Kleve/Kreis Kleve. Das Klever Frauenhaus hat zu wenig Platz und Personal, um alle Schutzsuchenden aufzunehmen. Wie sich die Lage für Frauen im Kreis Kleve darstellt

Wenn der Ehepartner, Freund, Bruder des Mannes oder gar die Schwiegereltern Gewalt gegen Frauen ausüben, dann bricht für viele die Welt zusammen. Lange Zeit stemmen sich Betroffene gegen die schwierige häusliche Situation, suchen nach Auswegen. Erst wenn es gar nicht anders geht suchen und finden von häuslicher Gewalt betroffene Frauen und Kinder Schutz im Frauenhaus Kleve. 2022 waren es 30 Frauen und ebenso viele Kinder, die aufgenommen wurden.

16 Frauen mussten abgewiesen werden

Gelebt haben im Frauenhaus aber insgesamt 35 Frauen und 39 Kinder. Eine Zahl, die nun Andrea Hermanns, Leiterin des Frauenhauses, der Öffentlichkeit vorstellte. Gemeinsam mit der Studentin Marie-Laure Mertens, die gerade ein Praktikum an ihrer Seite absolviert, präsentiere sie Zahlen und Fakten, die nur erahnen lassen, welche Schicksale dahinterstehen. Zwar beschrieb sie das ein oder andere Frauen- und Kinderschicksal, aber verbunden mit der dringenden Bitte „es nicht zu veröffentlichen.“ Sonst wäre es ein Leichtes für die gewalttätigen Partner oder Familien heraus zu bekommen, wer da anonymisiert über sein Schicksal erzählt hat.

Was bleibt sind eben Zahlen und Fakten. Von Frauen, die im Frauenhaus Kleve eine stationäre Einrichtung finden, die ihnen Schutz bei häuslicher Gewalt bietet. Und das bereits seit 1982. Der Grund, warum dort Schutz gesucht wird, ist immer der gleiche: ausgeübte Gewalt gegen die Frauen. Und nicht selten auch die Kinder. „Obwohl wir sogar ein Zimmer mehr einrichten konnten, mussten wir dennoch 16 Frauen abweisen und an andere Einrichtungen verweisen“, bedauert Andrea Hermanns. Und selbst wenn eine Frau auszieht, dann steht die nächste schon sozusagen auf der Fußmatte. „Wir stehen eigentlich ständig auf Rot“, bedauert die Leiterin.

Nicht mehr Gewalt während der Lockdowns

Sie hofft darauf, dass irgendwann einmal eine von der EU vorgeschlagene Regelung in Kraft treten wird, die besagt: Pro 10.000 Einwohner sollte ein Frauenhaus-Familienplatz (dreieinhalb Betten) zur Verfügung gestellt werden. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Aber sie betont auch, dass die Zahl hilfesuchender Frauen gegenüber der Vor-Coronazeit stabil geblieben sei. „Wir hatten entgegen vieler Medienberichte keine vermehrten Anfragen oder gar einen Ansturm von Betroffenen. Lediglich nach dem ersten Lockdown häuften sich die Anfragen, die sich dann wieder auf ein normales Level eingependelt haben.“

Gleichzeitig können im Frauenhaus Kleve, dessen Adresse nach wie vor nicht öffentlich gemacht wird, neun Erwachsene und bis zu 15 Jungen und Mädchen leben. Dabei haben die vielen sozialen Medien übrigens nicht dazu geführt, dass mehr Männer vor der Tür stehen und ein Auszug ihrer Frauen fordern – ganz im Gegenteil. Seitdem stehen hier gar keine Männer oder Familienangehörige mehr. Eben weil die Kontaktaufnahme der ehemaligen Partner über die sozialen Medien schnell gemacht ist.

Frauen sind zwischen 19 und 60 Jahre alt

Die Schutzsuchenden selbst waren zwischen 19 und 60 Jahre alt. Die Hauptaltersgruppe der von Gewalt Betroffenen lag 2022 bei 26 bis 40. Die meisten Kinder waren unter fünf Jahre alt und lediglich zwei über 14. Die meisten (11) blieben nur sieben Tage, vier einen Monat und acht drei Monate. Hermanns: „Wir haben aber auch eine Frau, die schon ein Jahr lang bei uns ist und einfach keine Wohnung findet.“

Das ist aber nicht immer ein Problem, die Wohnungsnot. Leider, muss man vielleicht hinzufügen. Denn 13 Schutzsuchende sind 2022 in ihre alten Wohnungen und damit in die alte Beziehung zurück gekehrt. Nur drei zogen nach dem Frauenhausaufenthalt in eine eigene Wohnung. Die anderen zu Freunden, Verwandten oder in andere Frauenhäuser.

Keine Flüchtlingsfrauen aus der Ukraine

Zehn Frauen hatten die deutsche Staatsangehörigkeit, 20 kamen aus Albanien, Afghanistan, Indien, Iran, Irak, Kamerun, Niederlande, Serbien, Türkei und Ungarn. Aber es war keine Flüchtlingsfrau aus der Ukraine dabei.

Gemeistert hat das Frauenhausteam das mit Hilfe von Dolmetschern. „Und wir bieten den Frauen viel Unterstützung an“, erzählt Hermanns. Meistens findet der Erstkontakt telefonisch statt. Dann erfolgt das erste Treffen im Haus und ein Aufnahmegespräch. Dabei wird auch der Gefährdungsstatus geprüft, die finanzielle Situation besprochen, die familienrechtliche Lage durchleuchtet und vieles mehr.

Zehn Ehrenamtliche helfen mit

„Auf die Frauen wartet wirklich ein Berg von Papieren, Behördengängen, Arbeit… da helfen wir natürlich“, betont die Leiterin. Wer Bürgergeldanspruch hat, der bekommt darüber den Tagessatz von 40 Euro pro Person gezahlt. Alle anderen Frauen versucht die Awo als Träger des Frauenhauses zu finanzieren. Die außerhalb der Tagessätze liegenden Kosten sowieso.

Aber da gibt’s auch einen Zweidrittel-Zuschuss vom Land. Schließlich muss das Personal finanziert werden. Als da wären eine Sozialpädagogin, ein Bachelor of Social Work, zwei Erzieherinnen (halbtags), eine halbe Stelle Verwaltungskraft und eine halbe Stelle für eine Hauswirtschafterin, eine Praktikantin. Dazu unterstützen zehn Ehrenamtliche die Arbeit am Frauenhaus. „Da könnten wir mehr gebrauchen“, hofft Hermanns auf künftige Engagierte.

Informationen gibt es auf der Seite der Arbeiterwohlfahrt.