Kleve. Lage in Düffelward war wohl nicht beherrschbar: Abwässer liefen ab Pumpstation direkt in den Altrhein. NRZ sprach mit Verantwortlichen.
Die Regenfälle und das Hochwasser vor Weihnachten haben im Klever Ortteil Düffelward rund um den Jahreswechsel zu massiven Problemen mit der Abwasserkanalisation geführt. Zwei Wochen lang mussten die Abwässer der Pumpstation in Düffelward mit Hilfe eines Schlauchs in den Griethausener Altrhein gepumpt werden. „Die Situation war nicht mehr beherrschbar“, sagte Karsten Koppetsch, Leiter der Klever Umweltbetriebe, im Gespräch mit der NRZ.
Lohnunternehmer musste Abwasserschacht abpumpen
Der orangefarbene Schlauch lag mehrere Tage auf dem Altrheindeich, um das Schmutzwasser wegzubekommen. Mit Hilfe eines Traktors des Lohnunternehmens Nielen musste regelmäßig gepumpt werden, damit die Wassermassen nicht zurück in die Häuser der Mauritiussiedlung liefen.
Was war passiert? Wurden hier zwei Wochen lang etwa die Fäkalien von Düffelward in den Altrhein geleitet? Die NRZ hakte bei der Klever Stadtverwaltung nach und wurde jetzt in einer Runde im Rathaus mit Bürgermeister Wolfgang Gebing, Kämmerer Klaus Keysers, Technischem Beigeordneten Christian Bomblat, Fachbereichsleiter Bernhard Klockhaus, USK-Leiter Karsten Koppetsch und Daniel Scholz vom Ordnungsamt über die Situation aufgeklärt.
Pumpstation Düffelward war überlastet
Bernhard Klockhaus berichtet, dass die Regenfälle in den Monaten Oktober, November und Dezember in Kleve ausserordentlich waren. Die Pumpen in den Klever Stationen seien im Dauereinsatz gewesen und in vielen Häusern der Mauritiussiedlung in Düffelward habe was Wasser im Keller gestanden. Bis zu 40 Zentimeter habe man in einigen Häusern gemessen. Das Wasser habe sich durch die Bodenplatte und durch die Wände gedrückt.
Zusätzlich sei Wasser von außen in das Kanalsystem gelaufen und habe sich mit dem Schmutzwasser vermischt. Vermutlich lassen die alten Tonrohre an den Dichtungs- und Verbindungsstellen Wasser durch. Zum Teil sind die Rohre 60 Jahre alt, manche wurden auch ausgetauscht und sind erst 20 Jahre alt. Vermutet wird, dass es schadhafte Stellen geben muss. Entsprechend sei der Verteiler am Rheindeich von Düffelward überlastet gewesen. Von dem Verteiler in Düffelward werden die Fäkalien über eine Druckrohrleitung (60 Kubikmeter pro Stunde) zum Klärwerk gepumpt.
650 Düffelwarder waren betroffen
Die Situation sei erstmals am 23. Dezember eklatant aufgefallen. An Heiligabend seien die Pumpen auf Höchstleistung gelaufen. „Am 26. Dezember war die Situation nicht mehr beherrschbar“, betont Karsten Koppetsch, sodass man entschieden habe, das System zu entlasten. „Wir hatten keine andere Option“, so Koppetsch. 650 Einwohner von Düffelward waren von der akuten Situation betroffen. Er verdeutlicht, dass der Pegelstand in der Pumpstation Düffelward normalerweise bei 70 Zentimetern liege, in der betreffenden Zeit habe er aber 2,95 Meter betragen. Durch das massive Abpumpen habe man den Pegelstand nur auf 2,85 Meter drücken können.
Das abgepumpte Schmutzwasser sei regelmäßig überprüft worden: „Wir haben keine Feststoffe am Altrhein feststellen können“, sagte Koppetsch. Das meiste Wasser sei Regenwasser gewesen, was man aus dem Pumpwerk abgelassen habe. Auch die Untere Wasserbehörde habe man informiert und das Okay für diese außerordentliche Maßnahme erhalten. Am 8. Januar wurde das Abpumpen eingestellt. Eine Entsorgung über ein Güllefass sei nicht möglich gewesen.
Kanäle sollen überprüft werden
So schlimm wie in Düffelward war es in keinem anderen Ortsteil Kleves. Gleichwohl ist von Düffelwardern zu hören, dass die Situation seit 40 Jahren bekannt sei. Bei Hochwasser habe man in der Mauritiussiedlung immer Probleme. In Keeken und Bimmen, die auch dicht am Rhein liegen und viel Regenwasser abgekommen haben, waren derartige Probleme nicht aufgetreten. Die Stadtverwaltung betont hingegen, dass die Situation um Weihnachten herum außerordentlich gewesen sei und so in den vergangenen 20 Jahren noch nie aufgetreten ist.
Wie will die Stadt Kleve jetzt in Zukunft mit dem Problem umgehen? Fachbereichsleiter Bernhard Klockhaus sagte, dass man in Kürze eine Kameradurchfahrt ansetzt, um sich die Kanäle anzuschauen. Anwohner berichten allerdings der NRZ, dass dies auch schon in der Vergangenheit gemacht worden sei – ohne entsprechende Wirkung. Auch seien bereits so genannte Inliner (Rohr im Rohr) eingezogen worden.
Klockhaus führt auch das laufende Substanzerhaltungskataster und die Starkregenkarte an, die allerdings für ganz Kleve angelegt werden. Auch die Schaffung von Retentionsflächen sei grundsätzlich für die Wasserrückhaltung wichtig, betont Klockhaus.
Das Klärwerk war nicht überlastet
Das Klärwerk sei in der Regenzeit nicht überlastet gewesen, betont USK-Chef Koppetsch. Das Werk sei auf 165.000 Einwohnerwerte ausgelegt, 90.000 Einwohnerwerte werden tatsächlich bearbeitet, sodass man auch extreme Spitzen auffangen könne. Die Pumpen in Keeken, Bimmen, Binnen-Voisselt und Hoger Geest seien unter Volllast gelaufen. Die Pumpstation in Griethausen, in der auch die Abwässer aus Kellen ankommen, habe keine Probleme gemacht. Dass während der Zeit zwei alte Abwasserrohre von Griethausen Richtung Rhein genutzt wurden, um die Wassermassen abzuleiten, konnte Karsten Koppetsch nicht bestätigen. Davon wisse er nichts.
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