Kreis Kleve. Das Bundesförderprogramm „Sprach-Kitas“ soll Ende des Jahres enden. Davon sind auch 18 Kitas in Kleve, Emmerich, Goch und Kranenburg betroffen.

Der Bescheid des Bundesministeriums kam zwar nicht unangekündigt, aber dennoch sehr überraschend für die sogenannten Sprach-Kitas auch im Kleverland: Der Haushaltsentwurf des Bundes ab 2023 sieht keine Mittel für eine Fortsetzung des Bundesprogramms „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ vor. „Ein abruptes Ende für ein erfolgreiches Programm, das seit vielen Jahren genau da ansetzt, wo es nötig ist: in der frühkindlichen Bildung“, wundert sich auch Manuela Paufler (37).

Seit 2017 hat sie als zusätzliche Fachkraft für das Programm eine halbe Stelle im Zauberstern Kleveinne. Als solche weiß sie um die Wichtigkeit der Sprach-Kitas. Gemeinsam mit Juliane Hasselaar (47) und Kristina Timmer, die beide das Programm in zwei Verbünden für 21 Sprach-Kitas als zusätzliche Fachberatungen der Caritas Kleve begleiten, kämpfen sie mit vielen anderen für eine Verlängerung des Programms.

Alleine in diesen zwei Verbünden – und es gibt einige am Niederrhein und bundesweit – wären 18 Einrichtungen, die von Timmer und Hasselaar begleitet werden, betroffen, davon sechs Sprach-Kitas in Emmerich, eine in Kranenburg, zwei in Goch und neun in Kleve. In jeder einzelnen würde dann ab Januar 2023 eine halbe Stelle und damit die Fachkraft fehlen.

Förderung der Sprach-Kitas soll Ländersache werden

Zum Hintergrund: Gestartet war das Bundesprogramm „Schwerpunkt-Kitas Sprache & Integration“ 2011, das Folgeprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ startete 2016. 2020 wurde es bis Ende 2022 verlängert. „Sehr erfolgreich – das bestätigen uns Evaluationsergebnisse und Experten. Deswegen gingen alle von einer weiteren Verlängerung aus“, betont Juliane Hasselaar (die NRZ berichtete)„Da das Programm sogar im Koalitionsvertrag der Ampel aufgenommen wurde, waren wir sehr optimistisch.“ Stattdessen soll die Förderung nun Ländersache werden. „Doch die Länder haben bereits gemeinsam Beschwerde beim Bund angemeldet“, weiß Hasselaar.

Denn das, was geleistet wird, ist eine Menge. Nicht nur finanziell mit den vielen zusätzlichen Fachkräften, sondern auch inhaltlich. Manuela Paufler: „Viele denken, dass es sich um Sprachförderung handelt und wir mit den Kindern in Kleingruppen üben. Aber das machen wir gar nicht. Wir Fachkräfte arbeiten mit dem Kita-Team und schauen, wie alltagsintegrierte Sprachbildung – nicht Förderung – umgesetzt werden kann.“ Denn genau diese Qualitätsentwicklung können die schon an den Belastungsgrenzen arbeitenden Kita-Teams im hektischen Kita-Alltag gar nicht leisten. Dazu braucht es Fachkräfte wie Paufler.

Erfolgreiche Sprachbildung steht auf drei Säulen

Erfolgreiche Sprachbildung steht auch aus Sicht des Bundesprogramms auf drei Säulen: 1. Alltagsintegrierter Sprachbildung: Hier werden zum Beispiel Gesprächsanlässe erfasst, Bücher vorgelesen, Sprachlehrstrategien angewendet. 2. Inklusive Pädagogik: In dieser Säule haben auch Lösungsansätze Platz, die sich damit befassen, wie beispielsweise Vielfalt in der Gesellschaft umgesetzt werden und auch den Kindern vermittelt werden kann. 3. Zusammenarbeit mit Familien. Dazu gehören Ideen, wie man mit Familien, die kaum Deutsch sprechen, kommunizieren kann und auch die Eltern in die Sprachbildung einbezieht.

Keine Mittel mehr für 18 Fachkräfte im Kreis Kleve

Hasselaar ergänzt: „Das alles ist ein Prozess, nichts statisches. Es setzt bei der eigenen Haltung an, erfordert immer wieder Reflexion, die ohne die zusätzlichen Fachkräfte und unsere Fachberatungen, die die Kita-Teams begleiten und unterstützen, eben nicht funktionieren würde.“

Soll es aber nach Meinung der Bundesregierung, die nun die Mittel streicht und damit die Fachkräfte – im Fall der hier genannten zwei Verbünde sind es 18. „Dagegen wehren wir uns, indem wir die Öffentlichkeit informieren wollen, mit Politikern sprechen und Petitionen auf den Weg bringen“, betonen Juliane Hasselaar und Manuela Paufler. „Denn der ‘Schlüssel zur Welt’ würde für viele Kinder und Familien sonst mit dem Aus mutwillig im Türschloss abgebrochen.“

>>>Ideenaustausch und Sprachkitas

Es wurden auch bereits einige Erfahrungen oder auch nur Ideen der am Programm Beteiligten zusammen gefasst und ausgetauscht. Nachfolgend zwei Beispiele. Nummer eins entstand im Rahmen eines Fachtags: www.padlet.com/hallo_indipaed/l1oreuxdp6zounj0

Das zweite Padlet entstand aus der Idee heraus, andere Einrichtungen(die keine Sprach-Kitas sind) darin zu unterstützen, Familien mit Fluchterfahrung in der Kita aufzunehmen: www.padlet.com/mpflr/1r6x7mdde9h1hzib

Infos zu den Sprach-Kitas in den zwei genannten Verbünden gibt’s auch hier: www.caritas-kleve.de/suche.aspx?searchterm=Sprach-Kitas

In Kleve sind die Familienzentren Christus König, Morgenstern, Zauberstern und St. Bonifatius, die Kitas Sonnenblume, Zauberfarben, St. Elisabeth und Kiku’s Wilde 13 als Sprach-Kitas aktiv.

In Emmerich beteiligen sich das Familienzentrum Arche Noah und die Kindertagesstätten Polderbusch, St. Martini, St. Aldegundis, St. Josef und Sterntaler am Programm.

In Goch sind das Familienzentrum Sterntaler und Kindertagesstätte Nierspiraten betroffen.

In Kranenburg ist das Familienzentrum Storchennest als Sprach-Kita aktiv.