Kreis Wesel. Die Gesamtzahl der Straftaten im Kreis ist 2021 gesunken, in einigen Bereichen stiegen sie aber an, auch im Zusammenhang mit Kinderpornografie.

Landrat Ingo Brohl und die Kreispolizeibehörde Wesel legten am Mittwoch mit der Kriminalstatistik für das vergangene Jahr ein Werk vor, das zwei Geschichten erzählt. Zum einen zeigt es die Zahlen, die eine positive Entwicklung aufweisen. 23.650 angezeigte und verfolgte Straftaten hat es demnach 2021 kreisweit gegeben, rund 300 weniger als im Jahr davor und 31,4 Prozent weniger als noch vor zehn Jahren. Gleichzeitig aber bereiten die gestiegenen Zahlen bei Straftaten gegen ältere Menschen und bei Sexualdelikten, auch bei Kinderpornografie, den Behörden Sorge.

In fast allen Kategorien gingen die Fallzahlen zurück, bei den Wohnungseinbrüchen mit 551 Taten sogar um 64 Prozent im Vergleich zu vor sechs Jahren. Eine Folge von Corona, sicherlich, aber auch eine Folge der verstärkten Vorbeugungsmaßnahmen, die die Polizei landesweit anbietet. „Prävention wirkt“, sagte der Leiter der Direktion Kriminalität, Volker Flaß, mit Verweis auf die Beratungsangebote der Polizei, die von immer mehr Bürgerinnen und Bürgern angenommen würden. Die Zahl der Versuche sei immer noch sehr hoch, sagte Flaß. Allerdings scheiterten die Einbrecher in ganz vielen Fällen an den hohen Sicherheitshürden.

Auch die Straßenkriminalität und die Raubstraftaten fielen merklich, laut Statistik auf den niedrigsten Stand der vergangenen zehn Jahre. Auch dies sei eine Folge der verstärkten Präventionsmaßnahmen und der Präsenz der Polizeikräfte vor Ort, sagte Polizeichef Rüdiger Kunst und stellte außerdem die Aufklärungsquote heraus, die nun im siebten Folgejahr im Durchschnitt bei über 50 Prozent liege. „Der Kreis Wesel gehört zu den sichersten Kreisen der Region“, sagte Kunst. Allerdings dürfe man nicht vergessen, dass eben auch rund 50 Prozent nicht aufgeklärt würden, sagte der Leitende Polizeidirektor mit Blick auf die Tatsache, dass eine sinkende Kriminalstatistik auch nur jenen nützt, die nicht davon betroffen sind.

Die Zahl angezeigter Fälle von Kinderpornografie hat sich im Kreis Wesel innerhalb von vier Jahren verzehnfacht

Straftaten sind für die Opfer mit Schmerzen, Scham und psychischen Belastungen verbunden. Insofern blickten Landrat Ingo Brohl und die Kreispolizei Wesel zwar grundsätzlich positiv auf die Kriminalitätsstatistik, richteten aber auch sofort den Fokus auf diejenigen, die unter den Straftaten zu leiden hatten, und dort vor allem in den Bereichen, in denen die Fallzahlen signifikant gestiegen sind. Wie die Taten zum Nachteil älterer Menschen. 906 Fälle nahm die Polizei demnach kreisweit auf, 83 mehr als noch im Vorjahr. In 64 Fällen waren die Täter, die sich vor allem als Polizeibeamte oder als Enkel ausgaben, auch tatsächlich erfolgreich.

Die Schadenssummen seien oftmals erheblich und lägen in manchen Fällen sogar im fünf- bis sechsstelligen Bereich, so Volker Flaß. Dabei sind die 906 gemeldeten Fälle laut Polizei lediglich die Spitze des Eisbergs. Die Behörden gehen von einer großen Dunkelziffer von Straftaten aus, bei denen ältere Menschen um ihr Erspartes gebracht worden sind, die aber nie zur Anzeige gebracht wurden, weil sich die Betroffenen schämten.

Die Polizei betreibt einen großen Aufwand, um solchen Fällen vorzubeugen, unter anderem mit Präventionsvorträgen, Teilnahme an Seniorenmessen oder Aktionen mit Apotheken, Pflegediensten, Banken und Sparkassen. Der Landrat appellierte am Mittwoch unterdessen an Kinder und Enkel, ihren Eltern und Großeltern dabei zu helfen, die Gefahr solcher Betrugsmaschen zu erkennen. Betroffene bat er, die Tat trotz aller Scham bei der Polizei anzuzeigen.

Eine Dunkelziffer vermuten die Behörden auch bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Hier stieg die Zahl der angezeigten Fälle – unter anderem durch ein geändertes Anzeigeverhalten, aber auch durch eine Neuaufstellung in der Ermittlungsbehörde – von 389 auf 766. In dem Zusammenhang stieg auch ein Wert, den der leitende Polizeidirektor „ekelhaft“ und eine Belastung für Kolleginnen und Kollegen nannte. So ist die Zahl der Fälle von Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung kinderpornografischer Schriften von 33 im Jahr 2017 auf 343 im Jahr 2021 gestiegen. Der einzige Trost: Immerhin 91 Prozent der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wurden im vergangenen Jahr aufgeklärt.

>>> Kreispolizei entwickelt ein pädagogisches Konzept

Die Kreispolizei hat ein pädagogisches Konzept entwickelt, mit dem Schülerinnen und Schüler für Gefahren im Internet sensibilisiert werden sollen. „Cyber-Emotion“ beschäftigt sich mit „Cybergrooming“, „Sexting“ und „Sextortion“, bei denen es sich um sexuellen Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt oder sexuelle Nötigung und Erpressung von Kindern im Internet handelt. Sandra Epping aus der Abteilung Kriminalprävention und Opferschutz hat zu diesem Thema zwei Geschichten entwickelt, die im Schulunterricht behandelt werden. Dazu gibt es Unterrichtsmaterial. Das Projekt läuft im Kreis Wesel seit etwa vier Wochen und soll landesweit zur Verfügung gestellt werden.

Nach einer Reihe von Überfällen auf Geschäfte im Kreis Wesel, in einem Fall mit Schusswaffe, hat die Kreispolizei eine Ermittlungskommission eingerichtet. Insgesamt rechne man der Serie elf Überfälle zu. „Wir sind guten Mutes, dass wir Erfolg haben werden“, sagte Volker Flaß.