Kreis Wesel. Kann der Komplex Kies und Sand nun doch aus dem Regionalplan gelöst werden? Der RVR hat beim Ministerium angefragt – das sind die Hintergründe.

Im Streit um den Kiesabbau im Kreis Wesel könnte sich eine ziemlich spektakuläre Wende ergeben. Nach Informationen dieser Redaktion beschäftigt sich der Regionalverband Ruhr (RVR) nun doch mit der Möglichkeit, das Thema Kies und Sand aus dem Regionalplanentwurf zu lösen und in einen sachlichen Teilplan zu überführen. Dazu möchte er mit dem Wirtschaftsministerium in einen fachlichen Austausch treten und hat einen Fragenkatalog erstellt, der dieser Redaktion vorliegt.

Kiesabbau im Kreis Wesel: RVR überdenkt sein Vorgehen

In dem vierseitigen Schreiben bittet RVR-Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel um eine Einschätzung des Ministeriums, inwieweit man dort eine Herauslösung des Themenkomplexes für generell vertretbar hält. Außerdem möchte sie wissen, wie der Zeitplan für die Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans unter Berücksichtigung des OVG-Urteils aus Münster aussieht.

Zum Hintergrund: Die NRW-Landesregierung unter Federführung des Wirtschaftsministeriums arbeitet derzeit an einer grundlegenden Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP). Das betrifft auch den generellen Umgang mit Bodenschätzen. Das OVG in Münster hat dazu in seinem Urteil Anfang Mai eindeutige Stichpunkte geliefert, als es den im LEP festgelegten Versorgungszeitraum mit Rohstoffen wie Kies und Sand von 25 Jahren auf 20 Jahre zurücksetzte und mit umfangreichen Verfehlungen der schwarz-gelben Landesregierung begründete.

Die neue Landesregierung strebt eine grundsätzliche Neubetrachtung des Kiesabbaus an, unter besonderer Berücksichtigung des Klimaschutzes und mit einem Ausbau einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft, die den verstärkten Einsatz von alternativen und recycelten Baustoffen vorsieht.

Die LEP-Neufassung dauert aber. Solange die nicht vorliegt, möchten Bürgerinitiativen, Kommunen, Kreisbauernschaft und der Kreis Wesel verhindern, dass neue Kiesflächen unter alten Gesichtspunkten ausgewiesen werden können. Dazu forderten sie immer wieder die Herauslösung des Kieskomplexes aus dem Regionalplanentwurf, den der RVR aufstellt und möglichst schnell umsetzen möchte. Mit der Herauslösung könne der Regionalplan weiter aufgestellt werden, während für die Neubetrachtung des Kiesabbaus mehr Zeit bliebe, so die Argumentation.

Die RVR-Spitze um Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel war auf der Infoveranstaltung im Weseler Kreishaus massiver Kritik ausgesetzt.
Die RVR-Spitze um Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel war auf der Infoveranstaltung im Weseler Kreishaus massiver Kritik ausgesetzt. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Bislang hatte sich der RVR beharrlich geweigert, Kiese und Sande in einen Teilplan zu überführen und dies unterem mit einem drohenden Verlust der Steuerungswirkung begründet. Laut Informationen dieser Redaktion setzte nach der misslungenen Infoveranstaltung vor einer Woche im Weseler Kreishaus ein Umdenken bei Karola Geiß-Netthöfel ein, die sich für eine mögliche Kehrtwende aber offenbar zuvor die Rückendeckung aus Düsseldorf sichern will.

Das NRW-Wirtschaftsministerium bestätigt auf Anfrage den RVR-Vorstoß. „Der Kiesabbau ist ein belastendes Thema für die Menschen im Kreis Wesel. Das hat die Info-Veranstaltung im Kreishaus Wesel deutlich gezeigt und der Dialog der Planungsabteilung des RVR ist umso wichtiger“, so das Wirtschaftsministerium, das sich bislang nur ausweichend zu einer möglichen Herauslösung des Kieskomplexes aus dem Regionalplanentwurf geäußert hat.

Allerdings macht das Ministerium von Mona Neubaur (Bündnis 90/Grüne) auch seinen Willen deutlich, „einen verbindlichen Minderungspfad für den Rohstoffverbrauch zu entwickeln und im Landesentwicklungsplan zu verankern“. Dieser Prozess zur wirksamen Reduzierung des Rohstoffverbrauchs werde allerdings etwas Zeit brauchen, so das Ministerium, „Eckpunkte für die LEP-Änderung sind für das 2. Quartal 2023 geplant“.