Kleve. Angesichts der aktuelle, politischen Tendenzen sei es höchste Zeit, dass Demokraten sich stärker engagieren und für die Demokratie kämpfen.

Gut 250 Menschen haben am Donnerstagnachmittag auf dem Klever Synagogenplatz der Reichspogromnacht vor 85 Jahren gedacht, als im Deutschen Reich und auch in Kleve Synagogen und jüdische Geschäfte niedergebrannt und geplündert wurden. Bürgermeister Wolfgang Gebing betonte die Aktualität des Gedenkens. Seit dem Terrorakt der Hamas in Israel vor einem Monat habe es in Deutschland 380 Verfahren wegen Antisemitismus gegeben.

Demokraten soll stärker für die Demokratie kämpfen

Ron Manheim, Ehrenmitglied des Kulturvereins Haus Mifgash, appellierte an die Klever, wachsam zu sein und „das Feuer zu löschen, das uns umgibt“. Es sei an allen Demokraten, jetzt das Gespräch mit Nichtwählern zu suchen, um die Demokratie zu retten. Anstand und Respekt seien auf dem Rückzug, so Manheim.

Gut 250 Menschen kamen zum Synagogenplatz.
Gut 250 Menschen kamen zum Synagogenplatz. © NRZ | Andreas Gebbink

Ron Manheim zeigte sich bestürzt über die Demonstrationen auf dem Koekkoek-Platz vor wenigen Tagen als Studierende der Hochschule Rhein-Waal ein „freies Palästina“ gefordert haben. Mit keinem Wort seien die Geiseln der Hamas erwähnt worden oder grausam massakrierten Menschen in Israel. Manheim fragte sich, warum ausgerechnet jetzt ein „freies Palästina“ gefordert werde? „Das kann man doch nicht anders verstehen als eine Unterstützung für Hamas.“ Wenige Tage später habe es eine Demo auf dem Hochschulgelände gegen den Zionismus gegeben - nicht gegen den Terror der Hamas: „Ich weiß immer noch nicht, wie ich mich davon erholen will“, sagte Manheim.

„Wie gewinnt man Menschen für demokratische Prozesse?“

In der deutschen Gesellschaft macht er eine zunehmend antidemokratische Stimmung aus. „Anstand, Ruhe, gegenseitiger Respekt scheinen nicht mehr viel wert zu sein.“ Kein Wunder, dass die Bürger nicht mehr zwischen aufrechten Demokraten und Demokratieverächtern unterscheiden könnten. Die entscheidende Frage sei nun: „Wie kann man Menschen für demokratische Prozesse interessieren?“

Es ist höchste Zeit, dass die demokratischen Parteien in Kleve auf die Straße gehen. Nicht um zu demonstrieren, sondern um das Gespräch mit Nichtwählern und Politikverdrossenen zu suchen. „Jetzt hilft nur noch das direkte Gespräch vor Ort“, sagte er. Die Kommunalpolitiker wüssten, wo die Nichtwähler in Kleve wohnen.

Gegen Antisemitismus und Rassismus

Der Bürgermeister der Stadt Kleve, Wolfgang Gebing, erinnerte an die Verpflichtung aller Demokraten, sich aktiv zu engagieren: „Wir müssen jeder Form von Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung entgegentreten“. Es könne nicht sein, dass 2023 wieder jüdische Gemeinden in Deutschland ihren Mitgliedern raten, bestimmte Plätze zu meiden. Vor dem Rathaus in Kleve habe man die israelische Flagge aufgehängt: „Allerdings nur tagsüber, aus Angst vor Vandalismus“, so Gebing. Das sei unerträglich.