Emmerich. Seit Anfang September gilt für die Fahrradstraße Wallstraße Vorfahrt. Viele sind noch verunsichert. Das sagen Kommentatoren, Stadt und Polizei.
Marco Virgillito
Viel diskutiert wird in Emmerich über die Fahrradstraße an der Wallstraße in Emmerich. Nachdem diese bereits im Dezember 2021 eingeführt wurde, scheint für die Bevölkerung die Änderung der Vorfahrtsregelung an den Kreuzungen Agneten-/Burg-/Wallstraße und Wallstraße/Pesthof Anfang September gravierend zu sein.
Besonders in den Sozialen Medien wird kontrovers diskutiert, wohl wissend, dass gerade bei Facebook gerne gemeckert wird und Befürworter sich dann nicht mehr äußern, weil sie nicht in die Diskussion hineingezogen werden wollen. Aber auch am Draht zur NRZ äußern Bürger ihre Sorge. Vor allem die Kreuzung Wallstraße/Pesthof wird von vielen nun als gefährlich eingestuft.
Verkehrsteilnehmer wirken verunsichert
„Schwierig, wenn Fahrradfahrer selbst nicht wissen, was sie jetzt dort machen sollen. Von beiden Seiten kamen Autos und blieben stehen, weil Radfahrer kamen. Diese bleiben plötzlich auch stehen. Dazu kommt dann noch ein Auto von Richtung Trinkgut. Alle stehen und warten auf den anderen, es wird den Radfahrern hektisch von allen Seiten gewunken, die ersten Hupen ertönen hinter den Autofahrern, Verzweiflung macht sich breit, nach einer gefühlten Ewigkeit fahren dann irgendwie alle auf einmal los, es wird gehupt, geschimpft, Köpfe geschüttelt, begleitet von abwertenden Gesten. Top Idee“, hat etwa Daniela Gabsteiger beobachtet.
„Rücksichtslosigkeiten dort ohne Ende. Als Fahrradfahrer kann ich nur raten, trotz Vorfahrtsstraße dort schön langsam nach rechts und links zu schauen, auch mal absteigen und den nicht vorfahrtsberechtigten Verkehr einfach durchzulassen und sich nicht weiter aufzuregen“, rät Arndt Jansen.
Kommentatoren sorgen sich und rechnen mit Unfällen
Auch interessant
Auch Dana Scheibe ist skeptisch: „Die Autofahrer brettern trotzdem noch durch. Da halte ich lieber an, um nicht unter die Räder zu kommen.“ Jens Scheibe schreibt: „Das ist ein Witz. Bei Trinkgut fahren die Autos trotz Einbahnstraße falsch, interessiert doch eh keinen.“ Wilma Tekaat findet: „Diesen Schwachsinn werde ich nicht nutzen. Das schreit schon nach einen Unfall!“
Aber es gibt auch Befürworter wie Gaby Hövelmann, Grünen-Politikerin: „Die jetzige Lösung zu einer wirklichen Fahrradstraße ist sehr gut gelöst. Chapeau für die gute Umsetzung.“
Stadt Emmerich geht davon aus, dass Verkehrsteilnehmer sich erst gewöhnen müssen
Für die Stadt Emmerich ist die Bewertung der Vorfahrtsänderung noch zu früh. „Wir haben die Vorfahrtsregelung etwa am Pesthof auf den Kopf gestellt. Natürlich muss man sich daran gewöhnen“, sagt Stadtsprecher Tim Terhorst. Die Stadt verschließe die Augen vor der Kritik nicht und beobachte die Situation weiter.
Terhorst erinnert daran, dass es immer wieder Forderungen gab, für Radfahrer am Großen Wall eine Verbesserung zu schaffen. Die Fahrradstraße auf der parallel laufenden Wallstraße sei eine Alternative dazu geworden. „Es ist auch ein wichtiges Signal zur Förderung des Radverkehrs in der Innenstadt. Dadurch wird natürlich automatisch der Autoverkehr zurückgedrängt.“
Stadt Emmerich: Rückstau an sich muss noch nicht gefährlich sein
Dass es in Einzelfällen zu Rückstau bis auf die L7 kommen könne, schließt die Stadt nicht aus. Was aber nicht bedeute, dass der Verkehr zum Erliegen komme. Im Prinzip könne es zu Rückstau an jeder Kreuzung mit der L7 kommen. „Es gilt das Gebot der Rücksicht und Aufmerksamkeit. Und dann ist auch nicht jeder Rückstau gleich gefährlich“, sagt Terhorst.
Gerade Bürgermeister Peter Hinze habe sehr viele Reaktionen auf die Fahrradstraße bekommen, so Terhorst. Negative, aber auch viele Positive. Es gebe auch einige Fahrradpuristen, die sogar kritisierten, dass dort überhaupt noch Autoverkehr auf der Wallstraße zugelassen sei.
Polizei glaubt, dass die Verkehrsteilnehmer sich daran gewöhnen werden
Übrigens: Demnächst wird auf die rote Fahrbahn noch in Weiß ein Radfahrer-Symbol aufgetragen, was vielleicht noch deutlicher macht, dass dies eine Fahrradstraße ist.
Was sagt die Polizei? „Es ist noch zu früh, um die Zahlen zu beurteilen“, so Sprecherin Corinna Saccaro. Der Bezirksdienst bestätige zwar eine gewisse Unsicherheit der Verkehrsteilnehmer mit der neuen Vorfahrtssituation, aber es seien auch noch keine Unfälle zu verzeichnen. „Die Polizei schätzt die Lage so ein, dass sich das noch einspielen wird“, so Saccaro.
