Rees. Die Raunächte sind vielen Reesern heute kein Begriff mehr. Nachtwächter Heinz Wellmann klärt über den Mythos auf. Das Interesse war enorm.
Als Nachtwächter gewandet führt Heinz Wellmann regelmäßig durch die Reeser Innenstadt. Einmal im Jahr, am 30. Dezember, berichtet der Nachtwächter bei seiner Tour über den Aberglauben der Raunächte. Mit dieser Tour wird traditionsgemäß das alte Jahr bei einem gemeinsamen Glühweinumtrunk verabschiedet.
Die Raunächte dauern zwölf Nächte
„Die Raunächte sind die zwölf Nächte, die zum Jahreswechsel das Schicksal der Menschen bestimmen, sechs davon im alten und sechs im neuen Jahr“, erklärte der Nachtwächter, „und was man in den Nächten träumt, wird in den darauffolgenden Monaten Wirklichkeit“.
Welche Mythen es rund um die Raunächte gibt
Weitere Mythen lernten die Teilnehmer kennen: Auf das Wäsche waschen sollte man in den Raunächten verzichten, denn das Aufhängen der Wäsche ist gefährlich. Die Geister stehlen, dem Volksglauben nach, die weißen Leinentücher von der Wäschestange und verwenden sie im neuen Jahr als Leichentücher für ihre Besitzer.
„Wenn Tiere auf einmal sprechen und sich über ihren Herrn beschweren, sind diese des Todes“, sagte Wellmann. Frauen sollen in diesen Tagen das Spinnen unterlassen, die Männer das Kartenspielen. Silvester ist das Tor zur Unterwelt geöffnet, die Geister der Getöteten kommen in unsere Welt und nehmen Rache. Um die bösen Geister zu vertreiben, sollten die Häuser ausgeräuchert werden.
Rund 60 Interessierte nehmen an der Themenführung in Rees teil
Obwohl es fast den ganzen Tag regnete, nahmen rund 60 Personen an der Themenführung teil. Kaum zu glauben, es gab an dem Tag nur ein Zeitfenster ohne Regen, und zwar genau von 19 bis 21 Uhr – dem Zeitpunkt der Tour.
Aber auch über das frühere Wirken des Nachtwächters in der Rheinstadt erfuhren die Gäste einiges. Wellmann stellte seine Ausrüstung wie die Hellebarde, eine lange Hieb- und Stichwaffe vor. „Nur mit ihr konnte ich mir Gelump vom Halse halten“, erläuterte der Nachtwächter und demonstrierte zugleich den Einsatz an einem mehr oder weniger erschrockenen Teilnehmer.
Die Aufgaben des Nachtwächters im Mittelalter waren das Verschließen der Stadttore, die Kontrolle, ob die Bürger ihre Häuser abgeschlossen hatten und ob sie das Feuer und die Lichter gelöscht hatten. Zur vollen Stunde blies er in sein Horn und besang die Uhrzeit: „Liebe Leute lasst euch sagen, die Uhr hat acht geschlagen…“. Der Nachtwächter war extrem unbeliebt, mit ihm redete höchstens der Henker oder der Totengräber.
Sprichwörter aus dem Mittelalter
Äußerst kurzweilig brachte Wellmann den 60 Personen das Leben im Mittelalter nah und erklärte heute gängige Sprichwörter, die ihren Ursprung in dieser Zeit fanden: „Den Löffel abgeben“, „Weg vom Fenster“ oder „Mit gleicher Münze heimzahlen“.
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Auch Maßeinheiten aus dem Mittelalter sind heute noch in aller Munde: ein Katzensprung ein Steinwurf oder auch ein Quäntchen Glück. Zwischendurch führte Wellmann die Besucher in die katholische Kirche und ins Koenraad Bosman Museum. Dort erklärte er am Stadtmodell wie Rees im 16. Jahrhundert aussah.
Im Anschluss ging es in die, im 15. Jahrhundert erbaute Kasematte unter dem Museum. Auch die derzeitige Ausstellung des Reeser Geschichtsverein Ressa über die Reeser Mühlen begeisterte die Teilnehmer. Direkt nach dem Museum zog man weiter in den Skulpturenpark, dort wartete ein gemütlicher Glühweinstand mit Feuerkörben auf die Gäste.
>>> Das weitere Angebot
Nachtwächterführungen lassen sich für Gruppen über die Stadt Rees vereinbaren. Die nächste öffentliche Nachtwächterführung findet am 24. März statt.
Die Stadt Rees bietet weitere Führungen wie „Keller, Kerker, Kasematten“, „Hein vom Rhein“, „Auf den Spuren der ältesten Stadt am Niederrhein“ an.
Vom 30. März bis 30. Juni sind auch zahlreiche Führung zu der Ausstellung „Alltagsmenschen“ geplant.
Weitere Informationen findet man auf der Homepage der Stadt Rees: www.stadt-rees.de