Kreis Wesel. Keine Neuigkeiten, keine Akzeptanz, dafür verhärtete Fronten - wie der RVR mit seinem Infoabend zum Regionalplan im Kreis Wesel scheiterte:

Wie schnell aus einer guten Absicht ein fulminanter Flop werden kann, ließ sich am Freitagabend im Weseler Kreishaus erfahren. Dort wollte der Regionalverband Ruhr (RVR) über die dritte Offenlage des Regionalplanentwurfs informieren. Die ist nötig, weil das OVG Münster den von der schwarz-gelben Vorgänger-Regierung verlängerten Versorgungszeitraum von 25 Jahren mit Rohstoffen wie Kies und Sand im Landesentwicklungsplan (LEP) gekippt hatte. Der RVR musste daraufhin die Flächenkulisse für den Kiesabbau im Kreis Wesel anpassen.

Allerdings hatte der RVR im Kreishaus nichts Neues zu erzählen. Stattdessen stellte er minutiös und zäh das Aufstellungsverfahren eines Regionalplans und das Vorgehen bei der Ausweisung von Kiesflächen vor. Sämtliche Dinge sind vielen der Bürgerinitiativen, Aktionsbündnissen und Verwaltungen mehr als bekannt, der Erkenntnisgewinn war gleich Null. Die Hoffnung, dass der RVR zumindest einen Teil der Flächenkulisse präsentiert, wurde nicht erfüllt.

Landrat Ingo Brohl spricht zu den Bürgerinnen und Bürgern, die zur Infoveranstaltung des RVR ins Kreishaus gekommen sind. Dass sie an dem Abend nichts Neues erfuhren, konnte auch er nicht verhindern.
Landrat Ingo Brohl spricht zu den Bürgerinnen und Bürgern, die zur Infoveranstaltung des RVR ins Kreishaus gekommen sind. Dass sie an dem Abend nichts Neues erfuhren, konnte auch er nicht verhindern. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Stattdessen entwickelte sich ein Diskussionsforum, in dem die nüchtern-technokratische Herangehensweise des RVR auf die Emotionalität der Bevölkerung und Bürgerinitiativen krachte.

Bereits zum Start der Veranstaltung hatte RVR-Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel deutlich gemacht, dass man sich nicht auf einen politischen Diskurs einlassen, sondern auf den fachlichen Sachstand konzentrieren werde. Man werde schnell in die dritte Offenlage gehen, „damit der Regionalplan auch mal fertig wird“. Gleichwohl „setzen wir uns mit Ihren Nöten und Sorgen auseinander“, sagte Geiß-Netthöfel und erntete damit das erste Gelächter aus dem Auditorium, das nicht verstehen konnte, dass der RVR ein so hohes Tempo an den Tag legt.

Landrat Ingo Brohl etwa forderte erneut, einen Teilplan Kies und Sand herauszulösen, damit der Regionalplan weiter auf den Weg gebracht werden kann, aber für eine grundsätzliche Betrachtung des Rohstoffabbaus in NRW mehr Zeit bleibt. Das lehnt der RVR ab. In dem Fall aber kündigte Brohl abermals an, sämtliche rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um überbordenden Kiesabbau im Kreis Wesel zu verhindern.

Der Regionalverband begründete seine Weigerung zur Herauslösung des Kieskomplexes aus dem Regionalplanentwurf damit, dass er damit die Steuerungswirkung verlieren würde. Damit könne quasi überall abgegraben werden, lautet die Argumentation, die bei Brohl und dem Technischen Beigeordneten der Stadt Neukirchen-Vluyn, Ulrich Geilmann, heftiges Kopfschütteln auslöste. So drehte sich die gesamte Veranstaltung weiter im Kreis und verärgerte die Zuhörerinnen und Zuhörer mit jeder Minute, in der sie nichts Neues erfuhren.

Vor dem Informationsabend hatten Kreisbauernschaft, Kreis-Grüne und Niederrhein-Appell zu einer Demonstration vor dem Kreishaus geladen. Rund 200 Bürgerinnen und Bürger nahmen teil.
Vor dem Informationsabend hatten Kreisbauernschaft, Kreis-Grüne und Niederrhein-Appell zu einer Demonstration vor dem Kreishaus geladen. Rund 200 Bürgerinnen und Bürger nahmen teil. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Dass der Abend eine „Farce“ werden würde, hatte Kamp-Lintforts Bürgermeister Christoph Landscheidt bereits vor der Veranstaltung auf der Demonstration vor dem Kreishaus prognostiziert, zu der Kreis-Grüne, Kreisbauernschaft und das Aktionsbündnis Niederrhein-Appell geladen hatten.

Nach rund 90 Minuten verließen Roland und Alexandra Nolte, die mit ihrer Familie in Neukirchen-Vluyn mitten im potenziellen Abgrabungsgebiet leben und das Aktionsbündnis „Das pinke Kreuz“ gegründet haben, den Sitzungssaal wutentbrannt und nannten die Veranstaltung danach reine Zeitverschwendung. Ein anderer Zuhörer folgte ihnen mit den derben Worten: „Ich habe die Schnauze voll.“ Ein Bürger aus Rheinberg wiederum warf den RVR-Vertreterinnen und -Vertretern vor, mit dem Abend unnötige Überstunden gesammelt „und uns die Zeit gestohlen“ zu haben.

Um 20.30 Uhr beendete der RVR die Veranstaltung, ohne die weiteren geplanten Informationsblöcke vorzustellen.

>>> Nur Einsprüche zu Änderungen notwendig <<<
Laut RVR sind die 8000 Einsprüche aus der zweiten Offenlage noch nicht zur Gänze ausgewertet. Die Planungsbehörde versprach erneut, dass jeder Einspruch gesichtet und ausgewertet werde. Die Ergebnisse werde man online veröffentlichen.

Die Einsprüche muss man laut RVR in der dritten Offenlage nicht wiederholen. Dann gehe es nur um die neuen Änderungen, auf die man sich in seinen Einwendungen beziehen müsse. Die dritte Offenlage des Regionalplanentwurf soll Anfang des Jahres erfolgen und zwei Monate dauern. Dann wird auch erst die neue Flächenkulisse bekannt, an der der RVR nach eigener Aussage weiterhin arbeitet.