschließungen geben?
Gesundheitsminister Laumann sagte dazu: „Es geht nicht darum, Krankenhäuser zu schließen und in der Fläche Tabula rasa zu machen, es geht darum, auch ein ortsnahes Angebot in der Region zu ermöglichen.“ Laut Krankenhausgesellschaft, einem Zusammenschluss der Träger und der Spitzverbände, ist das derzeit nicht absehbar. Sie gehe aber von einer „Konsolidierung und Modernisierung der Krankenhauslandschaft mit dem richtigen Augenmaß“ aus.
Was sagt die Politik im Kreis Wesel?
„Ich bin fest davon überzeugt, dass es alle Krankenhäuser im Kreis Wesel weiterhin geben wird“, sagt Charlotte Quik, Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der CDU im Kreis. Es gehe bei den Plänen darum, die Versorgung langfristig sicherzustellen. „Die Häuser sind auf einem guten Weg“, so Quik. Sie habe großes Vertrauen in die Beteiligten und sei zuversichtlich, dass gute Ergebnisse erzielt werden können. René Schneider, Chef der Kreis-SPD und Landtagsmitglied, hält die Planungen grundsätzlich für sinnvoll. „Von der Stoßrichtig ist das richtig, sich auf Disziplinen zu konzentrieren“, sagte Schneider der Redaktion. „Wer etwas am besten kann, soll es machen.“ Er hält es allerdings für kaum realistisch, dass sich die Krankenhäuser untereinander einigen werden. „Da fehlt mir die Fantasie, die Landesregierung wird eingreifen müssen“, so Schneider, der ebenfalls betont: „Es muss das Ziel sein, dass alle Häuser bestehen bleiben, gerade angesichts der gesundheitlichen Versorgung im ländlichen Raum.“
Gibt es auch Skeptiker?
Skeptisch hat sich etwa der VdK Niederrhein geäußert, der die Menschen in den Kreisen Wesel, Kleve und Duisburg vertritt. „Das ist die größte Krankenhausveränderungen in ganz Deutschland“, sagte der Vorsitzende Horst Vöge. Der VdK hat vor allem viele offene Fragen, unter anderem, ob es Einschnitte für Patientinnen und Patienten gibt. „Wir würden gerne in den Prozess mit eingebunden werden“, fordert Vöge, der erwartet, dass auch die Bevölkerung regelmäßig informiert wird. Er könnte sich beispielsweise Informationsverstaltungen vorstellen, wie es sie bei größeren Bauprojekten gibt. Grundsätzlich unterstützt der Verband die Pläne, wenn sie denn zu mehr Qualität bei der Gesundheitsversorgung führen.