Kleve. Im Rahmen eines Europatages gab es am Berufskolleg Kleve Workshops und eine Podiumsdiskussion mit Politikern aus sechs Parteien zur Europawahl.
In drei Monaten ist Europawahl. Das hat das Berufskolleg Kleve dazu veranlasst, einen Europatag zu veranstalten. Als Hauptereignis des Tages gab es eine Podiumsdiskussion mit Vertretern der „großen“ Parteien (CDU, SPD, Grüne, FDP, AfD und Linke). Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Gymnasien, der Höheren Berufsfachschule für Gesundheit, einer Internationalen Förderklasse sowie der Höheren Berufsfachschule für Technik hatten sich aus vier verschiedenen Themenbereichen Fragen überlegt. Eine anschließende Podiumsdiskussion wurde geführt von NRZ-Redaktionsleiter Andreas Gebbink.
In die Integration investieren
Auf die Frage, wie sich die Parteien eine solidarische Zusammenarbeit der EU-Staaten in Sachen Migration vorstellen, waren sich alle, abgesehen von der AfD, einig, dass man als europäische Gemeinschaft eine Lösung in der Sache finden müsse. „Wir dürfen Menschen, die an den Grenzen ankommen, nicht im Stich lassen. Niemand flieht freiwillig. Wir müssen alles dafür tun, damit diese Leute hier leben und eine vernünftige Ausbildung erfahren können“, betonte Bernhard Koolen, Mitglied des Landesvorstands der Linken.
„Einige Länder sind mit den Aufnahmen völlig überfordert. Wir stehen uns als Europäische Union selbst im Weg. Deutschland hat viele Kapazitäten, aber wir müssen die Leute verteilen“, fügte SPD-Europakandidat Michael Mölders, früher selber Schüler am Berufskolleg Kleve, an. Grünen-Sprecher Olaf Plotke betonte, dass unheimlich viel investiert werden müsse, um die Integration zu bewerkstelligen. „Es werden noch mehr Menschen kommen. Wir müssen zusehen, dass sie eine Zukunft haben.“
Zuwanderung soll bei Bekämpfung des Arbeitskräftemangels helfen
Generell sei man schon „vom Menschenbild her verpflichtet, diejenigen aufzunehmen, die Hilfe brauchen“, meinte FDP-Europakandidat Michael Terwiesche. „Ich bin ein großer Fan davon, weiterhin Flüchtlinge aufzunehmen. Wir haben Mangel im Handwerk, bei Ingenieuren und Technikern. Wir sollten vor allem diejenigen reinholen, die unsere Wirtschaft nach vorne bringen“, führte der FDP-Mann zur zweiten Frage aus. Dabei ging es darum, wie wirtschaftliche Bedürfnisse und humanitäre Verpflichtungen unter einen Hut gebracht werden können.
Mölders merkte an: „Die Integration in den Arbeitsmarkt ist wichtig, aber nicht alles. Vor allem ist die Frage, wie wir menschlich damit umgehen.“ Außerdem herrsche in Deutschland nicht nur ein Fach-, sondern generell ein Arbeitskräftemangel, betonte der SPDler.
Green Deal wird weitgehend positiv, aber skeptisch gesehen
Mit Blick auf den European Green Deal, der mit zahlreichen Maßnahmen dafür sorgen soll, dass Europa möglichst bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent wird, sagte Günther Bergmann von der CDU: „Geplante Maßnahmen müssen durchgeführt werden. Genehmigungsanträge dauern sehr lange. Es ist wichtig, auf Verzögerungen hinzuweisen, aber grundsätzlich ist die Idee vollkommen richtig.“
„Wir müssen dabei aufpassen, dass wir der Wirtschaft nicht die Luft zum Atmen nehmen und zu hohe bürokratische Hürden vermeiden“, merkte Terwiesche an. Den Grünen ginge der Deal noch nicht weit genug. „Ich denke, dass wir das Klima stärken und dabei die Stabilität der Wirtschaft bewahren können. Mit den richtigen Mitteln können wir unsere eigene Energie decken und produzieren“, betonte Plotke.
Mehr Bereiche ohne Profitlogik wären nötig
Koolen zeigte sich „skeptisch, ob es tatsächlich möglich ist, Wachstum ohne Umweltschädigungen zu erreichen. Wir brauchen mehr Bereiche, die der Profitlogik entzogen sind“, grundsätzlich halte er den Green Deal aber für eine gute Idee. Die AfD lehnt den Green Deal ab, es sei noch nicht weitreichend genug erforscht, ob die geplanten Maßnahmen tatsächlich positive Auswirkungen auf den Klimawandel hätten, meinte Hans Neuhoff, der kurzfristig für AfD-Sprecher Sven Elbers eingesprungen war.
Unterschiedliche Auffassungen in Sachen Ukraine-Krieg, Einigkeit beim Nahost-Konflikt
Zum Krieg zwischen Russland und der Ukraine waren die Politiker geteilter Meinung. Die Linke und Die Grünen hoffen auf ein diplomatisches Ende des Krieges; FDP, SPD und CDU sehen keine Verhandlungsmöglichkeit. „Das ukrainische Militär muss so stark sein, Russland zurückzudrängen“, sagte Terwiesche.
Mölders betonte: „Die EU muss die Ukraine weiter unterstützen, die Ukraine darf nicht verlieren.“ Bergmann mahnte: „Mit Diktaturen haben Sie keinen Erfolg beim Verhandeln. Die EU gibt deutliche Signale, dass sie der Ukraine finanziell und materiell hilft.“
Bei diesem Thema sind sich die Politiker einig
In Sachen Nahost-Konflikt zwischen Israel und Palästina hoffen die Politiker auf eine Zwei-Staaten-Lösung, jedoch sehen sie in der aktuellen Lage dazu keinen Ansatz. Die Verhandlungen müssten nach dem Krieg geführt werden und es müsse für beide Staaten klare Bedingungen geben, waren sich die Parteien an der Stelle ausnahmsweise mal einig.
Zwölf verschiedene Workshops zur Europawahl
Im Rahmen des Europatages konnten sich die Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs Kleve aus zwölf verschiedenen Workshops zwei aussuchen, die sie für jeweils eine Stunde belegen konnten. Außer jemand entschied sich für den zweistüdigen Workshop „EU und ich – die Bedeutung der EU für jeden Einzelnen“.
Darüber hinaus wurden unter anderem ein Europa-Quiz, ein Instrumente-Workshop, bei dem die „Europahymne“ („Freude schöner Götterfunken“) eingeübt wurde, oder auch ein Escape Room angeboten.