Kreis Kleve. Beim Forum Kindergesundheit in Kleve ging es um Erste Hilfe. Drei Mediziner berichteten. So lautet das oberste Gebot im Notfall.
Manches ist ganz einfach. Eine Hausnummer zur Straße hin anbringen, fluoreszierend, so dass man sie auch nachts vom Krankenwagen aus erkennen kann. Oder die eigene Wohnung mal kriechend erkunden, um Fallen für Kleinkinder zu entdecken, bevor die es tun. Denn dann kann es so kommen, wie Joachim van Alst, Notarzt und Chefarzt der Anästhesie im St. Willibrord-Spital Emmerich, eines seiner Horrorerlebnisse beschrieb. Da hatte ein Kind einen Topf mit heißer Suppe vom Herd heruntergezogen. Die Verbrühungen waren so stark, dass ein Hubschrauber das Kind zu einer Spezialklinik fliegen musste.
„Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“
„Es gibt weit weniger Notfälle bei Kindern, als ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung vermuten ließe“, berichtete er beim Forum Kindergesundheit im Klever AOK-Haus. Herzinfarkte bei Kindern beispielsweise gibt es so gut wie nicht. Meistens handelt es sich um Unfälle, wenn der Rettungsdienst gerufen wird. Dann aber gilt: „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, es gibt große Unterschiede und auch ganz andere Erkrankungen“, so van Alst. Zunehmend gehe es auch um Vergiftungen durch Drogen, etwa während der Karnevalsumzüge.
Was auch immer passiert: Das oberste Gebot lautet „Ruhe bewahren“. Leicht gesagt, aber enorm wichtig, betonte Guido Janssen. Er ist Wachleiter der Rettungswache Emmerich und Erste-Hilfe-Ausbilder. „Das größte Problem ist die Emotionalität.“ Panik und Angst übertragen sich sofort aufs Kind und machen die Situation noch schlimmer. Dabei seien die Gefühle ja nur allzu verständlich: „Es gibt Menschen, die sind dann nicht in der Lage, die Notrufnummer zu wählen.“ Dabei hilft es ja nichts, man müsse durch die Situation durch.
Die Wohnung aus der Kinderperspektive
„Der Rettungsdienst kann einem schon telefonisch Tipps und Ratschläge geben.“ Er kann auch bei Entscheidungen helfen: Ist ein Rettungswagen nötig oder genügt es, das Kind zum Kinderarzt zu bringen? Auch Janssen hat aber die Erfahrung gemacht: „80 Prozent aller Fälle lassen sich verhindern, wenn die Eltern vorher ihre Wohnung aus Kinderperspektive anschauen.“
Wolfgang Brünighaus, langjähriger Kinderarzt in Kleve, brach eine Lanze für die Intuition der Eltern. Die hätten ein gutes Gespür, ob bei ihrem Kind etwas auffällig ist. Er riet dazu, Fotos oder Filme von Ausschlägen oder Krampfungen zu machen und Auffälligkeiten wie wiederkehrendes Fieber zu protokollieren. „Damit kann man als Kinderarzt oft mehr anfangen als mit Worten.“ Und wann ist ein Fieber normal und wann ein Notfall? Schwer zu entscheiden, zumal Fieber ja auch eine gesunde Körperreaktion auf Infekte ist. Und was bei dauerhaftem Durchfall und Erbrechen? Was man immer tun kann: Flüssigkeit geben, in kleinen Portionen. Brünighaus riet zu Cola – das sei ja normalerweise für Kleinkinder verboten, weshalb sie es dann eher tränken als Wasser.
Giftnotzentralen und Notrufnummer
Moderatorin Natascha Plankermann konnte dann noch einige Fragen von den etwa 30 Besuchern aufgreifen. Und so erfuhr man etwa, dass es Giftnotzentralen gibt, die man anrufen kann, wenn das Kind etwas geschluckt hat, aber noch keine Symptome hat. Oder dass man im Ausland, wenn man völlig verunsichert ist, auch versuchen kann, die Notrufnummer einer deutschen Kinderklinik zu wählen. Und dass man lieber den Rettungsdienst einmal zu viel anruft als einmal zu wenig.
Nicht zu vernachlässigen ist zudem der gesunde Menschenverstand. So berichtete Brünighaus von einem Kind, das montags immer starke Kopfschmerzen hatte. Nach allen erdenklichen Untersuchungen kam er auf die Idee, mal nachzufragen, was das Kind denn sonntags so macht. Die Antwort: Computerspiele. Acht Stunden lang. Da hilft dann auch keine Medizin.
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