+++ Das hatte die NRZ zuvor berichtet +++
Auf dem Weg zur „fahrradfreundlichen Stadt“ optimiert die Stadt Emmerich am Rhein die Fahrradstraße auf der Wallstraße und Burgstraße weiter. Jüngst wurde die Vorfahrtsregelung an den Kreuzungen Agnetenstraße/Burgstraße/Wallstraße und an der Wallstraße/Pesthof zu Gunsten der Fahrradstraße geändert.
Um dies zu verdeutlichen, haben Mitarbeiter der Kommunalbetriebe in den vergangenen Tagen Markierungen auf der Straße angebracht. Außerdem weisen Verkehrsschilder auf die geänderte Vorfahrtsregelung hin.
Kreuzungsbereiche sollen noch rot eingefärbt werden
Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Emmerich und Umgebung
- Emmerich: So ist es um die Emmericher Finanzen bestellt
- Emmerich: Lehrermangel im Kreis Kleve
- Rees: Ein Wimmelbuch für Rees
- Anholt: Die DRK-Kita in Anholt wird erweitert
- Lesen Sie hier alle Nachrichten aus Emmerich, Rees und Isselburg
Inzwischen wurde der Verlauf der Fahrradstraße in den Kreuzungsbereichen zusätzlich noch rot eingefärbt. Immer wieder sind bei der Stadtverwaltung Hinweise eingegangen, dass Autofahrer das Einfahrt-verboten-Schild an der Einfahrt zur Fahrradstraße an der Ecke Wallstraße/Zum Löwentor nicht richtig oder zu spät sehen können und deshalb verkehrswidrig in die Wallstraße einbiegen.
Um hervorzuheben, dass die Einfahrt für Kfz von dieser Seite nicht zulässig ist, wurde im Zufahrtsbereich eine Verkehrsinsel installiert, auf die in Kürze auch das Verkehrsschild montiert wird. Damit ist die Sichtbarkeit deutlich verbessert.
Banner sollen Verkehrsregeln der Fahrradstraße verdeutlichen
„Aktuell sind außerdem noch Banner in Produktion, mit denen wir die Verkehrsregeln der Fahrradstraße in Kurzform verdeutlichen wollen“, erläutert Regina Pommerin, im Rathaus zuständig für die Umsetzung des Nahmobilitätskonzeptes, mit dem Fuß- und Radverkehr in der Stadt gefördert werden sollen. Eingerichtet wurde Emmerichs erste Fahrradstraße Ende vergangenen Jahres auf der Wall- und Burgstraße und dient so als sichere Alternativstrecke für Radfahrer zur L7/Großer Wall.
Die Fahrradstraße ist mit dem Zusatzzeichen „Anlieger frei“ versehen, somit können zwar alle Kraftfahrzeuge die Straßen ebenfalls benutzen, müssen sich jedoch eher als geduldeter Gast sehen. Denn es gilt: Radfahrer dürfen in Fahrradstraßen ausdrücklich nebeneinander fahren, in beliebig hoher Zahl und sofern sie den entgegenkommenden Verkehr nicht behindern.
Es gilt: maximal Tempo 30 km/h für Autofahrer
Es gilt maximal Tempo 30 km/h für Autofahrer, ohne Fahrradfahrer zu gefährden oder zu bedrängen. Parken entlang der Fahrradstraße ist in den gekennzeichneten Flächen oder auf Angrenzenden Parkplätzen weiterhin erlaubt.
In Verbindung mit der Fahrradstraße darf die Wallstraße vom „Großen Löwe“ aus kommend nicht mehr mit dem Auto befahren werden. Allerdings dürfen Kfz-Fahrzeuge, die zum Beispiel vom ortsansässigen Getränkemarkt kommen, über die Wallstraße in Richtung Pesthof fahren („Unechte Einbahnstraße“). Autofahrern, die sich nicht an die Regeln der Fahrradstraße halten, müssen mit Bußgeldern rechnen.
>> Bürgerbus Verein sieht die Planung kritisch
Derweil hat Barbara Barbion vom Bürgerbus Verein Emmerich Stellung bezogen zu der neuen Fahrradstraße: „Als Fahrerin des Bürgerbusses in Emmerich muss ich heute meinen Unmut für die neue Fahrradstraße in Emmerich aussprechen. Ich möchte gerne das Superhirn kennenlernen, das sich dieses ausgedacht hat. Natürlich brauchen wir in Emmerich Fahrradwege, sage ich auch als Radfahrer, gut angelegt und gut ausgebaut. Aber keine Fahrradstraße, die den Autoverkehr und die Fußgänger gefährdet.“
Barbion erklärt auch die Problematik: „Vielleicht beobachtet man als Verantwortlicher mal einen ganzen Tag die Verkehrssituation an diesen beiden Überquerungen. ls Beispiel möchte ich anmerken, wenn man von der Van-Gülpen-Straße kommt, über die Ampel fährt und dann stehen bleibt, gefährde ich den gesamten nachfolgenden Verkehr. Meiner Meinung hat man keine Konversation zusammen mit Autofahrern und Radfahrer gemacht. Ich finde es sehr unüberlegt, wie viele Projekte in unserer schönen Stadt Emmerich in den Sand gesetzt werden.“