Kreis Kleve. Die Heizungspläne der Ampel verunsichern die Menschen im Kreis Kleve. Die Handwerker vor Ort versuchen zu beruhigen - keine Schnellschüsse

Täglich rufen rund 25 beunruhigte Haus- und Wohnungsbesitzer bei Heinz Goumans an. Die Kunden erzählen dem stellvertretenden Obermeister der Sanitär- und Heizungsinnung im Kreis Kleve ihre Sorgen und berichten über finanzielle Nöte, weil es sich von den Heizungsplänen der Ampel-Koalition zu großen Investitionen verpflichtet sehen: „Da herrscht blanke Angst.“

Noch sind viele Dinge unklar

Beim Austausch von Öl und Gas-Heizungen und der Einbindung umweltfreundlicher Energieträger hat sich die Bundesregierung auf einen Entwurf geeinigt. Der Entwurf soll noch in diesem Monat gesetzlich im Gebäude- und Energiegesetz verankert werden. Doch bislang sorgt er hauptsächlich für Verunsicherung – vor allem bei den Kunden der rund 100 Innungsbetrieben. „Es ist noch so vieles unklar, es gibt Ausnahmen, Übergangsfristen und Förderregelungen“, erklärte auch Michael Janßen, Obermeister der Heizungs-Innung im Kreis Kleve.

Die Fachleute der Sanitär- und Heizungs-Innung und Kreishandwerkerschaft plädieren für Information und Beratung in Sachen Wärmewende: Vorstandsmitglied Ulrich Biermann (Rees), Richard Thielen (Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft) Michael Janßen (Obermeister) und Heinz Goumans (stellvertr. Obermeister).
Die Fachleute der Sanitär- und Heizungs-Innung und Kreishandwerkerschaft plädieren für Information und Beratung in Sachen Wärmewende: Vorstandsmitglied Ulrich Biermann (Rees), Richard Thielen (Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft) Michael Janßen (Obermeister) und Heinz Goumans (stellvertr. Obermeister). © NRZ | Anke Gellert-Helpenstein

Aufgrund der Fragen und Ängste von Haus- und Wohnungseigentümern versuchte er nun mit seinen Kollegen Heinz Goumans und Vorstandsmitglied Ulrich Biermann die Pläne der Ampel-Koalition einzuordnen. Dabei sind sich alle einig, dass die gesamte Branche die Pläne unterstützt. „Es ist auch ganz klar ein schönes Gefühl, dass wir Handwerker und unsere Expertisen nun gefragt sind“, gibt Goumans zu.

Neue Heizungen müssen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen

Inhaltlich besagt das künftige Gesetz sicher, dass bereits ab dem kommenden Jahr Heizungen, die neu eingebaut werden, mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien laufen müssen. Und zwar in Neubauten als auch in Bestandsgebäuden. Allerdings besagt es nicht, dass eine Austauschpflicht für funktionierende Öl- und Gasheizungen besteht. Sie können (auf einen noch unbestimmten Zeitraum) weiterbetrieben werden.

Die Innungsfachleute wollen nun mit intensiven Beratungen und Vorschlägen Vertrauen bei den Betroffenen für die ins Auge gefassten Ziele der Bundesregierung schaffen und sie plädieren dafür, dass sich Betriebe und Kunden Zeit für die Beratungen nehmen müssen. Goumans: „Niemand kann gegen die Ziele die dahinter stehen, sein. Aber auch Eilen müssen wir mit Voraussicht.“

Nicht darauf warten, bis die Heizung ausfällt

Alle sind sich einig, dass niemand auf den Moment warten sollte, wenn die Heizung ausfällt. Informieren sei jetzt wichtig, damit man als Betroffener vorausschauend planen könne.

Ulrich Biermann plädiert für einen „Grünen Faden“ in Sachen Gebäudemanagement: „Eigentum verpflichtet. Der grüne Faden führt zum Ziel.“ Soll heißen: Mit der nun bestehenden Heizung lässt sich schon mit einer Bestandsaufnahme und der richtigen Einstellung einiges sparen. Dann arbeitet man sich vor: Von der Kellerdecke über die Wände, zu den Fenstern und bis zum Dach des Hauses – wobei auch die Böden in die Betrachtung mit einbezogen werden. Und – je nach Zustand der alten Heizung – liegt auf diesem grünen Faden auch die neue Heizung, die mit 65 Prozent erneuerbarer Energie arbeitet.

Auch Hybridlösungen können sehr sinnvoll sein

Was für eine Heizung das ist, hängt von vielen Bedingungen ab. Im Idealfall ist es die Wärmepumpe, die aber eben nicht immer sinnvoll ist. Oder es ist eine Hybridlösung. Oder, oder, oder…

Um Antworten zu bekommen, sollte jeder sich auf einen Beratungstermin mit dem Handwerksbetrieb seiner Wahl einlassen. Auch wenn es bis zur Terminierung schon mal dauern kann. Denn bei den vielen Anfragen stoßen auch die Fachbetriebe an ihre Grenzen – nicht nur in Sachen Manpower. Ob es nun die Frage nach dem richtigen Heizsystem ist, die vermehrte Nachfrage nach Wärmepumpen oder die Frage nach der damit verbunden nötigen Stromversorgung – es bleiben viele „Wenn’s“ und „Aber“, die auf Klärung warten.

Die Jugend hat durchaus Interesse am Handwerk

Und dann gibt es da noch den Fachkräftemangel bei den Handwerksbetrieben. „Obwohl ich durchaus Grund für Optimismus sehe“, betonte Goumans. Denn jährlich würden über 50 Auszubildende für die Betriebe gewonnen und die Jugend sei durchaus interessiert an handwerklichen Berufen. Die hatten einst und haben heute wieder „Goldenen Boden“. Das sei auch den Imagekampagnen (Schulbesuche, Plakataktionen, Infoveranstaltungen und Co.) zu verdanken, so der Fachmann.