Kamp-Lintfort. Neue Verdachtsmomente in den über 30 Jahre zurückliegenden Mordfällen Bärbel Werner aus Kamp-Lintfort und Martina Möller aus Neukirchen-Vluyn.
Mit einem dringenden Appell, sich bei der Polizei zu melden, wandte sich Kriminalkommissarin Sabine Wagner von der Kripo Duisburg im Fall der vor 33 Jahren getöteten Kamp-Lintforterin Bärbel Werner am Mittwochabend in der ZDF-Livesendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ an mögliche Zeugen. Die große Überraschung des Abends: Nach den neu gewonnenen Erkenntnissen werde nun auch geprüft, ob das Verbrechen in Kamp-Lintfort und der Mordfall Martina Möller in Neukirchen-Vluyn zusammenhängen, bestätigte Caroline Dlutko, Sprecherin der Duisburger Polizei, auf NRZ-Anfrage.
Noch während der Sendung meldete sich offenbar ein Anrufer, der am Abend des Verschwindens von Bärbel Werner eine interessante Beobachtung gemacht haben will. Neuigkeiten gab es auch im Fall der ermordeten Neukirchen-Vluynerin Martina Möller. Hier will ein Anrufer den Mann auf dem erneut gezeigten Phantombild erkannt haben.
Hohe Belohnungen
Die Staatsanwaltschaft Moers hat für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters im Fall Bärbel Werner führen, 2500 Euro Belohnung ausgesetzt, die Familie von Bärbel Werner hat diese Summe jetzt noch einmal um 5000 Euro auf insgesamt 7500 Euro erhöht. Zudem wurde die Belohnung in dem Cold Case aus Neukirchen-Vluyn von Zuschauern der Fernsehsendung auf 25.000 Euro erhöht.
Auffällig sei im Fall Bärbel Werner die enorme Brutalität der Tat, hieß es in der Sendung am Mittwochabend. In solchen Fällen spreche man oft von einer Beziehungstat, sagte Sabine Wagner: „Wir können hier von einer Übertötung sprechen.“ So gebe es Hinweise, dass die damals 20-jährige Bärbel Werner bevor sie erschlagen wurde, zusätzlich noch gewürgt oder gedrosselt worden sei.
Auch das Tatwerkzeug war, wie bereits angekündigt, Thema. Dabei soll es sich laut Wagner um einen Gegenstand mit scharfer Spitze, aber auch mit stumpfer Seite gehandelt haben, „etwa ein Zimmermannshammer oder ein Zechenhammer“, so die Kommissarin.
Eine zentrale Rolle spielte in dem Filmbeitrag der Streit, den Bärbel Werner vor ihrem Verschwinden mit ihrem damaligen Freund in der Moerser Diskothek hatte. Hier hakte Wagner nach und forderte mögliche Zeugen auf, die sich erinnern und noch etwas über den Streit sagen können, sich zu melden. Von Bedeutung könnten außerdem Hinweise auf Personen sein, die sich nach der Tat merkwürdig verhalten hätten, oder möglicherweise Verletzungen aufwiesen.
Familie leidet noch heute
Die Familie habe das Verbrechen auch nach 33 Jahren noch nicht verwunden und leide – auch, weil sie Angst habe, dass der Täter in ihrem nahen Umfeld leben könnte, so Wagner. Bärbel Werners Vater sei nie über den Verlust hinweggekommen und vier Jahre nach der Tat gestorben, hieß es in der Sendung.
Insgesamt seien zu beiden Fällen bis Donnerstagmittag mehrere hundert Hinweise eingegangen, so Polizeisprecherin Caroline Dlutko. „Selbst bei uns im Pressestellenpostfach sind Hinweise eingegangen“, das sei eigentlich unüblich. Schon auf die Novembersendung mit dem Fall Martina Möller habe man große Resonanz bekommen, das sei einen Tag nach der neuen Sendung nun ähnlich.
Weitere Hinweise nimmt das Kriminalkommissariat 11 jederzeit unter 0203 /2800 entgegen.
Das ist damals im Fall Bärbel Werner passiert:
Das ist damals in Kamp-Lintfort passiert: Am Dienstag, 10. Februar 1987, wurde die junge Auszubildende Bärbel Werner gegen 14 Uhr in einem Straßengraben neben der Kamper Straße unweit der Auffahrt zur A 57 von einem Fahrradfahrer tot aufgefunden. Zwei Tage zuvor, am 8. Februar 1987, war Bärbel Werner zuletzt gesehen worden. Gemeinsam mit ihrem damaligen Freund und einem befreundeten Pärchen besuchte sie an diesem Abend die Kneipe „City Club“ in Moers.
Die NRZ berichtete seinerzeit, dass sich die Vier zuvor auf einer Disco-Veranstaltung der katholischen Kirchengemeinde im Lintforter Niersenbruch getroffen hätten. In der Moerser Gaststätte soll es im Laufe des Abends dann zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen sein. Gegen 1.30 Uhr soll Bärbel Werner das Lokal verlassen haben, während ihr Freund die Rechnung bezahlte. Als er ihr nach draußen folgte, sah er sie nicht mehr und kehrte in die Gaststätte zurück. Anschließend gab er an, mit dem Taxi zurück nach Kamp-Lintfort gefahren zu sein. Im Filmbeitrag wird noch einmal geschildert, wie Bärbel Werners Freund noch in einem weiteren Lokal einkehrt.
Wie die Duisburger Polizei heute weiß, hat sich die junge Frau mit großer Wahrscheinlichkeit zu Fuß auf den Weg in Richtung Kamp-Lintfort gemacht. Die Polizei vermutet, dass sie nach etwa sechs Kilometern gegen 2.30 Uhr auf den oder die Täter traf. Es sei davon auszugehen, dass sie unmittelbar danach getötet wurde, heißt es seitens der Duisburger Polizei. Mit großer Wahrscheinlichkeit sei der Leichenfundort auch der Tatort.
40 Polizisten einer Einsatzhundertschaft durchkämmten in den Tagen danach das Gelände, die Bevölkerung wurde auf 5000 verteilten Handzetteln um Mithilfe gebeten.
Warum der ungeklärte Mordfall die Duisburger Kripo erneut beschäftigt hat, erklärt Arno Eich, Leiter des Kriminalkommissariats 11 bei der Duisburger Polizei, so: „Es gibt regelmäßig im Rahmen der Beschäftigung mit sogenannten Cold Cases die Überprüfung von Sachverhalten, die eigentlich abgeschlossen scheinen.“ Weil sich der Polizei mit neuen Kriminaltechniken, etwa der Auswertung von DNA-Spuren, heute ganz neue Möglichkeiten eröffneten, erklärt Eich.
Zudem gebe es erfahrungsgemäß auch immer wieder Zeugen, die nach einer langen Zeit doch noch etwas sagen, weil sich bestimmte Rahmenbedingungen für sie geändert haben: „Diese Hoffnung hat man eigentlich immer. Der Fall Bärbel Werner bietet aus unserer Sicht gute Ansätze, um verschiedene Sachverhalte nun aufklären zu können“, sagt Eich.