Essener Süden. Neue Kita-Einrichtungen für Fischlaken und Heidhausen: Das mahnt die Bezirkspolitik im Essener Süden an. Doch die Verwaltung blockt ab.
- Beim Thema Kita-Plätze wurde in der Bezirksvertretung 9 heftig diskutiert.
- Jedes dritte Kind zwischen drei Jahren und Schulpflicht im Essener Süden hat keine Betreuung.
- Die Verwaltung sorgte für eine weitere Überraschung.
Immer noch fehlen über 230 Kinderbetreuungsplätze im Stadtbezirk 9. Während der U3-Bereich weitgehend im Soll liegt, hinkt die Ü3-Betreuung hinterher, vor allem in Fischlaken und Heidhausen. Rechnerisch bleibt dort jedes dritte Kind zwischen drei Jahren und Schulpflicht ohne Betreuungsplatz. Das bedeutet: Spagat zwischen Kindererziehung und Beruf.
Jugendamtschef Carsten Bluhm hatte noch im November von über hundert Heidhauser Kindern gesprochen, die in andere Stadtteile ausweichen müssten. Das Jugendamt beteuert, alles zu tun, um die Not zu lindern. Doch bei der März-Sitzung der Bezirksvertretung gab es nicht nur eine Überraschung.
Zunächst hatte man geduldig Jugendhilfeplanerin Julia Bruchhaus und Michaela Schönhoff vom Projektteam Kita-Ausbau zugehört, die über den allgemeinen Stand bei den Essener Kitas sprachen. Dann wollte Bezirksbürgermeisterin Gabriele Kipphardt konkretes hören: „Ich vermisse den Bezug zu unserem Bezirk. Wie sind da die Zahlen? Und wir alle warten auf die Waldkita am Volkswald.“
Neuer Bewerber für Waldkita: Gespräche mit der Stadt Essen
Die Mülheimer „Zukunftsorientierte Kinderbetreuung“ (ZOK) hatte eine Waldkita auf dem ehemaligen Fußballplatz am Volkswald einrichten wollen. Für einen Bauwagen, der den Kindern Schutz bei Schlechtwetter geben sollte, verweigerte die Stadt jedoch eine Baugenehmigung. Die Zufahrt sei nicht gesichert. Irgendwann schlossen sich das Zeitfenster und damit mögliche Fördertöpfe.
Fast beiläufig erwähnte Michaela Schönhoff, dass es nun einen neuen Bewerber gebe: „Der Träger ist in Essen noch nicht bekannt. Wir haben erste Gespräche geführt.“ Nicht nur die Bezirksbürgermeisterin war fassungslos: „Schwups springt ein neuer Träger aus der Kiste und plötzlich ist die Zuwegung kein Problem mehr?“ Denn an der strittigen „Engstelle“ wurden Hecken, Geländer und Bäume entfernt, damit zukünftig leicht verschwenkt eine Zuwegung zum Volkswald möglich ist. Schönhoff führte aus, dass die Zahlen im U3-Bereich weitgehend gut seien. Zudem beobachte man einen gewissen Rückgang an Kindern unter drei Jahren. Die selbstgewählte Vorgabe einer Quote von 40 Prozent werde im Bezirk sogar um 8,6 Prozent überschritten.
Es fehlen Kita-Plätze in Heidhausen und Fischlaken
Hier spiele mit rein, dass es im U3-Bereich fast so viele Plätze in der Kindertagespflege (Tagesmütter) gibt wie in den Kitas. In Schuir seien zwar rein rechnerisch 100 Plätze vonnöten, es gebe aber nur fünf in einer Tagespflege. Der ländliche Stadtteil gehöre aber zu Bredeney, wo die Quote deutlich besser und „die Eltern mobiler“ seien. Genauso könne man die Zahlen für Fischlaken und Heidhausen mit Werden zusammenfassen, sagte Schönhoff.
Dazu BV-Mitglied Stephan Sülzer (CDU): „Man kann sich seine Zahlen auch schönrechnen. Gerade in Fischlaken und Heidhausen sind sie bei der Ü3-Betreuung schlecht.“ In Kettwig und Bredeney liegen die Quoten bei 93 und sogar 104 Prozent: „Die Zahlen sind erfreulich und teils sogar gar übererfüllt. Aber wo kommen die nächsten Kitas hin? Nach Bredeney und Kettwig! Das ist doch eine Fehlsteuerung.“ Die Prioritäten müssten anders gesetzt werden. „Wir wünschen uns, dass endlich Fischlaken und Heidhausen in den Mittelpunkt der Bemühungen gerückt werden.“
Die Planungen
In Kettwig kommen 2025 neue Kitas an der Ruhrtalstraße (72 Plätze) und Ringstraße (52 Plätze) sowie in Bredeney 2026 im Voßbusch (20 Plätze). Am 25. Februar 2020 hatte die Fachverwaltung der BV vorgetragen, dass neue Plätze entstünden in Waldkitas am Volkswald und an der Barkhovenallee.
Zudem gab es „voraussichtliche“ Termine für neue Standorte: Löwental (Frühjahr 2022), Frielingsdorfweg (2022/2023), Jacobsallee (2023/2024). Verwirklicht wurden nur Barkhovenallee (25 Plätze) und Löwental (76 Plätze). Am Brosweg fielen derweil 34 Plätze weg.
Eltern im Essener Süden möchten wohnortnahe Kita
Hilde Hess-Steinhauer (Grüne) unterstrich das noch: „Wir wurden von Eltern angesprochen, die verzweifelt sind, weil sie für ihre Kinder keinen Betreuungsplatz in der Nähe bekommen. Sie hätten aber gerne diese wohnortnahen Plätze für unsere Kinder, damit nicht wieder das Auto bemüht werden muss.“
Sülzer hakte nach: „Wir wissen doch seit Bauplanung der Grünen Harfe, dass viele junge Familien zu uns kommen. Das hätte man mitdenken und eine Kita an der Jacobsallee bauen können.“ Bei der Kita im Löwental sei alles plötzlich ganz schnell gegangen. Somit liege Werden in der Ü3-Betreuung nun bei 113 Prozent. Das helfe aber benachbarten Stadtteilen nur bedingt.
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So einfach sei das nun mal nicht, erklärte Schönhoff: „Wir sind darauf angewiesen, dass uns Objekte angeboten werden. Zumeist sind es Investoren, die auf uns zu treten mit Grundstücken für Kitas.“ Höchst unglücklich dann, wenn ein Investor seine Pläne über den Haufen wirft. So geschehen am Frielingsdorfsweg in Heidhausen, wo eigentlich eine viergruppige Kita gebaut werden sollte und nun doch nicht. Die bisherige zweigruppige Kita steht seit Jahren leer.
Stephan Sülzer blieb hartnäckig: „Ich wiederhole mich ungern. Aber was ist mit der Jacobsallee? Warum nicht Erweiterungsbau der Grundschule und Kita unter einem Dach? Da gibt es doch fertige Pläne.“ Das habe man sehr wohl auf dem Schirm, so die Verwaltungsfrau: „Das wird forciert.“
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