Wesel. Klimaschutz und Naturschutz geraten bei der Windkraft im Raum Büderich/Alpen in Konflikt, der Seeadler wegen. Eine Suche nach Lösungen.
Windkraft produziert klimafreundliche Energie. Allerdings gefährden die Anlagen Vögel – ein Problem, das aktuell für Konflikte bei einem von der Firma SL Naturenergie geplanten Windrad in Büderich am Menzelener See sorgt: Die Anlage, und vier weitere im Raum Alpen, die lange am Netz sind, könnten das einzige Seeadlerpaar in NRW gefährden.
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Der Kreis Wesel hat deshalb ein Gutachten angeordnet, das die Flugrouten der streng geschützten Raubvögel analysieren soll. Einschränkungen drohen nicht nur beim Projekt der neuen Windkraftanlage, auch die alten Räder können davon betroffen sein.
Unternehmen akzeptiert Einschränkung der Altanlagen nicht
Dass die Windräder vor den Seeadlern da waren, spiele rechtlich keine Rolle, so der Kreis Wesel. Klaus Schulze Langenhorst, Inhaber der SL Naturenergie, sieht das anders: „Wir werden gerichtlich damit umgehen, sollten die Anlagen stillgelegt oder eingeschränkt werden“, sagt er. „Eine ganzjährige Tagesabschaltung wäre eine untragbare Betriebseinschränkung, das müssen wir nicht akzeptieren.“
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Schulze Langenhorst ist im Landesverband erneuerbarer Energien NRW und im Bundesverband Windenergie häufig mit dem Thema Artenschutz befasst. In Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein gebe es an nahezu jedem Standort ein Problem, die Seeadler dort hätten sich stark vermehrt.
Windräder, sagt er, dürfen nicht in einem Radius von drei Kilometern um ein Horst stehen. Keines der Anlagen in Büderich und Alpen liegt in diesem Radius. „Hier wird ein erweiterter Radius von sechs Kilometern angesetzt, weil es das einzige Brutpaar in NRW ist“, sagt er – und kritisiert diese Entscheidung. Deutschlandweit sei die Population der Seeadler gestiegen und im Bereich Büderich und Alpen sei keine Gefahr für die Adler in Verzug.
Kameras sollen die Vögel im Anflug erkennen
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Anders sei die rechtliche Lage bei der neu geplanten Anlage. Die Haltung von Kreis und Land ist klar, das Unternehmen wird sich beim Neubauprojekt darauf einstellen.
SL Naturenergie will an seinem neuen Büdericher Windrad ein Kamerasystem installieren, das die Vögel im Anflug aus 750 bis 1000 Metern erkennt, ihre Route berechnet und bei Kollisionsgefahr und einer Entfernung von 200 Metern umgehend abschaltet. „Die Rotorblätter drehen leicht aus dem Wind, die Anlage geht in den sogenannten Trudelbetrieb.“
Die Anlagen reagierten in 98 Prozent der Fälle korrekt, „man kann das letzte Risiko nicht ausschließen“, so der Unternehmer. So ganz sieht er den hohen Schutzstatus der Seeadler offenbar auch nicht ein, „viele Milane und Bussarde enden auf der Autobahn“, man könne nicht jedes Lebensrisiko ausschalten.
Dauerhaft ist der ausschließliche Nachtbetrieb nicht wirtschaftlich
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Bis das System marktreif ist, soll die neue Windkraftanlage nur nachts in Betrieb sein. „Wir können aber nicht über Jahre ohne Tagesbetrieb arbeiten, das wäre ein wirtschaftliches No go“, sagt er, „das würde auch keine Bank mitmachen“. Rund fünf Millionen Euro wird die Anlage am Menzelener See kosten, plus rund 250.000 für das Seeadler-Warnsystem. „Ich gehe davon aus, dass diese Systeme künftig preiswerter werden.“
Naturschützer greifen die Idee auf und hoffen, dass auch andere Vogelarten erfasst und geschützt werden können, Gänse und Störche beispielsweise. „Technisch gesehen kann man sehr viel machen“, sagt Schulze Langenhorst, „aber man muss auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Blick haben“. Es würde den Strom deutlich verteuern, wollte man solche umfassenden Systeme an allen Windkraftanlagen anbringen, warnt er.
Neue Anlage in Büderich soll 2021 ans Netz gehen
In Deutschland sind diese Systeme noch nicht zugelassen, in den USA schon. In Mecklenburg-Vorpommern laufen zwei mit einer Einzelzulassung. „Wir hatten es schon fast, aber durch Corona verzögert sich alles“.
Trotz der Adlerdiskussion geht das Büdericher Projekt an den Start, 2021 soll die Anlage stehen, wahlweise nur im Nachtbetrieb laufen oder mit Identifikationssystem. SL Naturenergie betreibt 135 Windräder in NRW.