Rees-Haldern. Große Hitze: Das Haldern Pop Festival – präsentiert von der NRZ – hat am Donnerstag mit Konzerten in der Kirche und auf dem Marktplatz begonnen.
Heiß war das Publikum am Donnerstag auf die Rückkehr des großen Haldern Pop Festivals, wie es zuletzt 2019 gefeiert wurde. Heiß sind auch die Temperaturen. 33 Grad zwischenzeitlich. Zum Glück bot das Wechselspiel Kirche und Marktplatzbühne auch schattige Plätze. Zu allen anderen sagte Sänger Gisbert zu Knyphausen passend: „Schön, dass ihr trotzdem in der Sonne steht.“ Haldern Pop selbst schien die Sonne nicht nur mit einem Strahlen zu nehmen, mittags wurde das Festivalgelände erstmal ordentlich gewässert. Bei der Trockenheit sollte bloß nicht eine Zigarettenkippe ein Feuerchen entzünden.
Etaoin berührte die Zuhörer
Schnell machte sich derweil im Ortskern die typische Stimmung breit: alle total entspannt, ein Lächeln im Gesicht, erfreut nette Menschen wiederzusehen. Das ist Haldern Pop – übrigens wieder präsentiert von der NRZ. Wo es ansonsten um die Musik geht. Die Musik war mal wieder durchweg von der Mindestqualität, wie man sie von Haldern gewohnt ist. Stach ein Auftritt bis zum Nachmittag heraus? Vielleicht einer: Etaoin.
Einen Gefühlsspagat legte die Irin in der Kirche hin. Die Frohnatur war eigentlich freudig-aufgedreht, aber für ihre Lieder konnte sie sich an den Herzschmerz erinnern, der mit einem gewissen Matthew verbunden war. Ihre durchaus kraftvolle Stimme brachte zerbrechliche Momente hervor. Das rührte sie und manch einen Zuhörer zu Tränen. Für „Dog with a Bone“ kamen dann noch Cantus Domus vor den Altar – nur die Frauen des Chores. Stark mal wieder, wie sie die Stimmung unterstrichen.
Husten-Bassist fehlte wegen Husten
Gisbert zu Knyphausen, dieser Poet mit der unverkennbaren Stimme – diesmal kam er mit seiner Band Husten zum Festival. Die Musik ist im Vergleich zum Solo-Programm pop-rockiger, verspielter, leichter zugänglich. Schön, wie bei „Maria“ gegenüber der Kirche auf der Marktplatzbühne die Kirchenglocken läuten. Das Sextett schaffte es trotz dreier Gitarren plus Bass nie überladen zu klingen. Die gute Harmonie war fast überraschend: „Wir haben unterwegs ein Mitglied von Husten wegen Husten verloren, aber mit Felix Ersatz gefunden“, sagte zu Knyphausen. Na, denn: gut eingeführt, der Bassist.
Den Auftakt auf der Marktplatzbühne gab Emilie Zoé am Mittag. Nur mit Gitarre und Schlagzeug erzeugten sie und ihr Drummer einen satten Sound – Wachmacher-Rock, den sie voller Elan darboten. Bei diesen Saiten-Exzessen vibrierte die große Linde. Das Publikum fand schnell einen Draht. Nicht untergehen sollten die warnenden Botschaften, denn die Songs des jüngsten Albums „Hello Future Me“ sind als Briefe an die Zukunft zu verstehen; „Wenn wir unsere Wünsche ausdrücken und teilen, dann gibt es eine Chance, dass sie wahr werden“, sagte Zoé und erntete Sonderapplaus.
1000 Robota mussten sich erst warm spielen
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Zunächst etwas eingerostet wirkten 1000 Robota, die 2011 ihre Band schon in den Ruhestand geschickt hatten. Diverse Sound-Anpassungen waren beim Live-Spiel noch erforderlich. Aber sie spielten sich ein. Ihr mal verspielter, mal düsterer Punk-Rock, der am 30. September auch zu dem ersten Album nach zwölf Jahren führen soll, kommt wortstark und mit eindringlichen Gitarren daher. Willkommen zurück.
Zum Auftakt um 11 Uhr in der St. Georg-Kirche kamen etwa 120 Gäste, um das ungarische Trio Terra Profonda zu sehen. Das Festival ist kein Frühaufsteher. Die einmalige, raue Gewalt-Stimme von Vincenzo Lo Buglio rüttelt wach, kribbelt im Bauch. Die folkloristischen Klänge ernten viel Applaus.
Abgefahren Interpretation von Franz Schubert
Eine echt abgefahrene Interpretation von Franz Schubert boten dann das Duo Pits aus der Ukraine mit Jan Brauer. Klassik trifft auf Jazz und Elektro. Ein Zwiegespräch mit der Moderne. Der erhabene Gesang von Viktoriia Vitrenko sucht das Zwiegespräch mit dem eher jazzigen Piano-Spiel von Vitaliy Kyianitsya. Die Beats machen Schubert fast tanzbar.
Richtig voll war die Kirche für Aaron Smith. Der junge Engländer Solo an der Gitarre berührte die Zuhörer mit seinem sanftmütigen Falsette. Die Balladen brachten ihm tosenden Beifall ein. Die Kirche erwies sich als ideale Bühne mit einem traditionell äußerst aufmerksamem Publikum. Die Emotionalität der Lieder konnte sich entfalten.
Ja, Deutsch ist ok...
Auch Cellistin Anne Müller sorgte für ein volles Kirchenhaus. „Ich hoffe, Deutsch ist ok?!“, sagte sie noch bei ihrer Ansprache. Ja, sicher. So international ist es im Dorf noch nicht. Ihre klassische, experimentelle Musik, die mit vielen Loops arbeitet, überzeugte. So klappt das mit der Klassik beim Pop Festival sehr gut.
Tagestickets und digitale 3-Tages-Karten sind noch welche verfügbar. Unter www.pop-tickets.com. Im nächsten Bericht geht es um die Konzerte am Donnerstag auf dem Hauptfestivalgelände, die ab 17 Uhr starteten.