Klein-Netterden/Kreis Kleve. Hubert Thüß aus Emmerich Klein-Netterden hat vor zwei Jahren einen Vertrag für Glasfaser unterschrieben – er hat immer noch keinen Anschluss.
Den Vertrag mit der Deutschen Glasfaser hat Hubert Thüß schon vor zwei Jahren unterschrieben. „Und ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht mehr, was ich da unterschrieben habe“, lacht er am Telefon. Denn auch zwei Jahre nach der Werbekampagne der Deutschen Glasfaser hat Hubert Thüß in Emmerich Klein-Netterden noch keinen Glasfaseranschluss.
Es kommt zu weiteren Verzögerungen
So ist der Stand beim Glasfaserausbau im Kreis
Der Kreis Kleve teilt der NRZ mit, dass die „weißen Flecken“ im Südkreis bereits behoben sind. „Weiße Flecken“ sind Adressen, die bisher eine Internetanbindung von unter 30 Mbit/s haben und damit besonders schlecht versorgt sind.
Im Mittelkreis (Weeze, Kevelaer, Uedem, Kalkar und Rees) sind 90 Prozent der Tiefbauarbeiten fertig und über 200 Anschlüsse funktionieren.
Im Nordkreis (Bedburg-Hau, Goch, Emmerich und Kleve) sind 76 Prozent der Tiefbauarbeiten erledigt und 850 Anschlüsse realisiert.
Der Kreis hat ein Förderprogramm zur Beseitigung der „grauen Flecken“ beantragt. Als „graue Flecken“ werden Gebiete definiert, in denen die Versorgung mindestens 30 Mbit/s, aber weniger als 100 Mbit/s im Download vorhanden ist.
Und das kann auch noch dauern. In einem Kundenbrief teilt das Unternehmen mit, dass es leider zu Verzögerungen beim Anschluss kommt. Als Grund gibt die Deutsche Glasfaser an, dass es im Vertragsverhältnis mit dem Baupartner Con-E zu verspäteten oder nicht erbrachten Leistungen gekommen sei. Diese würden derzeit von der Glasfaser eingefordert. Da das Ganze nun juristisch diskutiert wird, hat das Partnerunternehmen die Bauarbeiten in Klein-Netterden komplett eingestellt und will diese auch nicht wieder aufnehmen, heißt es in dem Schreiben, das Hubert Thüß erhalten hat.
Die Deutsche Glasfaser arbeitet bereits an einem Plan B und ist auf der Suche nach einem alternativen Unternehmen, das die letzten Arbeiten durchführen kann. Denn im Prinzip liegt bereits ein Glasfaserkabel in der Straße von Hubert Thüß, der am Kapellenberger Weg nahe der Autobahn wohnt. „Es fehlt nur der Anschluss ins Haus“, sagt Thüß. Dazu müssten noch ein Verteiler und ein Konverter installiert werden, und auch die Trafostation ist seines Wissens noch nicht angeschlossen. Das Glasfaserkabel sei im Juni verlegt worden.
Projekte in Emmerich, Kleve und Goch sind betroffen
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Wie der Kreis Kleve der NRZ auf Anfrage mitteilte, hat die Firma Connect-Energie inzwischen den Vertrag mit der Deutschen Glasfaser gekündigt. Betroffen sind die Projekte in Emmerich, Kleve und Goch. Der Kreis, der den Glasfaserausbau über das Bundesförderprogramm für die so genannten „weißen Flecken“ reibungslos umsetzen will, wünscht sich nun eine schnelle Lösung. Auf die Vertragsbedingungen der Deutschen Glasfaser habe man jedoch keinen Einfluss. „Bislang konnte die Deutsche Glasfaser nicht mitteilen, wann ein neuer Baupartner die Arbeiten fortsetzen wird“, schreibt Kreissprecher Benedikt Giesbers.
