Kleve. Durch die Schließung von zwei Praxen hat sich die Situation enorm verschärft. Einige Hausärzte sind telefonisch nicht mehr erreichbar.

Die aktuelle Hausarztsituation in Kleve hat sich zugespitzt. Wie aus den Praxen vor Ort zu hören ist, sind nach der Schließung der beiden Hausarztpraxen Dr. Fritz Paul an der Hoffmannallee und Dr. Klaus Luthe, der seine Praxis bereits Ende September geschlossen hat, derzeit viele Patienten auf der Suche nach einem neuen Hausarzt. Die Rede ist von mehreren tausend Patienten.

Hausärzte sind telefonische nicht mehr erreichbar

Nachfragen der NRZ ergaben, dass auch die vorübergehend vorgesehenen Vertretungsärzte für Dr. Paul krankheitsbedingt nicht zur Verfügung stehen. Diese Situation führt zu weiterem Sprechstundendruck bei den vorhandenen Hausärzten. So ist beispielsweise die Praxis von Dr. Pelzer in Rindern aufgrund der enorm gestiegenen Anfragen telefonisch nicht mehr erreichbar. Für Rezeptbestellungen läuft ein Band, für Terminvereinbarungen gibt es einen Chat über das Programm Doctolib. Auch andere Praxen setzen inzwischen auf den elektronischen Terminkalender, in dem Patienten selbst Termine buchen können. Die telefonischen Anfragen sind sonst nicht mehr zu bewältigen.

Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) teilt der NRZ auf Anfrage mit, dass es im „Mittelbereich Kleve“ – dazu gehören die Stadt Kleve, die Stadt Kalkar, Kranenburg und Bedburg-Hau – derzeit 50 Hausärzte gibt. 13 Hausarztsitze sind derzeit unbesetzt. Der Versorgungsgrad liegt bei 87,4 Prozent. Kürzlich konnten zwei freie Sitze vergeben werden, die zum neuen Jahr in die Versorgung einsteigen, so die KV.

Die Praxis von Dr. Paul ist ebenfalls geschlossen. Die nephrologische Praxis läuft weiter. 
Die Praxis von Dr. Paul ist ebenfalls geschlossen. Die nephrologische Praxis läuft weiter.  © NRZ | Andreas Gebbink

Die Situation entspannt sich nicht

Die Sprecher der Hausärzte im Kreis Kleve halten sich bedeckt und verweisen auf die Pressestelle der KVNO in Düsseldorf. Pressesprecher Thomas Petersdorff kann keine genauen Hausarztzahlen für den Kreis Kleve nennen und kann (oder will) auch nicht sagen, wie viele Patienten aufgrund von Praxisschließungen aktuell auf der Suche nach einem Hausarzt sind. Er schreibt: „Kommt es zu einer Praxisaufgabe, kann sich die Suche nach einem neuen Hausarzt unter Umständen schwierig gestalten und es lässt sich zum Teil nicht vermeiden, dass die Entfernung zur neuen Praxis größer wird. Dies hängt u.a. auch damit zusammen, dass die Praxen tendenziell größer werden, d.h. mehrere Ärztinnen und Ärzte an einem Standort tätig sind, im Gegenzug aber die Anzahl der Standorte abnimmt. Sollte im Mittelbereich Kleve der Fall eintreten, dass keine Nachfolgeregelung gefunden wird, kann dies zur Folge haben, dass sich Patientinnen und Patienten entsprechend umorientieren müssen.“

Es lässt sich zum Teil nicht vermeiden, dass die Entfernung zur neuen Praxis größer wird.
Thomas Petersdorff, Sprecher der KV Nordrhein.

Der KV-Sprecher erläutert, dass es derzeit äußerst schwierig sei, ärztlichen Nachwuchs für die ambulante Versorgung zu finden. Ländliche Regionen hätten es zudem besonders schwer, da Ärzte oft dazu tendierten, in Großstädten zu arbeiten. Bei der Standortwahl spiele auch die Infrastruktur eine wichtige Rolle.

Patienten müssen flexibel sein

Wer einen Hausarzt sucht, muss flexibel sein. Wer in Kleve wohnt, muss sich unter Umständen auch mit einem Hausarzt in Kalkar, Bedburg-Hau oder Kranenburg begnügen.

Die Kassenärztliche Vereinigung drängt bei Praxisschließungen auf eine Fortführung durch einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin. Für diese Fälle gebe es ein entsprechendes Beratungsangebot, eine Vermittlungsplattform und Fördermaßnahmen: Entscheidend für die Weiterführung einer Hausarztpraxis seien jedoch viele Faktoren, wie unter anderem die Standortfaktoren vor Ort oder der Zustand der Praxis.