Oberhüthum. Friseur, Rockmusiker und Fantasy-Fan: Alexander Scholten aus Emmerich ist Meister seines Faches mit vielen unterschiedlichen Facetten.
Der Friseursalon Scholten am Bremerweg 61 im Emmericher Ortsteil Oberhüthum ist auf den ersten Blick eher unscheinbar. Ein größeres Fenster mit der Plakatabbildung einer langhaarigen Schönheit, daneben österlicher Schmuck und eine entsprechende Beschriftung lassen Kunden nicht ahnen, dass hinter der schmalen Glastür mit den grün gemusterten Rollos ein nunmehr 78 Jahre altes Unternehmen in Sachen Schönheit ansässig ist – heute mit Kultstatus, wie Fans sagen.
Friseurmeister mit Hang zur Rockmusik
Denn wer den Weg in den kleinen und mit allerlei Dekor ausgestatteten Salon findet, der wird überrascht. Auch wenn der Friseurstuhl 1 direkt am Fenster den gleichen Standort hat, wie es bereits die Erstausstattung in den ersten Nachkriegsjahren hatte, so ist hier nichts irgendwie „alt“ oder „angestaubt“. Schon gar nicht das zweiköpfige Team, in dem Friseur Alexander Scholten als Meister seines Fachs das Zepter, besser gesagt die Schere schwingt.
Gekleidet in leger schwarzen Sachen, mit langer Silberkette mit Keilanhänger um den Hals und großen Tattoos auf dem linken Arm verraten seine akkurat geschnittenen graumelierten Haare und der ebenso stylisch gestutzte Schnäuzer, der in einen Kinnbart übergeht, den Friseurmeister als Mann mit Stil und Hang zu Rockmusik und Metal.
E-Gitarre als echter Eyecatcher
Als Friseurmeister entspricht er wohl eher nicht dem klassischen Klischee. Seinen kleinen aber bunten Salon schmücken demzufolge auch neben eher rar gehaltenen Frisurbildern vor allem kultige Accessoires. So hängen unter anderem Unmengen von kleinen Gitarren- und anderen Musikpins zwischen Meisterbrief und alten Salonfotos an den Wänden. Und natürlich eine E-Gitarre, ein echter Eyecatcher, zweifellos. Wie der gesamte Friseursalon.
Die Geschichte dahinter erzählt Alexander Scholten gerne. Genau genommen ist er die Geschichte dahinter.
Gebürtig aus Kranenburg
Der gebürtige Kranenburger wuchs in Emmerich auf und ist immer hier in „seiner“ Stadt geblieben. Nach dem Abschluss der Mittleren Reife war es für ihn keine Frage, dass er in die Fußstapfen seines Großvaters Heinrich und seines Vaters Heinz trat und ebenfalls Friseur wurde.
Scholten: „Schon im Kindergarten habe ich immer gesagt: ‚Ich werde Rockmusiker und ein bisschen Friseur‘“, lacht er heute. Gelaufen ist es genau umgekehrt. „Friseur und ein bisschen Rockmusiker. Das war für mich damals wie heute richtig so. Andere Optionen kamen mir nie in den Sinn – auch wenn ich später durchaus Interesse für Psychologie und Philosophie entwickelte.“
Salon 1992 vom Opa übernommen
Aber auch da fühlt sich der Emmericher Friseur in seinem Salon, den er 1992 vom Großvater übernahm, gut aufgehoben. Übrigens: Sein Vater hat bis vor drei Jahren ebenfalls noch mit im Salon gearbeitet, den Betrieb aber nie übernommen.
