Kreis Kleve. Die Polizei Kleve stellte die Kriminalitätsstatistik für 2023 vor. Welche Fälle besonders häufig auftreten und welche Zahlen überraschen.
1.412.807 Straftaten zählt die Polizei in NRW für das Jahr 2023 in ihrer Kriminalitätsstatistik auf. 23.209 davon wurden im Kreis Kleve begangen. Das bedeutet eine Steigerung von 2879 Straftaten im Vergleich zum vorherigen Jahr.
Die Zunahme von 14,2 Prozent ist dabei deutlich höher als die Steigerung von 3,4 Prozent im gesamten Bundesland. „Das ist nicht erfreulich, dafür ist die Aufklärungsquote wieder besser geworden. Das ist der unermüdlichen Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in den Kommissariaten zu verdanken“, sagte Landrat Christoph Gerwers.
Großteil der Tatverdächtigen ist männlich
Thorsten Schröder, Direktionsleiter Kriminalität bei der Polizei Kleve, arbeitete zuvor in Duisburg und sei belächelt worden, er würde aufs Land gehen und sich ausruhen, aber „das Gegenteil ist der Fall, auch hier sind wir mit der ganzen Bandbreite des Kriminalitätsgeschehens leider konfrontiert, allerdings in einem anderen Ausmaß“, betonte Schröder. „Insgesamt leben wir aber in einem sehr sicheren Gebiet.“
Die Straftaten im Kreis Kleve verteilen sich laut Polizeistatistik auf insgesamt 11.362 Tatverdächtige, auffällig dabei ist, dass davon knapp 80 Prozent männlich sind. Ein großer Faktor sind Gewaltverbrechen, von denen im vergangenen Jahr 741 (Vorjahr 617) in der Statistik auftauchen. „Dabei haben wir allerdings eine Aufklärungsquote (79,4 Prozent), die deutlich über dem Landesschnitt (74,8) liegt, erklärt Schröder.
Der Altersschnitt der Täter sinkt
Ein Bereich, der auch immer im Fokus liege, seien die Raubdelikte, sagt Schröder. Diese sind von 120 auf 144 gestiegen. „Leider sehen wir auch, dass der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die in der Statistik der Gewaltkriminalität auftauchen, gestiegen ist, teilweise auch stark“, gab Schröder zu bedenken. Dies sei leider auch ein Landestrend.
Auch interessant
So gehörten in Raubfällen sieben Kinder (unter 14) zu den Tatverdächtigen, bei gefährlicher Körperverletzung 43 und bei einfacher Körperverletzung 60, insgesamt also 110. Bei den Jugendlichen (14-18) kommen 245, bei den Heranwachsenden (18-21) 185 Personen zusammen.
„Das muss und möchte man als Gesellschaft sicher nicht haben, das liegt aber mitunter auch an einem veränderten Anzeigenverhalten“, merkt Schröder an. Heutzutage würden deutlich mehr Vergehen zur Anzeige gebracht, teilweise auch vermeintlich nichtige Dinge, bei denen man prüfen müsse, ob sie überhaupt strafrechtlich relevant seien.
Häusliche Gewalt wurde neu definiert
Die größte und gleichzeitig sehr bedenkliche Steigerung gab es in den Fällen häuslicher Gewalt, die sich von 487 auf 918 nahezu verdoppelt haben. Das sei allerdings auch darin begründet, dass die Auswertung auf einer neuen Definition von häuslicher Gewalt basiere.
„Das umfasst die Bereiche der Partnerschafts- und der innerfamiliären Gewalt. Alle Formen körperlicher, sexueller und psychicher Gewalt werden erfasst und man muss nicht mehr unbedingt in einem gemeinsamen Haushalt leben. Es reicht auch eine aktuelle oder ehemalige Partnerschaft“, führt Schröder aus. „Das ist ein Delikt, der leider fast täglich passiert und immer wieder vorkommt.“
Mehr Personal zur Aufklärung von Sexualdelikten
Außerdem zeigten mittlerweile auch häufiger Kinder ihre Eltern an oder Nachbarn gäben Bescheid, wenn sie Lärm hören, so dass die Polizei sich die Lage anschaue, erklären Schröder und Uwe Lottmann, stellv. Abteilungsleiter der Klever Polizei. Pressesprecher Stefan Sparberg ergänzt: „Da sind Kinder und Jugendliche auch durchaus Beschuldigte, die ihre Eltern schlagen.“
Ebenfalls eine deutliche Steigerung haben Sexualdelikte (von 379 auf 505). Mit 87,5 Prozent kann die Polizei in diesem Bereich die höchste Aufklärungsquote vorweisen. „Da werden seit einiger Zeit mehr Energie und mehr personelle Ressourcen reingesteckt. Das ist oft klassisch so: Wo man hinschaut, findet man in der Regel auch was. Da muss man wahrscheinlich mit gleichbleibend hohen Zahlen rechnen“, sagt Schröder.
Fiese Masche Schockanrufe
Ein Thema, das in den vergangenen Jahren immer mehr aufgekommen ist, sind Betrugsfälle durch Schockanrufe, bei denen vor allem älteren Menschen hohe Geldsummen abgenommen werden. Die Klever Polizei hat im vergangenen Jahr 199 Betrugsversuche registriert, von denen 26 durchgebracht wurden. Dabei haben die Täter eine Summe von 776.445 Euro erbeutet, was 29.800 Euro pro Tat entspricht.
„Das ist eine ganze fiese Masche, sich die schwächeren Leute der Gesellschaft auszusuchen und sie so erbärmlich abzuziehen“, findet Uwe Lottmann deutliche Worte. „Das ist teilweise die komplette Spar-Lebensleistung dieser Menschen, die sie dann komplett aus der Hand geben“, fügt Schröder hinzu. Nur knapp 22 Prozent dieser Fälle konnten aufgeklärt werden, zeigt die Polizei auf.
Aufklärung von Diebstählen oft schwierig
Mit 8167 Fällen liegt die größte Zahl der Straftaten im Bereich Diebstahl, von denen nur etwa ein Viertel aufgeklärt werden konnte. „Das ist oft sehr schwierig, wir sind dabei meist auf Hilfe angewiesen, zum Beispiel durch Ladendetektive“, sagt Schröder. Auffällig sind allerdings auch die 1703 Fahrrad-Diebstähle, die laut Schröder mit der stark gestiegenen Wertigkeit von Fahrrädern zusammenhängen.
In der Gesamtbetrachtung entfallen von den 23.209 Straftaten im Kreis Kleve 6069 auf Kleve, 2558 auf Emmerich und 2517 auf Geldern. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl gibt es die meisten Verbrechen in Weeze (1455 bei 11.587 Einwohnern). Das hänge hauptsächlich mit dem Flughafen und den dort stattfindenden Festivals zusammen.
Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Kleve und dem Umland