Kreis Wesel. Es gibt ein Seeadlerpaar in NRW, auf der Bislicher Insel. Ein Gutachten klärt, ob Windräder in Rheinberg und Wesel das Leben der Tiere gefährden.
Sind die Windkraftanlagen im Raum Menzelener Seen für die einzigen Seeadler in NRW lebensgefährlich? 70 Tage lang haben drei Beobachter innerhalb eines Jahres geprüft, ob die majestätischen Vögel der Bislicher Insel den Windkraftanlagen auf ihren Flügen zu nahe kommen. Für die Betreiber der Windräder ist diese sogenannte Raumnutzungsanalyse essenziell. Das Ergebnis entscheidet über die Zukunft ihrer Anlagen und über ein weiteres beantragtes Windrad. Jetzt liegt es vor: Aus Sicht des Artenschutzes spricht nichts gegen den Weiterbetrieb der Anlagen, der geplante Neubau hat inzwischen eine Genehmigung für den Tag- und Nachtbetrieb erhalten. Das teilte die Verwaltung jetzt dem Kreisumweltausschuss mit.
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Knackpunkt bei dem Thema: Als die Seeadler die Bislicher Insel für ihren Horst ausgesucht haben, waren die vier 150 und 90 Meter hohen Windräder und ein 90 Meter hohes im Bereich Büderich und Borth bereits in Betrieb, zwischen 4800 und 5300 Meter vom Horst entfernt. Ein weiteres ist geplant, 200 Meter hoch, auf einer Distanz von 4060 Metern. Für den Nachtbetrieb hatte es bereits die Genehmigung.
Hoher Artenschutz für die selten gewordenen Seeadler
Das Bundesnaturschutzgesetz schreibt vor, dass besonders geschützten Arten nicht nachgestellt werden darf, man darf sie nicht fangen, verletzen oder töten. Und – das war für das Windkraftthema wichtig – das Tötungsrisiko darf nicht signifikant erhöht werden. Ob die Bestandsanlagen und das geplante Rad letztere Bedingung erfüllen, war nun Gegenstand der Analyse.
Adler, erläuterte Bernd Finke von der Verwaltung, sind eine sogenannte lebensraumsensible Art. Weibchen werden bis zu sieben Kilo schwer und haben eine Spannweite von 2,50 Metern, Männchen bringen bis zu 5,5 Kilo auf die Waage. Entsprechend schwerfällig sind sie im Flug. Zudem, so Finke, spricht man von einer „partiellen Blindheit“ in Flugrichtung: Der Raubvogel ist auf seine Beute am Boden fixiert. Deshalb sind Seeadler die Vögel, die am häufigsten mit Windrädern kollidieren.
Über Jahre wurden Sichtungen gesammelt, die Vögel wurden hauptsächlich nahe der Bislicher Insel gesehen, aber auch in Spellen und im Orsoyer Rheinbogen und eben im Bereich der Windkraftanlagen. Daher sollte nun von Fachleuten festgestellt werden, wie hoch der Anteil der Flüge in kritischer Höhe und Nähe an den Windrädern ist. An 70 Tagen waren somit drei Beobachter acht Stunden mit dieser Aufgabe betreut. Sie registrierten 837 Flüge in diesem Zeitraum, ganze 13 dieser Ausflüge führten in den engeren Bereich um die Anlagen, nur drei in den Gefahrenbereich. Damit steht fest: „Die Schwelle für eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos wurde weit unterschritten“, so Finke.
Jede Anlage erfordert eine Einzelfallbetrachtung
Zumindest die Adler werden den Betrieb der Windräder nicht einschränken, auch die Vorgabe eines technischen Kollisionsschutzes, wie er bereits vorgestellt und diskutiert worden war, gibt das 180.000 Euro teure Gutachten nicht her.
Die Frage aus dem Ausschuss, ob für jede neue Anlage ein neues Gutachten erforderlich sei, bejahte die Verwaltung, es gilt die Einzelfallbetrachtung um Rechtssicherheit zu erlangen. Auch in Schleswig-Holstein, wo es sowohl mehr Windräder als auch mehr Seeadler gibt, sei das so. Laut Verwaltung gibt es in Deutschland rund 800 bis 1000 Brutpaare, die meisten von ihnen im Norden.