Essen-Werden. Die Essener Erzieherin Rebecca Lang fordert Kitaplätze: „Wir müssen laut werden und Antworten verlangen.“ Wo darüber in Kürze diskutiert wird.
Ausgelassen toben die Mädchen und Jungen herum und ihre zumeist jungen Eltern schauen lächelnd zu. Im Familiencafé „Löffelöhrchen“ direkt an der Ruhrbrücke in Werden sitzt Rebecca Lang mitten in diesem lautstarken Trubel und strahlt: „Das ist Musik in meinen Ohren. Immerhin war ich 16 Jahre lang Erzieherin.“
Nun soll eine von Rebecca Lang gemeinsam mit der Fraktion der Grünen im Stadtbezirk initiierte Podiumsdiskussion unter dem Titel „Kitas in Essen: Bedarf und Wirklichkeit“ Antworten suchen auf die dringlichste Frage vieler verzweifelter Eltern: „Wo kriege ich bloß einen guten Betreuungsplatz für mein Kind her?“
In diesem Sommer fehlten im Essener Stadtgebiet nicht weniger als 1000 Kitaplätze. Aufgrund des galoppierenden Fachkräftemangels mussten manche Einrichtungen sogar ganze Gruppen schließen.
Essener Jugendamtschef und Kita-Betreiber stellen sich den Fragen
Im Werdener Familiencafé „Löffelöhrchen“ werden sich am Donnerstag, 30. November, um 19.30 Uhr der Diskussion stellen: Jugendamtschef Carsten Bluhm, selbst gelernter Erzieher, die grüne Kreissprecherin Inga Sponheuer, Silas Haake als kinder- und jugendpolitischer Sprecher der grünen Ratsfraktion sowie Wilhelm Steitz, dessen „Zukunftsorientierte Kinderbetreuung“ seit Jahren eine Wald-Kita am Heidhauser Volkswald eröffnen möchte, aber immer wieder zurückgeworfen wird. Rebecca Lang wird bei dieser Veranstaltung ihre fachliche Sicht einbringen, aber auch als Mutter sprechen.
Denn sie und ihre kleine Tochter Frida waren zum Paradebeispiel für die Schwierigkeiten junger Familien rund ums Thema „Kinderbetreuung“ geworden, als im Sommer die private Kita „Mäusezirkus“ im Frielingsdorfweg ihre Pforten schloss. Was nicht nur die 36-jährige Heidhauserin arbeitslos zurückließ, sondern auch ihrer zweijährigen Tochter den Betreuungsplatz nahm. Frida wurde online bei sieben Kitas angemeldet – aber alle sagten ab.
An ihrem Wohnort Heidhausen stellte Rebecca Lang einen überdurchschnittlich hohen Bedarf an Kinderbildungs- und Betreuungsplätzen fest. In diesem Stadtteil mit seinen vielen Neubaugebieten und Zuzug junger Familien herrscht da nämlich Flaute. Die Betreuungsquote im Stadtteil ist in den letzten Jahren sogar noch gesunken.
Die staatlich anerkannte Erzieherin übernahm die Betreuung von Frida und bekam aufgrund der Berichterstattung dieser Zeitung auch einige Kombi-Angebote: es gibt einen Platz für die Tochter, wenn die Mama als Erzieherin einsteigt. Dies lehnte sie höflich, aber bestimmt ab: „Ich möchte einen ehrlichen Kitaplatz für meine Tochter.“
Seitdem machte sie Druck beim Jugendamt und pochte auf ihren Rechtsanspruch einer Kinderbetreuung: „Ich habe da nicht locker gelassen.“
Kitaplatz-Mangel in Essen: Betroffene fordert mehr öffentlichen Druck
Nun ist es soweit. Frida wird bald drei Jahre alt und bekommt dann einen Platz in der Kita St. Kamillus an der Barkhovenallee, also ganz in der Nachbarschaft. Aktuell läuft die Eingewöhnung und Mama Rebecca ist restlos begeistert: „Frida kommt in die Waldgruppe. Dort wird so eine tolle pädagogische Arbeit geleistet. Meine Tochter ist dort sehr gut aufgehoben.“
Nun könne sie selbst an ihren beruflichen Wiedereinstieg und an Bewerbungen denken: „Ich könnte mir da durchaus einen beruflichen Tapetenwechsel vorstellen. Ich bin da offen für Herausforderungen.“
Also alles gut? Von wegen! Die Erzieherin weiß genau einzuschätzen, dass sie sich schon alleine durch ihren beruflichen Background leichter tat mit der Platzsuche als andere Eltern: „Als Betroffene erlebe ich die Probleme von zwei Seiten. Ich möchte aber für alle Kinder, Eltern und Erzieher sprechen. Wir müssen laut werden und Antworten verlangen.“ Es müsse mehr öffentlicher Druck her.
Konzepte gegen den Fachkräftemangel
Rebecca Lang möchte den Stellenwert ihres Berufes gesteigert wissen: „Was soll da konkret passieren in den kommenden Jahren? Wo sind Lösungsansätze? Was wird getan, um die personelle Situation in den Kitas zu verbessern? Wir haben einen eklatanten Fachkräftemangel. Was nützen da die schönsten Neubauten, wenn es am ausgebildeten Personal fehlt?“
Die Podiumsdiskussion im „Löffelöhrchen“ am 30. November sei ein Anfang, für diese Problematik in Essen zu sensibilisieren.
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