Kreis Wesel. Im Kreis Wesel gibt es sieben Morde, die noch nicht aufgeklärt wurden und die Polizei bis heute beschäftigen. Die Cold Cases in der Übersicht.
Mord verjährt nie. Wenn einem anderen Menschen vorsätzlich das Leben genommen wurde, kann der Rechtsstaat auch nach vielen Jahrzehnten noch Täter zur Rechenschaft ziehen. So schlimm andere Straftaten wie Raub, Totschlag oder Betrug sind: Nach einer gewissen Zeit bleiben Täter ungestraft. Auch wenn das Delikt eine lebenslange Haftstrafe bedeutet hätte, wird das Verfahren spätestens nach 30 Jahren eingestellt. Anders in Mordfällen.
Die Aufklärungsquote bei Mord und Totschlag ist überdurchschnittlich hoch, 2020 und 2021 lag sie in NRW bei über 90 Prozent. Über die Jahre bleiben aber einige wenige Fälle ungelöst und werden zu sogenannten „Cold Cases“. Im Kreis Wesel gibt es sieben dieser Fälle, wie die zuständige Polizei in Duisburg mitteilt. Alle Fälle liegen bereits mehr als 15 Jahre zurück, der älteste ist von 1977.
Das sind die sieben Cold Cases im Kreis Wesel
In Schermbeck wurde 1977 eine 19-jährige Frau erschossen und zerstückelt im einem Wald entdeckt. Pilzsammler sollen sie damals gefunden haben. Seither gibt es zu diesem Fall keine weiteren Ermittlungsansätze über die Jahre. Damalige Zeugen sollen nun allerdings auch schon über 90 Jahre alt sein und sich in der Türkei aufhalten. Das sei eine generelle Schwierigkeit bei so weit zurückliegenden Fällen, weiß Polizeisprecher Stefan Hausch: „Zeugen sind nach den Jahren schon sehr alt, selbst schon tot, nicht mehr in Deutschland oder können sich nicht mehr erinnern.“
Einen weiteren ungeklärten Fall gibt es aus dem Jahre 1981. Damals ist ein 46-jähriger Autohändler in Kamp-Lintfort tot aufgefunden worden. Die Angestellten des Mordopfers fanden ihn in seinem Haus, welches an die Geschäftsräume des Autohauses angrenzte. Die Todesursache war ein Genickschuss und die Polizei geht in diesem Fall von Raubmord aus. Die Ermittler verdächtigten damals einen 31-Jährigen, der allerdings wegen eines zweifelhaften Waffengutachtens des BKA freigesprochen worden ist. Weitere Ermittlungsansätze gab es seitdem nicht mehr.
Fälle aus dem Kreis Wesel bei „Aktenzeichen XY ungelöst“
1986 wurde in Neukirchen-Vluyn ein zehnjähriges Mädchen getötet. Zunächst galt es als vermisst, bis ihr damals 21-jähriger Bruder sie nahe einer Autobahn in einem Busch gefunden hat. Das Mädchen wurde sexuell missbraucht und stranguliert. Auch in diese Fall gab es einen Tatverdächtigen. Allerdings reichten die Beweise nicht aus, sodass das die Staatsanwaltschaft keine Anklage gegen ihn erheben konnte. Somit bleibt das Verbrechen an dem Mädchen bis heute ungestraft.
Ein Jahr danach, 1987, wurde in Kamp-Lintfort eine 20-jährige Frau ebenfalls in einem Gebüsch neben einer Autobahn gefunden. Zur Todesursache heißt es von der Polizei, dass stumpfe Gewalteinwirkungen gegen den Kopf gegeben hat. In den letzten Jahren seien allerdings keine weiteren Ansätze aufgekommen, die den Ermittlern zur Lösung des Falls helfen könnten.
Die zuletzt genannten Mordfälle waren beide Ende 2020 in der ZDF-Livesendung „Aktenzeichen XY ungelöst“. Die Ermittler suchten über die Sendung nach möglichen Zeugen und Hinweisen. Während und nach der Sendungen kamen einige hundert Hinweise zusammen, die die Polizei Duisburg nach und nach prüfte. Bis jetzt konnten die Fälle allerdings auch mit Hilfe der TV-Sendung nicht aufgeklärt werden.
2006 bei „Aktenzeichen XY ungelöst“ Thema war ein Mord aus Dinslaken, bei dem im Oktober 2005 ein 51-jähriger Architekt auf einem Parkplatz vor einem Mehrfamilienhaus mit drei Schüssen getötet wurde. Bislang wurde der Mörder nicht gefasst – zuletzt wurde der Fall 2020 noch mal aufgerollt.
Zudem gibt es noch einen Fall aus Hamminkeln, der laut Polizei bis heute ungeklärt ist. In diesem Fall wurde im Jahre 2000 ein Säugling tot am Weikensee gefunden. Die Ermittlungen führten allerdings bis jetzt zu keiner Aufklärung.
Alt-Ermittler rollen Cold Cases wieder auf
Für ungeklärte Mordfälle verfolgt das Innenministerium seit letztem Jahr eine neue Strategie. Beim LKA wurden bereits pensionierte Ermittler zurück in den Dienst geholt, die die „Cold Cases“ in NRW aufrollen und nochmals mit den modernen Ermittlungsstandards bearbeiten sollen.
In den genannten Fällen wurden alle Vorschläge der Alt-Ermittler laut Polizei Duisburg aber bereits geprüft, ohne dass sie zu einem Ergebnis geführt haben. Der einzige Cold Case, bei dem die Ermittlungen noch laufen, ist aus Moers. Ein 31-jähriger Heizungsinstallateur wurde dabei 1994 vor seinem Haus erschossen.
Aktueller Mordfall in Moers ist ebenfalls noch ungelöst
Kein „Cold Case“, aber ein aktuell noch ungeklärter Mordfall in Moers beschäftigt derzeit die Ermittler. Kazim Tatar (56) gilt seit dem 12. September als vermisst, soll laut Polizei aber ermordet worden sein. Bislang wurde noch keine Leiche gefunden. Tatar verschwand nach seinem Türkeiurlaub. In seiner Wohnung wurde kurz darauf Feuer gelegt, vermutlich um Spuren zu verwischen.
Nun wurden sein 20-jähriger Sohn und um ein 48-jähriger Bekannter aus Neukirchen-Vluyn verhaftet. Beide stehen unter dringendem Tatverdacht. Ob weitere Personen am Tatgeschehen beteiligt waren, ist bislang noch nicht klar und wird ermittelt.