Zurück zur Psychologie und Philosophie: „Als Friseur unterhält man sich ja viel. Es gibt jede Menge Small-Talk. Aber es gibt auch viele tiefsinnige Gespräche, wenn man sich versteht oder schon lange kennt.“
Ein Rat des Großvaters
Das macht den Beruf des „Figaros“ für ihn gleichfalls anstrengend, aber eben auch schön und interessant. In Sachen Gespräche beherzigt er allerdings nicht die Worte seines Großvaters: „Du kannst über alles mit deinen Kunden reden. Nur nicht über Politik und Religion.“
Nicht nur Gespräche führen und zuhören kann Alexander Scholten perfekt. Zumindest beruflich. „Privat bin ich eher ein Typ, der nicht sofort mit jedem warm wird“, gibt er zu. Und sein Handwerk überzeugt natürlich. Jung und Alt gleichermaßen. So betont beim Gespräch mit der NRZ ein älterer Kunde beim Verlassen des Salons: „Ja, Haare schneiden, das kann er. Also ich lasse mir im Salon Scholten seit über 70 Jahren meine Haare schneiden und ich bin immer verletzungsfrei hier rausgekommen.“
Den Meister gemacht
Ganz gleich ob damals beim Großvater, beim Vater oder eben seit 1992 bei Alexander Scholten. Schließlich hat letzterer es direkt nach der Mittleren Reife bei seinem Großvater und Vater erlernt und anschließend seinen Meister gemacht. „Ich liebe es einfach, Haare zu schneiden“, betont Scholten. „Ich bin Haarhandwerker. Gebt mir `ne Schere und Haare – und ich bin in meinem Element. Nur mit Hammer und Bohrmaschine – da kann ich nichts mit anfangen.“
Seit 1989 mit den Brüdern Becker bei White Jester
Und er liebt es zu musizieren. Neben dem Familienleben natürlich. Dazu gehört neben Ehefrau Inger auch Sohn Aaron, der mittlerweile in Wien lebt und kein Friseur ist. Doch zurück zur Musik. Auch das musikalische Gen hat ihm die Familie in die Wiege gelegt, besser gesagt der Vater, der Schlagzeug spielte. „Das war mein erstes Instrument. Aber nur so spielerisch. Mit 12 habe ich dann an der Gitarre gelernt.“
Und das offensichtlich gut. Die erste Rockband wurde 1986 gegründet. Dann folgte White Jester 1989 mit den Brüdern Andreas und Michael Becker. Vier CD’s brachten die drei Jungs in Eigenregie heraus – Konzerte geben sie fast gar nicht – nur für Freunde. „Das ist wirklich Hobby – wir machen noch heute regelmäßig gemeinsam Musik.“, so Scholten.
Der Montag gehört Call me Jaxn
Seit 2021 gibt’s dazu noch die vierköpfige Band Call me Jaxn. Ein Zusammenschluss von vier Freunden: Alexander Scholten (Gitarre und Gesang), Janina Hemmers (Gesang), David van Donzel (Schlagzeug und Gesang) und Björn Kerst (Bass). Der Montag gehört den Jaxn-Proben mit eigenen und gecoverten Stücken: Metal, Hardrock, Alternative Coversongs – von Motörhead bis Ozzy Osbourne.
Die Vier sind so gut, dass sie auch Konzerte geben. Am 16. April wieder im Klever Radhaus (Eintritt frei) und am 10. Mai im Culucu in Kleve-Rindern.
Wenn dann noch Zeit für „Freizeit“ ist, dann widmet sich der Friseur und Rockmusiker gerne dem Schauen von Fantasy- und Horrorfilmen. Das große Tattoo auf seinem rechten Arm zeigt seine Verbundenheit zum „Herrn der Ringe“ von Tolkien. Und soll noch größer werden.
Leidenschaft für die Berge
Seine Frau teilt lieber eine andere Leidenschaft mit ihm: Gemeinsame Wandertouren in der Bergwelt. Scholten: „Im Sommer fahren wir zum 13. Mal nach Hinterglemm in Österreich zum Wandern und Mountainbiken.“ Kraft tanken für seine Leidenschaft Haare schneiden und Rockmusik machen. Beides kraftvoll und gekonnt.
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