Rees. Die Politik hat die Ziele des Klimaschutzes bis 2045 in einem Teilentwurf beschlossen. Welches große Einsparpotenzial die Bürger direkt betrifft.

Was am Donnerstag, 9. Februar, 18 Uhr, im Bürgerhaus Rees vorgestellt wird, wurde am Donnerstag der Politik im Ausschuss für Umwelt, Planung, Bau und Vergabe vorgestellt: der Teilentwurf zum Klimaschutzkonzept in Rees. Die Kernfrage hierbei lautet: Wie viel Klimaschutz traut sich Rees bis 2045 zu? Ein Thema, dass die Politik intensiv diskutierte. Gegen die Stimmen der FDP wurde der Teilentwurf beschlossen.

Die Bundesregierung hat das Ziel ausgerufen, bis 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Rees könne dieses Ziel nur erreichen, wenn man alle Potenziale voll ausschöpft. Wird der Trend so fortgeschrieben, wie er aktuell ist (Trend-Szenario), werde Rees das nicht schaffen können, erklärte Lara Kiesau von der Firma Gertec.

Das Ziel: 55 Prozent der Treibhausgase bis 2038 einsparen

Allerdings, das machte Klimaschutzmanager Dominik Lenkeit deutlich, hat Rees nur direkten Einfluss auf 20 Prozent des Handlungsspielraums. Weitere 20 bis 40 Prozent indirekten Einfluss. Der Rest wird auf Bundes- und Landesebene behandelt. Deshalb plädiere die Stadt Rees auch für einen Mittelweg: Sogar bis 2038 soll bei den Treibhausgasen ein Minus von 55 Prozent – also 104.000 Tonnen CO2-Äquivalente (Summe der unterschiedlichen Treibhausgase umgerechnet in CO2) im Jahr erreicht werden im Vergleich zu 2020. „Das entspricht dem Trend-Szenario plus zehn Prozent plus der Effekt des Maßnahmenkonzeptes von X Prozent“, so Lenkeit.

Die CO2-Bilanz wird in Rees auch stark durch den Rhein und die Autobahn beeinflusst, wo es keinen lokalen Einfluss gibt. Helmut Wesser (Grüne) fragte nach dem Ausmaß: „Die Schifffahrt erzeugt 16,4 Prozent. Bei der Autobahn können wir das noch nicht genau sagen“, so Kiesau.

Warum die FDP nicht zustimmen konnte, obwohl sie Klimaschutz will

Das gleiche Rechenmodell soll bei der Endenergieeinsparung angewandt werden: Es sollen minus 45 Prozent erreicht werden zu 2020, sodass 2045 nur noch 350 Gigawattstunden im Jahr verbraucht werden.

Darum lehnte die FDP ab, obwohl sie grundsätzlich den Klimaschutz will: „Wir können nicht einem Konzept zustimmen, in dem steht, wir werden die Ziele nicht erreichen“, erklärte Christian Schulze-Böing. „Wir werden sicherlich alles geben. Aber die Schifffahrt können wir nicht beeinflussen. Deshalb haben wir uns für ein realistisches Ziel ausgesprochen“, so Kämmerer Andreas Mai.

Diskussion über Begrifflichkeit: „Soll“ heißt juristisch „Muss, es sei denn...“

„Wir machen nicht genug. Heute kann der Wendepunkt für den Reeser Klimaschutz sein. Da steht überall ‘soll’. Wir müssen uns verpflichten. Da muss ‘muss’ stehen“, unterstrich Dennis Gollasch von den Grünen. Andreas Mai erinnerte aber an die juristische Definition, wonach „soll“ einem „muss, es sei denn“ entspreche: „Ein Festbinden kann eine Sackgasse bedeuten.“ Mai warb für einen pragmatischen Ansatz und dafür, die knappen Reeser Finanzen im Blick zu halten.

Das Wichtigste sei, dass man den zu erarbeitenden Maßnahmenkatalog dann auch mit Leben fülle: „Ich bitte um eine ordentliche Umsetzung. Das ist das Herzstück des Klimaschutzkonzeptes“, sagte Lenkeit.

Windenergie-Zonen werden auf weiteres Potenzial überprüft

Klaus Syberg (CDU) fragte, ob Photovoltaik auf dem Wasser ein Potenzial habe: „Ja, Floating-PV-Anlagen sind mit im Konzept“, versicherte Lenkeit. Etwa beim neuen Freizeitpark am Reeser Meer sei dies vorgesehen.

Peter Friedmann (SPD) wollte wissen, ob neue Windkraftkonzentrationszonen ausweisbar seien oder ob eher ein Repowering – also ein Austausch älterer Anlagen gegen neue, leistungsfähigere. Bauamtsleiterin Elke Strede möchte eher die bestehenden Zonen nach der neuen Gesetzeslage prüfen, die geringe Abstände und ein Überschreiten der Grenzen durch die Rotorblätter vorsieht. Bei dem, was möglich ist, liege Rees jetzt schon bei 160 Prozent: „Das ist Platz 1 in NRW“, erinnerte Mai.

In Sachen Windenergie hat Rees sein Potenzial schon sehr gut ausgeschöpft und belegt einen Spitzenplatz in NRW. Hier eine Anlage, wie sie 2017 an der Straße Kattenbruch in Heeren-Herken errichtet wurde.
In Sachen Windenergie hat Rees sein Potenzial schon sehr gut ausgeschöpft und belegt einen Spitzenplatz in NRW. Hier eine Anlage, wie sie 2017 an der Straße Kattenbruch in Heeren-Herken errichtet wurde. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

„Ist ein Tempo 30 grundsätzlich in allen Ortsteilen angedacht?“, fragte Friedmann auch. Diese Fragestellung werde für die kommende Sitzung gerade vorbereitet, so Strede: „Wir haben da ein Pilotprojekt im Sinn.“

>> Rees erzeugt 130 Prozent an Strom aus Erneuerbaren Energien

Lara Kiesau stellte die Zwischenergebnisse vor. Bei der Endenergie hat Rees von 1990 bis 2020 bei einem Bevölkerungsplus von 13 Prozent neun Prozent des Verbrauches eingespart.

Bei den Erneuerbaren Energien (EE) ist Rees sehr weit. 2020 wurden 129 Prozent des gesamtstädtischen Strombedarfs durch EE erzeugt; Nachbarn werden also schon mit versorgt. „Ein Stückweit Nachholbedarf“, so Kiesau gebe es bei der Wärmegewinnung durch EE, wo Rees 2020 nur 10,2 Prozent erreichte. Das größte Potenzial biete hier die Raumwärme in privaten Haushalten, wo durch Modernisierungen der Heizungen noch viel erreicht werden könne.