Grundsätzlich werde der Ausbau derzeit durch „knappe bauliche Ressourcen und hohe formale Anforderungen der Förderprogramme“ gehemmt, so der Kreis. Auf Bundes- und Landesebene sollen im Rahmen des Programms für die sogenannten „grauen Flecken“ weitere Milliarden in den Glasfaserausbau auf dem Land fließen.
Deutsche Glasfaser sucht einen alternativen Generalunternehmer
Dennis Slobodian, Sprecher der Deutschen Glasfaser, teilt auf Anfrage mit, dass man dabei sei, ein neues Unternehmen zu finden: „Ausgehend von der aktuellen Marktlage, mangelnder Baukapazitäten sowie der erforderlichen Planungs- und Vorbereitungsphase im Fall einer Übernahme durch einen alternativen Baupartner, gehen wir mit einer Wiederaufnahme und Fortführung der Arbeiten mit einem alternativen Generalunternehmer nicht vor Februar 2024 aus. Wir setzen nach wie vor alles daran, die genannten Projekte mit einem neuen Baupartner ordnungsgemäß zum Abschluss zu bringen.“
Das Unternehmen Connect Energie teilt der NRZ schriftlich mit, dass der Brief, den die Deutsche Glasfaser an die Haushalte versendet hat, in verleumderischer Absicht den Sachverhalt bewusst nicht korrekt darstelle. „Wir befinden uns in rechtlicher Auseinandersetzung mit der Deutschen Glasfaser über Leistungen und Zahlungen. Beide Seiten stützen sich hierbei jeweils auf ihre Anwälte. Unsererseits liegen belastbare Rechtsgutachten von Kanzleien vor, welche auch andere frühere Generalunternehmer der DG in Klageverfahren im gleichen Sachverhalt vertreten. Nach diesen Rechtsgutachten dürfen wir wegen Zahlungsverzug der DG unsere Leistungen zurückhalten“, schreibt Sprecher Thomas Scheuse.
Rechtliche Auseinandersetzung zwischen Connect Energie und Deutsche Glasfaser
Scheuse führt aus, dass Connect Energie bisher nicht vergütete Mehrleistungen in Höhe von mehr als 23 Millionen Euro erbracht haben, die nach nach einem Rechtsgutachten durch die Deutsche Glasfaser zu vergüten seien. „Wir empfinden es nicht nur als eine „Geschmacksfrage“ die Verantwortung in dieser Seite einseitig und öffentlich auf uns zu schieben, zudem die DG hier „Serientäter“ ist. Wir finden das auch justiziabel“, so Scheuse.
Ferner schreibt er: „Wir wollen weiterhin die Projekte für die Kunden und den Steuerzahler fertig stellen. Leider ist die DG nicht zu Sachgesprächen bereit. Die Projekte waren schon in 2020 sehr knapp kalkuliert, wir haben seitdem erhebliche Kostensteigerungen und vor allem mussten wir gegenüber den Vertragsgrundlagen sehr viel teurere Arbeitstechniken einsetzen. Wir haben so mindestens 25, eher 30-40 Prozent höhere Kosten (von Gewinn keine Rede mehr) als vereinbart.“
Die gesamte Branche steht unter Druck
Nach Informationen der Wirtschafts- und Finanzzeitung Handelsblatt „bricht“ derzeit der Glasfasermarkt zusammen. Die Warnung geht auf Aussagen eines Geschäftsführers eines großen Anbieters zurück. Ausländische Investoren würden erwägen, den deutschen Markt zu verlassen und selbst große Anbieter hätten bundesweit Probleme, ihre Ausbaupläne bis in die Häuser umzusetzen. Ein Grund sei das deutlich gestiegene Zinsniveau und auch die Renditeannahmen seien zu optimistisch gewesen.
Hubert Thüß aus Emmerich Klein-Netterden weiß noch nicht, was er tun soll. „Den Vertrag zu kündigen, macht wahrscheinlich keinen Sinn. Ich habe ja keinen anderen Anbieter“, sagt er. Solange er für die Glasfaser nichts bezahlen muss, will er abwarten und hoffen, dass die Deutsche Glasfaser endlich liefert.