Kreis Wesel. Wie geht es der Wirtschaft im Kreis Wesel? IHK-Präsident Burkhard Landers über Lieferengpässe, Branchen in der Krise und den Umgang mit Omikron.

Beinahe zwei Jahre dauert die Pandemie nun an – und von einer großen Krise der Wirtschaft ist kaum noch etwas zu hören. Die Zahl der Arbeitslosen sinkt im Kreis Wesel seit gut einem Jahr kontinuierlich, die Wirtschaftsleistung ist 2021 deutschlandweit wieder leicht gewachsen und auch die Prognosen für 2022 sind zumindest einigermaßen zuversichtlich.

Also alles gut? „Die gefühlte Lage ist besser, als das, was sich draußen abspielt“, sagt Burkhard Landers, der Präsident der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer (IHK), zu deren Bezirk der Kreis Wesel gehört. „Wir sind zwar zum Teil schon wieder auf Vorkrisenniveau, trotzdem geht es einigen Branchen sehr schlecht.“

Corona-Krise im Kreis Wesel: Gewinner und Verlierer

Landers, selbst Unternehmer in Wesel, blickt dabei vor allem auf die Gastronomie, den Handel, den Tourismus oder die Eventbranche im Kreis. „Es gibt in einigen Bereichen viele Betriebe, denen derzeit die Perspektive fehlt und wo man sich die Frage stellt: Ist das Geschäftsmodell in Zukunft überhaupt noch tragfähig?“ So berichtete bei der letzten Unternehmensumfrage der IHK im Dezember mehr als jeder zweite gastronomische oder touristische Betrieb, dass der Umsatz gegenüber 2019 um ein Viertel gesunken sei. Jeder vierte Betrieb rechnet damit, in den nächsten Monaten in die Insolvenz zu rutschen.

Die Pandemie sei auch für den Handel „ein Brandbeschleuniger“, so Landers. Der Wandel in den Innenstädten war zwar schon vor Corona spürbar, doch nicht zuletzt die beiden Lockdowns haben deutlich gemacht, in welcher Konkurrenz der Einzelhandel vor Ort steht. „Wir haben gelernt, dass wir wirklich alles im Internet kaufen können“, sagt Landers. Es müssten jetzt Ansätze gefunden werden, um den Betrieben eine Perspektive aufzuzeigen.

Deutlich besser durch die Pandemie kommen hingegen die Industrie und die Baubranche. Auch der Lebensmittelhandel und Baumärkten gehören zu den klaren Gewinnern. In diesen Bereichen erreicht laut der IHK-Umfrage jedes zweite Unternehmen sogar höhere Umsätze als im Vor-Corona-Jahr 2019.

Burkhard Landers, Präsident der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer.
Burkhard Landers, Präsident der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Was alle Unternehmen eint, ist der unsichere Blick in die Zukunft, vor allem angesichts der grassierenden Omikron-Welle. Wie geht man damit um, wenn viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichzeitig infiziert sind und in Quarantäne müssen? Das wäre längst nicht nur für die kritische Infrastruktur wie Polizei, Feuerwehren oder Krankenhäuser ein Problem, sondern genauso für die Wirtschaft – wenngleich die strengen Quarantäne-Regeln gelockert wurden.

Die Firmen haben sich aber mittlerweile gut auf Corona-Verordnungen und den Gesundheitsschutz eingestellt: Regelmäßige Tests, getrennte Schichten in festen Teams, unterschiedlichen Anfangs- und Pausenzeiten, Home Office, wo immer das möglich ist. „Mit der Omikron-Welle kommen die Unternehmen ganz gut klar“, sagt Landers.

Lieferengpässe treffen auch die Wirtschaft im Kreis Wesel

Was den IHK-Präsidenten deshalb wesentlich mehr umtreibt, sind die gestörten Lieferketten – diese weltweite Problematik wirkt sich bis auf den kleinsten Betrieb in Moers, Voerde oder Hamminkeln aus. „Die Corona-Krise hat deutlich gemacht, wie anfällig unser globales Wirtschaftssystem ist“, meint Landers.

Beinahe alle Zweige in Industrie und Handwerk seien davon betroffen. Viele Waren, die jetzt bestellt werden, werden irgendwann für 2023 angekündigt. Oft seien es Kleinteile die fehlen, ohne die bestimmte Produkte aber nicht fertig gestellt werden können. „Die Zyklen sind unberechenbar, das macht es so schwierig“, so Landers. Hinzu kommen die stark gestiegenen Transportpreise. Container, die früher 750 Euro gekostet haben, liegen jetzt im Extremfall bei 7500 Euro.