Rees. Der Reeser Wochenmarkt ist mit 18 Ständen und einer üppigen Auswahl für eine Kleinstadt außergewöhnlich groß. Das ist das Erfolgsrezept.
11.10 Uhr. „Gleich geht’s wieder los!“, weiß André Rieswijk. Dann kommt – nach dem Verkauf von Frischfisch mit Marktbeginn ab 8 Uhr – die zweite große Kundenwelle, um Backfisch und Kibbeling frisch aus dem heißen Ölbad zu genießen. Also Stress? „Nein“, winkt Rieswijk lachend ab, das schaffen wir mit zwei linken Händen. Schon steht der erste Kunde vor der Theke. „Wie immer Backfisch?“, wird er gefragt, was mit einem Nicken quittiert wird. Sofort befördert Rieswijk, Fischhändler und Chef de Fritteuse in Personalunion, das Filet ins zischende Fett. Hier beim „Vis van Wennekes“ machen mittags viele Kunden Rast, um sich zu stärken.
Oder sie holen sich gegenüber bei „Mücke’s Futterbude“ alias Andreas Hager, eine Erbsensuppe. Andere lassen sich an dort das mitgebrachte Kochgeschirr mit ein paar Schöpflöffeln Gemüsetopf füllen.
Wochenmarkt in Rees
Seit 5 Uhr ist Andreas Hager bereits auf den Beinen, um Suppe, Gemüsetopf und Frikadellen herzustellen. Gegen 10 Uhr, gute zwei Stunden später als die anderen Marktbeschicker, rollte sein Verkaufswagen auf den Marktplatz. Natürlich wurde er schon erwartet. „Die Reeser Kunden sind einfach unschlagbar“, sagt Hager später. „Letzte Woche“, erzählt er, „war ich bei 31 Grad nach anderthalb Stunden schon ausverkauft. Erbsensuppe geht hier bei jedem Wetter!“
Um mit Lisa Bienefeld-Brands ins Gespräch zu kommen, muss man Geduld aufbringen. Der Kundenstrom an „Lisa’s Biohandel“ reißt einfach nicht ab. Hier gibt es „100 % Bio“ ist auf einem Schild zu lesen. „Bio-Lisa“ hat Hiesiges wie Exotisches im Angebot von A wie Apfelsinen bis Z wie Zwiebeln.
Eine ihrer Stammkundinnen ist Carla Gottwein. Diese junge Frau musst du unterstützen, den Stand dürfen wir nicht verlieren, habe ihr die frühere Hotel-Chefin Magda Dresen vor Jahren dringend empfohlen, erzählt Carla Gottwein. Doch jetzt ist Schluss. Lisas letztes Markttag ist da. Aber keine Sorge: Der Stand selbst bleibt, Vater Thomas Brands übernimmt. „Wir machen‘s anders: Wir übergeben von der jüngeren an die ältere Generation“, scherzt die Händlerin. Wie derzeit wird weiterhin vieles aus eigenem Anbau über die Theke gehen wie Gurken, Auberginen oder die beliebte orange-rote Eiertomate.
Bohnen sind seine Leidenschaft
Ludger Rüttermann war schon als Zehn-, Zwölfjähriger auf dem Reeser Markt, „um Papa zu helfen“. Der Xantener ist nach Vater Norbert und Großvater Karl in dritter Generation Anbieter von Obst und Gemüse in Rees. Dabei kommen einige Gemüse, zum Beispiel Bohnen, ob Wachs-, Busch-, Stangen- oder dicke Bohnen, aus eigenem Anbau. Besondere Wertschätzung bei seinen Kunden erfahren seine Tomaten. „Auch die züchten wird selbst, was hierzulande ja kaum noch einer macht“, sagt er. Alles, was er selbst zur Ernte bringt, ob Zucchini, Tomaten oder Gurken, gibt es am Stand auch als Pflanze. „Inklusive Gärtnertipps“, verspricht Rüttermann.
Weiteres Obst und Gemüse (und Enteneier) findet man bei Claudia und Johannes Hemmers, seit 1988 beliefern sie regelmäßig die Reeser. Auch sie haben neben Händlerware Selbstangebautes im Angebot. „Wie Kartoffeln und Kräuter aller Art“, erzählt Claudia Hemmers. Ehemann Johannes ist wochentags bei den Bauern in der Nachbarschaft in Neulouisendorf unterwegs, um Frisches wie Kohlrabi und Kürbis für den Stand einzukaufen, während seine Frau Marmeladen rührt mit Früchten aus den eigenen Beeten oder aus Nachbars Gärten. Hier wie an vielen anderen Ständen auch, stehen nicht nur Einheimische vor dem Standtisch, sondern auch oft Wohnmobilisten und Ferienhausbewohner.
Ein Treffpunkt für Gespräche
Der Reeser Markt ist ein für eine Kleinstadt beachtlich mit 18 Ständen. Er ist zudem ein Treffpunkt, hierher kommt man zum Kaufen und Klönen. Oder, um sich Rat zu holen. Zum Beispiel bei Gewürzhändler Christian Dümeland-Schäfer, der „Kräuter und Gewürze aus aller Welt“ anbietet. Carmen Wissing sucht Chilis, nicht zu feurig, aber auch nicht zu wenig scharf, mit denen sie Gulasch und Bologneser Soße den richtigen Pep verleihen möchte. Hier erfährt sie vom Händler nebenbei, wie man Beinwell-Wickel macht, wenn mal die Gelenke schmerzen.
Top-Seller am Käsestand von Iwan Vierbergen, der Käsespezialitäten aus den Niederlanden, aus Österreich der Schweiz und Frankreich im Angebot hat, ist sein Nordholland-Gouda. „Der geschmacklich beste Gouda überhaupt“, sagt Vierbergen. „Hier geht es nicht um den Preis, sondern um Qualität“, sagt er.
Die Reeser haben sich an Ziegenmilch gewöhnt
Käse gibt es auch bei „Geiten Geluk“, übersetzt Ziegenglück. Der Start von Lisanne van de Mast vor vier Jahren auf dem Reeser Markt war etwas holprig. Doch nun läuft der Verkauf von Ziegenquark und -joghurt mit und ohne Frucht, Vanillepudding aus Ziegenmilch, von Ziegenfleisch und -mettwurst bestens. Sie erzählt ihren Kunden gern von den derzeit 60 Geißen und 87 Lämmern auf ihrem Hof in Siebengewald (NL), Geißlein, die noch bei ihrer Mutter aufwachsen und die ihr Horn behalten dürfen.
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Der Ziegenmolke, ein Abfallprodukt bei der Käseherstellung, wird an Schweine verfüttert, deren Schinken ebenfalls hier am Stand verkauft wird. „Ich möchte einen ganzen Schinken bestellen“, sagt Hildegard Michel aus Grietherbusch. Früher hat sie Schinken, für sie der „König des Aufschnitts“ regelmäßig aus dem Normandie-Urlaub mitgebracht. Jetzt kauft sie ihn, weil sie nicht mehr so weit reisen möchte, vor Ort. Er schmeckt unvergleichlich gut“, schwärmt sie und deutet auf das eingeschweißte Stück am Stand „Geiten Geluk“. Er habe noch einen Fettrand und „richtig Geschmack“.