Kreis Kleve. Stefan Welberts (40) tritt bei der Landratswahl für SPD, Grüne und Freie Wähler an – warum er sich für geeignet hält, womit er Stimmen holen will.

40 Frauen und Männer waren in den vergangenen fünf Wochen damit beschäftigt, die Person zu finden, die Landrat werden soll. Vertreter von SPD, Grünen, FDP und von den Freien Wählern, konferierten, telefonierten, chatteten und trafen sich häufig zu Zoom-Meeting, weil meistens eine oder einer in Urlaub war.

Am Freitag nun präsentierten drei der vier Parteien das Ergebnis ihrer wochenlangen Bemühungen im Hintergrund: Stefan Welberts, Kreistagsmitglied, Vorsitzender der SPD in Kleve und hauptberuflich Schornsteinfegermeister und Energieberater soll der gemeinsame Landrats-Kandidat von SPD, Grünen und von den Vereinigten Wählergemeinschaften werden!

Bisher nur Männer

Damit stehen zwei Dinge fest: Erstens gibt es bisher nur Männer, die sich um die Nachfolge von Silke Gorißen bewerben. Gorißen, 2020 als erste Frau ins höchste Amt des Kreises gewählt, gab den Posten im Ende Juni wieder ab, nachdem sie als Landwirtschaftsministerin ins Kabinett von Hendrik Wüst berufen wurde.

Zweitens ist die Fraktion der Unterstützer kleiner. Die FDP fehlt und wird wohl einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken. Es fällt der Name von Ralf Klapdor, Professor an der Hochschule Rhein-Waal, doch der schipperte gestern noch mit seinem Boot übers Ijsselmeer.

Ohne FDP

Thorsten Rupp, Kreisvorsitzender der SPD, sah im Ausscheren der FDP allerdings keine Katastrophe. Die Gespräche seien bewusst ergebnisoffen geführt worden, einen Zwang zur Einigung habe es nicht gegeben. Am Montag waren sich dann allerdings SPD, Grüne und Freie Wähler einig geworden, der FDP gaben sie bis Mittwoch Zeit, sich zu erklären. Als nichts gekommen war, entschieden sich die drei anderen Partner, gemeinsam mit Welberts an die Öffentlichkeit zu treten.

Die Zusammenarbeit im Kreistag (wo alle vier als „Listenverbindung“ auftreten) bleibe von der Personalie unberührt, sagte Rupp gestern auf der Pressekonferenz.

Wer ist der Kandidat?

Wer ist Stefan Welberts? Der Kandidat ist 40 Jahre alt, verheiratet und hat einen Sohn, der gerade auf die weiterführende Schule wechselt. Nach dem Fachabi absolvierte Welberts eine Lehre als Kaufmann für Bürokommunikation – interessanterweise bei der Kreisverwaltung, also dort, wohin er nun, knapp 20 Jahre später, wieder zurückwill. Seine berufliche Erfüllung fand er jedoch erst nach einer zweiten Ausbildung, in der er sich zum Schornsteinfeger ausbilden ließ. Seit 2012 ist er Meister, seit 2016 selbstständig im Kreis unterwegs. Nach der Schornsteinfeger-Ausbildung sattelte Welberts noch einen weiteren Bildungsgang drauf, er studierte an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach Wirtschaftswissenschaften.

Als sich 2020 der neue Kreistag konstituierte, ließ Welberts sich zum Ersten Stellvertretenden Landrat wählen – seit Silke Gorißen nun weg ist, obliegt es ihm, repräsentative Verpflichtungen für den Kreis Kleve wahrzunehmen.

Klimawandel im Fokus

Zeit seines Lebens habe er viel Zeit in Ehrenämter investiert, sei es in der Lokalpolitik, bei der Feuerwehr oder bei der Handwerkskammer, zu deren Vorstand Welberts bis 2016 gehörte. Nun möchte er seinen Erfahrungsschatz in die Politik einbringen. Er verstehe sich als „Alternative, als Kandidat mit Berufs- und Lebenserfahrung in der Wirtschaft“, so Welberts in seiner Vorstellung. Drei zentrale Themen will er anpacken, kündigte er an: Er wolle sich um den in allen Branchen existierenden Fachkräftemangel kümmern, die Bemühungen um den Klimaschutz intensivieren und den Katastrophen- und Zivilschutz im Kreis stärken.

Das – auf beruflicher Kompetenz fußende – Verständnis für die Belange des Klimawandels war das zentrale Argument, mit dem Welberts die Grünen auf seine Seite zog. „Er trägt im Herzen, was uns besonders wichtig ist“, sagte Bruno Jöbkes, Sprecher der Grünen im Kreis Kleve.

Formal müssen die SPD, die Grünen sowie die Freien Wähler den Kandidaten nun noch in Aufstellungsversammlungen aufs Schild heben – das soll bei den Grünen und den Freien Wählern am 13. August in Weeze geschehen, bei der SPD am 27. August in Goch. Der Schritt gilt allerdings nur noch als reine Formsache.

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