Kleve. Kleves Tiefbauamtsleiter Bernhard Klockhaus beschäftigt sich mit zunehmenden Starkregenereignissen. Bis 2025 werden 32 Millionen Euro investiert.

Das kleine Video von Bernhard Klockhaus beeindruckt: Tausende Liter Wasser stürzen in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit die Kaskaden herunter. Es sind unvorstellbare Massen, die den Hang am Kermisdahl zum Erschüttern bringen. In der Vergangenheit habe es so etwas noch nicht gegeben, aber Starkregenereignisse treten auch in Kleve nun häufiger auf. Ein Problem, auf das die Stadt eine Antwort haben muss. Tiefbauleiter Bernhard Klockhaus legte dem Stadtrat nun ein neues Abwasserbeseitigungskonzept vor.

Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, die die Stadt angehen möchte. Denn um den Starkregen besser kanalisieren zu können, benötigen gerade die Oberstadt und Materborn zusätzliche Regenrückhalteflächen. „Es gibt eine einfache Formel und die lautet: Wasser braucht Platz“, sagt Bernhard Klockhaus im Gespräch mit der NRZ.

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Aber woher soll der Platz kommen? Gerade in der Innenstadt gibt es den großen Wunsch der verdichteten Bauweise, um Bauland zu sparen und nicht in den Außenbezirken neue Flächen versiegeln zu müssen. Klockhaus möchte daher auch neue Verfahren ausprobieren. Etwa im Baugebiet Mühlenberg. Hier soll erstmals ein neues Rigolensystem zum Einsatz kommen, welches in zwei Metern Tiefe in den Boden gelassen wird. Die Rigole sieht aus wie übereinandergestapelte Bierkästen und hält das Straßenwasser für eine gewisse Zeit fest. So lange, bis die Regengüsse langsam im Boden versickert sind.

„Bierkästen“ halten das Wasser

Bei Straßen mit mehr als 2000 Fahrzeugen am Tag muss das Regenwasser gesondert gefiltert werden.  
Bei Straßen mit mehr als 2000 Fahrzeugen am Tag muss das Regenwasser gesondert gefiltert werden.   © Andreas Gebbink

Damit auf der Hoffmannallee und auf der Albersallee nicht wieder die Gullydeckel aus dem Boden schießen und sich kleine Geysire auf der Straße bilden, wie dies im vergangenen Sommer der Fall war, möchte die Stadtverwaltung künftig gleich mehrere Maßnahmen ergreifen: Regenrückhaltebecken bauen, vor allem dort, wo die Menschen wohnen: in Materborn und in der Oberstadt. Neue Rigolensysteme einbauen und die Hauseigentümer dazu animieren, ihre Vorgärten nicht zu versiegeln. Jede dieser Maßnahmen kann dazu beitragen, dass die Wassermassen länger festgehalten werden und fortan nicht mehr sturzbachartig die Kaskade hinunterrauschen.

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Neben der Niederschlagswasserbeseitigung gibt es auch noch den gesetzlichen Auftrag, die Niederschlagsmengen zu reinigen. Zumindest für die Straßen, auf denen täglich mehr als 2000 Fahrzeuge verkehren. Gerade der Reifenabrieb setzt sich als winzige Schwebteilchen im Wasser fest und fließt dann ungefiltert zum Beispiel in den Kermisdahl. Auch das darf künftig nicht mehr sein.

Nun gibt es unterschiedliche Methoden, dies zu verhindern. Man könnte die Straßengullys mit speziellen Filtern ausstatten, die die Mikroteilchen aufhalten: „Das wirkt wie bei einem Luftfilter im Auto“, erklärt Klockhaus. Alle zwei bis vier Jahren müssten diese ausgetauscht werden. „Das ist sehr aufwendig im Unterhalt.“ Klockhaus tendiert daher zu zentralen Filteranlagen. „Bevor das Wasser ins System eingeleitet wird, könnten wir es zentral filtern.“ Dies könnte man mit Mineralien (sprich: einem Steinbett) machen.

Besondere Aufmerksamkeit wird in Zukunft auch auf die Privatgrundstücke gelegt werden müssen. Der Trend zum Schotterbeet führe dazu, dass Regenwasser schlecht auf dem Grundstück versickert und zusätzlich ins Kanalnetz eingeleitet wird. „Wir müssen die Bürger motivieren, keine Steingärten mit Folie oder Fleece anzulegen“, sagt Klockhaus.

Grundwasserspiegel sinkt

Denn wer sein Grundstück derart versiegele, der trage zwangsläufig zu einem niedrigeren Grundwasserspiegel bei. Das Problem sei insgesamt nicht unerheblich: „Wenn ein Drittel der Vorgärten versiegelt wird, dann fließt auch entsprechend mehr Wasser in den Kanal.“

Das Ganze kostet eine Menge Geld. Klockhaus rechnet für seine Investitionen bis ins Jahr 2025 mit gut 32 Millionen Euro. Um eine nachhaltige Sanierung der Kanäle zu betreiben, seien ein Abwasserbeseitigungskonzept, eine Starkregenkarte und eine Substanzwertanalyse unerlässlich. Lohnt sich noch eine Sanierung oder muss schon neu gebaut werden? Vor dieser Frage wird das Tiefbauamt in Zukunft häufiger stehen.