Goch. CDU, SPD und FDP möchten in Goch Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Tourismus in einer neuen eigenständigen GmbH voranbringen.
Es ist ein bedenkliches Zeugnis, das die drei Fraktionsspitzen aus Goch der eigenen Stadt ausstellen: „Es hapert an allen Ecken und Enden“, sagt Christian Peters (FDP). „Man muss nur mit offenen Augen durch die Stadt gehen, um zu sehen, wo überall Verbesserungsbedarf ist“, meint auch Andreas Sprenger (CDU). Und Klaus-Dieter Nikutowski sieht in der Innenstadt „Leerstände en masse“. Deswegen fordert das Trio einen Umbau der Gocher Verwaltung an entscheidender Stelle: Für den Haupt- und Finanzausschuss am 10. Februar beantragen CDU, SPD und FDP die Aufgaben von Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Tourismus einer neu zu gründenden Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH Goch zu übertragen.
Bemerkenswert ist der Vorstoß auch wegen der durchaus überraschenden politischen Konstellation. Um eine Kernforderung ihres Wahlprogramms umzusetzen, hat sich die FDP in der Frage der Wirtschaftsförderung aus der Listenverbindung mit BFG und Grünen gelöst, die zu dem Thema einen eigenen Antrag vorgelegt haben (siehe Text unten). „Die Listenverbindung ist keine Koalition“, betont Christian Peters. „BFG und Grüne sehen das Thema nicht so prioritär. Mit der CDU und der SPD haben wir in Gesprächen andere politische Partner gefunden, die genau den gleichen Weg miteinschlagen wollen.“
Aktuell sind vier Mitarbeitende tätig
Der Liberale macht deutlich, dass es den drei Fraktionen in keiner Weise darum gehe, Wirtschaftsförderer Rüdiger Wenzel oder die aktuell eingesetzten Mitarbeitenden zu kritisieren. „Sie können ja auch nur mit dem arbeiten, was sie an Budget und Personal zur Verfügung haben. Und das ist recht wenig für die zweitgrößte Kommune im Kreis Kleve“, sagt Peters. Im Team Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing, Tourismus, das der Gocher Stadtentwicklungsgesellschaft mbH zugeordnet ist, sind laut Stadtverwaltung insgesamt vier Mitarbeitende tätig, davon eine Kollegin in Teilzeit. Sie sind unter anderem auch für die Grundstücksvermarktung und den Glasfaserausbau zuständig.
„Die Wirtschaftsförderung muss einen wesentlich höheren Stellenwert bekommen, und dafür brauchen wir eine eigenständige GmbH“, verlangt Christian Peters. Wie viel Personal in der Gesellschaft arbeiten soll, lassen CDU, SPD und FDP zunächst offen. Sie beantragen die Umfirmierung der Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH (VVG) der Stadt Goch in die Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH Goch und die Übertragung der Aufgabenbereiche Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Tourismus. Die VVG, die in die Stadtwerke Goch Unternehmensgruppe eingebunden ist, verantwortet derzeit das Haus am See in Kessel und weitere Grundstücke und Gebäude. Geschäftsführer sind derzeit Wolfgang Jansen und Carlo Marks. Nach der Vorstellung der Antragssteller soll Marks Geschäftsführer bleiben und „die weiterhin positive Entwicklung des Hauses am See“ begleiten. Ein neuer, zweiter Geschäftsführer solle sich dagegen „zu 100 Prozent auf die wichtigen Themen der Wirtschaftsförderung, des Stadtmarketing und des Tourismus kümmern“.
Die Probleme der Gocher Innenstadt
Denn das Feld, das die neue GmbH beackern soll, bietet in den Plänen der drei Fraktionen weit mehr als die Ansiedlung von Unternehmen: Bestandspflege, Werbung für die Stadt Goch, aber auch Verbesserung der Aufenthaltsqualität etwa durch die schon lange diskutierte Umgestaltung des Marktplatzes. „Wir müssen Goch insgesamt attraktiver machen“, fordert Sozialdemokrat Klaus-Dieter Nikutowski, der in der Voßstraße eine „Banalisierung des Angebots“ erkennt. Im Antrag ist es so formuliert: „Einige Bereiche der Gocher Innenstadt haben starke Defizite, die es in den kommenden Jahren aktiv zu beseitigen gilt. Leerstände, immer mehr Ein-Euro-Geschäfte zeichnen neben dem Schwinden der Gastronomie unsere Innenstadt aus.“
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Den offenkundigen Problemen stehen Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 24,2 Millionen Euro im vergangenen Jahr gegenüber – noch nie hat Goch mehr verzeichnet. Ist in der lokalen Wirtschaft also alles halb so schlimm? „Die Zahl ist eine Momentaufnahme“, meint Andreas Sprenger und verweist auf die negativen Haushaltsergebnisse, mit denen die Stadt in den kommenden Jahren rechnet. „Wir wollen den Dingen nicht hinterherrennen und nur reagieren, wenn Unternehmen Goch verlassen, sondern aktiv steuern.“ Dafür sei eine handlungsschnelle GmbH die richtige Gesellschaftsform, sind CDU, SPD und FDP überzeugt. „Das komplexe Aufgabenfeld einer zukünftigen und erfolgreichen Wirtschaftsförderung der Stadt Goch ist in der vorhandenen Struktur als ,Abteilung’ innerhalb der Wirtschaftsbetriebe der Stadt Goch GmbH nicht mehr zeitgemäß und zweckmäßig“, heißt es im Antrag.
Wie verhält sich die AfD?
Mit den beiden Vorschlägen von CDU, SPD und FDP auf der einen Seite und BFG und Grünen auf der anderen Seite steuert der Gocher Rat auf eine brisante Konstellation zu. Mit jeweils 20 bzw. 19 Stimmen hat knapp keine der beiden Gruppen eine Mehrheit. Die AfD könnte mit ihren zwei Stimmen zum Zünglein an der Waage werden. „Das kann passieren“, sagt Andreas Sprenger. „Aber die Sachfrage darf sich nicht den Mehrheitsverhältnissen unterordnen.“
Das beantragen BFG und Grüne
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Nahezu zeitgleich mit dem Vorschlag von CDU, SPD und FDP haben BFG und Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag zum Citymanagement und Tourismus gestellt. Auch sie möchten personell aufstocken – allerdings in den bestehenden Organisationsstruktur der Wirtschaftsbetriebe der Stadt Goch.
Demnach soll jeweils eine Sachbearbeiterstelle in der Touristik (für den ausscheidenden Mitarbeiter Lutz Dennstedt) und im Bereich Stadtmarketing/Stadtmanagement geschaffen werden. Der Antrag sieht zudem die Einrichtung einer vom Land NRW geförderten Stabsstelle eines „Zukunftsmanagers Innenstadt“ und die Erarbeitung eines Zentrenmanagements vor. Insgesamt 260.000 Euro sollen in den Haushalt eingestellt werden.
BFG und Grüne bezeichnen die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Goch als „überaus positiv“, erkennen jedoch auch eine „Verschlechterung der Innenstadtqualität“, die „gezielte Gegenmaßnahmen“ erfordere. Weitere Hintergründe wollen die Fraktionsvorsitzenden Udo Wennekers (BFG) und Kathrin Krystof (Grüne) am Mittwoch erläutern.