Kreis Wesel. Der RVR drückt beim Regionalplan aufs Tempo. Die Zeichen verdichten sich, dass er wenig Rücksicht auf den Kreis Wesel nimmt. Die Reaktion folgt:
Noch ist nicht klar, welche Überraschungen der Regionalplanentwurf nach seiner dritten Überarbeitung in Sachen Kiesabbau bereithält. Allerdings gibt es Anhaltspunkte, die den Kreis Wesel und die Bürgermeister der vier betroffenen Kommunen nichts Gutes vermuten lassen. „Wir hatten große Erwartungen“, sagte Kamp-Lintforts Bürgermeister Christof Landscheidt am Freitag, „jetzt sind wir ernüchtert.“
Die Hoffnung, dass mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster im vergangenen Mai zumindest zeitlich Ruhe einkehrt und sich grundsätzlich etwas ändert im Umgang mit den Kiesressourcen, ist ein Stück weit erloschen. Das hat vor allem damit zu tun, dass der Regionalverband Ruhr (RVR) die dritte Offenlage mit hohem Tempo vorantreibt, ohne auf die Landesregierung zu warten, die den Landesentwicklungsplan überarbeitet.
Der RVR drückt beim Regionalplan aufs Tempo, die Kommunen im Kreis Wesel drohen bereits mit weiteren Klagen
Den Themenkomplex Kies- und Sandabbau aus dem Regionalplan herauszulösen, wie es schon mit den Kooperationsflächen getan wurde, zieht der RVR nicht in Betracht. Außerdem möchte er die Zeit der Offenlage und damit die Einspruchsfrist auf zwei Monate verkürzen. Bei der zweiten Offenlage waren es noch drei Monate. Begründet wird dies vom Regionalverband mit einem „absehbar geringen Ausmaß der Änderungen“.
Durch all diese Punkte sahen sich die Bürgermeister der Kommunen Alpen, Kamp-Lintfort, Rheinberg und Neukirchen-Vluyn am Freitag gezwungen, Druck auf RVR und Land auszuüben und bereits jetzt mit Klagen zu drohen, falls das derzeitige Gebaren des RVR tatsächlich in einen rechtsgültigen Regionalplan münden sollte.
Diese Möglichkeit besteht nämlich. Denn der jetzige Landesentwicklungsplan ist weiterhin rechtmäßig. Nicht rechtmäßig war der darin festgelegte Versorgungszeitraum mit Kies und Sand von 25 Jahren. Genau dagegen hatten die vier Kommunen und der Kreis Wesel vor dem Oberverwaltungsgericht Münster geklagt und Recht bekommen. Mit der Folge, dass der Versorgungszeitraum wieder auf 20 Jahre gesenkt werden musste.
Das OVG begründete seine Entscheidung auf 56 Seiten und warf dem Land signifikante Versäumnisse in der Güterabwägung vor, unter anderem bei der Abwägung zwischen Wirtschaftsbelangen und Umweltschutz. Die neue Landesregierung kündigte an, alle in der Urteilsbegründung genannten Verfehlungen aus dem Landesentwicklungsplan zu tilgen. Besonders weit ist sie damit noch nicht.
Regionalplan Ruhr: Kommunen im Kreis Wesel fordern Herauslösung von Kies- und Sandabbau
Der RVR aber steht unter dem politischen Druck, endlich einen beschlussfähigen Regionalplan vorzulegen, der weit mehr enthält, als nur den Kiesabbau. Darum stützt sich der RVR auf einen jetzt faktisch rechtmäßigen Landentwicklungsplan, ohne auf die Änderungen des Landes zu warten.
Auf dieser Grundlage hat er offenbar die neuen Potenzialflächen für den Kiesabbau am Niederrhein festgelegt. Der Kreis und die Kommunen wissen noch nicht, wo diese Flächen liegen sollen.
Die Gefahr: Sollte der RVR es tatsächlich schaffen, einen rechtssicheren Regionalplan (RP) aufzustellen, ohne dass das Land mit seinen Änderungen für den Landesentwicklungsplan fertig ist, stehen die Kiesflächen im RP fest.
Für den Fall kündigten die Bürgermeister an, „gegen jede einzelne Maßnahme zu klagen“. Zwar könne nur die tatsächlich betroffene Kommune gegen die Maßnahme klagen, aber die Kommunen „werden sich gegenseitig unterstützen“, sagte Alpens Bürgermeister Thomas Ahls. Man gehe da gemeinsam durch, so Christoph Landscheidt. „Es geht hier nicht ums St. Florians-Prinzip, sondern um die Pläne als Ganzes.“ Dagegen werde man sich weiter wehren, sagte der Bürgermeister von Neukirchen-Vluyn, Ralf Köpke, gemeinsam und über Parteigrenzen hinweg. Rheinbergs Bürgermeister Dietmar Heyde hofft unterdessen darauf, dass die NRW-Regierung den Landesentwicklungsplan „nun zügig anpackt“.
Landscheidt äußerte Verständnis, dass der Landesentwicklungsplan für die NRW-Regierung wegen der derzeitigen Herausforderungen „nicht die erste Priorität“ habe, aber gerade deshalb „wäre es nur vernünftig, wenn man das Thema Kies und Sand aus dem Regionalplanentwurf heraustrennen würde“.
Der Regionalverband Ruhr (RVR) möchte die RVR-Politik am 13. September intern über die Änderungen im Regionalplanentwurf informieren. Auch Christoph Landscheidt, Ralf Köpke, Thomas Ahls und Dietmar Heyde sollen an diesem Tag erstmals genauen Einblick erhalten.
Ein Termin für eine öffentliche Informationsveranstaltung steht indes noch nicht fest – wenn sie denn überhaupt noch geplant ist.
Klar ist, dass der RVR von selbst nicht auf die Idee gekommen ist, eine Infoveranstaltung im Kreis Wesel einzurichten. Erst, als er im Planungsausschuss des RVR in der vergangenen Woche darauf angesprochen wurde, erklärte er sich dazu bereit.