Kleve. Traditions-Imbiss wird von den Energiekosten aufgefressen, sagt der Geschäftsführer. Am 29. Januar ist Schluss. Warum man hier Kindheit schmeckt.
„Mir geht es wie vielen Kunden. Ich kenne den Horneck-Grill seit der Gründungszeit vor über 50 Jahren. Als damals noch der Hähnchengrill im Fenster lief, als Kaugummi- und Zigarettenautomaten an der Fassade hingen. Dieser Imbiss ist bis jetzt eine Institution. Um so schlimmer ist die aktuelle Entwicklung,“ beschreibt der Chef hinter der Theke, Michael Heinzel. Explodierende Energiepreise fressen ihn auf, sagt er. Zum Monatsende wird er schließen. Am Sonntag, 29. Januar, ist der letzte Tag für Bratrolle spezial und Joppie-Soße.
Heinzel sprach mit den sehr verständnisvollen Stadtwerken, so beschreibt er. Die bestätigten ihm gern, dass die Energiekrise gerade für kleine gewerbliche Nutzer fatale Folgen habe. „Es werden wohl nur einige Betriebe übrig bleiben“, ahnt er. „80 Prozent der Energiepreise werden zwar jetzt gedeckelt, aber die letzten 20 Prozent schlagen extrem zu Buche“, so Heinzel. 3400 Euro pro Monat hatte er als Gaspreis 2021 aufzubringen, von 8500 Euro waren jetzt die Rede. Er mochte die genaue Berechnung der Stadtwerke nach der Gaspreisdeckelung nun nicht abwarten.
Im November gerade erst die Preiserhöhungen für Öle und Fette aufgefangen
„Wir haben schon Ende November die Preiserhöhungen der Lieferanten für Öle und Fette auffangen können. Die Akzeptanz war bei unserer Kundschaft da, dass wir Pommes-Mayo-Currywurst nicht mehr bei etwas über 5 Euro, sondern aktuell für 7,50 Euro anbieten müssen. Würde ich die jetzigen Kosten mit einberechnen, müsste das bei mindestens 10 Euro liegen. Wir haben schon auf den Eigenverdienst seit drei Monaten verzichtet“, sagt er. Sein „Wir“, das waren früher immer fünf Leute, jetzt sind es noch sein Sohn, der aber außerhalb von Kleve studiert, und seine Ehefrau Annette. Michael Heinzel ist Klever, wohnt aber seit 10 Jahren in Rees. 60 Kilometer Fahrtkosten pro Tag.
Niederländische Imbissküche
Eigentlich kommt Michael Heinzel aus der Werbebranche, war aber immer nebenher in der Gastronomie berufsbegleitend „und mit Leidenschaft“ tätig, erzählt er. Vor etwas über zehn Jahren übernahm er den Horneck-Grill an der Ecke Hornstege und Materborner Allee. Ein kleines Imbiss-Restaurant mit zwei Räumen und zehn Tischen unter freundlicher Dekoration. In seinem Horneck-Grill gab es bis zur jüngsten Zeit noch jeden Tag frischen Mittagstisch, meist Hausmannskost. Aber der Schwerpunkt liegt eindeutig bei der niederländischen Imbissküche.
Jeden Tag 2,5 Liter Pinda-Soße
„Prima, ihr habt Möhreneintopf, aber ich hätte gerne Pommes Spezial und Bami“, zitiert der Restaurantbetreiber einen Kunden. Unter den Top Ten seiner umfangreichen Imbisskarte sind auf jeden Fall die Gulasch-Kroketten, Bratrolle (Vleeskroket, „Fleischrolle“ darf man dazu nach Deutschen Lebensmittelbuch nicht sagen), Bitterballen, Kipkorn und herzhafte pikante Rollen.
„Das sind auch Erinnerungen an die Kindheit. Es hat Spaß gemacht, nach Nimwegen zu fahren und in den großen Automatik-Snacks an 15 Meter langen Batterien sich einen Imbiß zu ziehen.“ Er meint, dass auch seine Klever Kunden diese Erinnerungen bei ihm schmecken. 2,5 Liter Pinda-Soße und 1,5 Kilo klein geschnittener Zwiebeln für die „spezial“ (Majo, Ketchup, Zwiebeln) gehen pro Tag über die blank geputzte Theke.
Eine Reihe kreativer Köche begannen im Horneck-Grill ihre Karriere
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„Wir haben das Glück gehabt, dass unter den Mitarbeitenden immer wieder neue Köche waren, die hier ihren Anfang nahmen.“ Sie haben Kniffe und Tipps dagelassen. „Wir wollten immer kulinarisch etwas verbessern, Soßen und Dressings. Bei uns kommt nie eine Soße aus dem Eimer auf den Teller,“ betont Michael Heinzel. „Außerdem haben die Männer in meiner Familie eine große Affinität zum Kochen. Mein Bruder ist ein sehr guter Koch. Wir haben bei Veranstaltungen schon für 4000 Leute gegrillt.“
„Ich habe immer mehr Geld für gute Qualität ausgegeben. Das Bewusstsein dafür war bei unseren Kunden deutlich ausgeprägter als ich erwartet habe,“ weiß der Wirt des Horneck-Grills. Seine Investition in gute Kartoffelstifte lohnte sich also. Innovativ und auf Nachhaltigkeit bedacht war er immer schon. Vor Jahren stellte er auf Holz-Pieker und Pappverpackung um, als es noch schwierig und teuer war, die zu bekommen. Auf insgesamt tausend Handzetteln bat er immer wieder mal seine Kunden: „Bringt einen Korb mit, wenn ihr Essen abholt.“ Doch „das lief leider nur schleppend an“, musste er erkennen.
300 bis 400 Stammkunden aus Kleve, aber auch aus Bedburg-Hau, Kalkar und Goch
Der Horneck-Grill kann auf rund 300 bis 400 Stammkunden nicht nur aus Materborn, sondern aus Kellen und dem ganzen Stadtgebiet Kleve, aus Bedburg-Hau und Kalkar, aus Goch-Asperden und Reichswalde zählen. Heinzel freut es, dass junge Leute, die aus Kleve weggezogen sind, über Weihnachten und Ostern einen Besuch im Horneck-Grill mit dem bei ihren Eltern verbinden.
Und dennoch: Am Sonntag, 29. Januar, ist Schluss.
Gibt es einen Nachfolger?
Wird es einen Nachfolger geben? Interessenten, die ebenfalls eine Pommesbude mit gemütlichen Sitzen aufmachen wollten, hat er vorgerechnet, was sie erwarten wird. Sie sprangen ab. Nun steht noch ein kreativer Koch, der seine Karriere genau hier im Horneckgrill gestartet hatte, vor der Überlegung, ob er etwas ganz Anderes hier macht. „Ich würde ihn massiv unterstützen“, verspricht der Chef vom Imbissrestaurant.
>>Die Öffnungszeiten des Traditionsimbiss
Wie gewohnt ist der Horneck-Grill (Materborner Allee 27 in Kleve) sonntags geöffnet von 17 bis 21 Uhr, ansonsten Dienstag bis Freitag 11.30-14.30 und 17-21 Uhr, Samstag 11.30-21 Uhr.
Früher bot Michael Heinzel sogar eine warme Küche bis 22 Uhr. Das spart er sich schon seit ein paar Monaten.
Im Imbiß kann man übrigens auch telefonisch unter der02821/7114609 bestellen.