Emmerich-Hüthum. Trotz guter Ernte: Landwirt Alexander Bossmann hadert mit dem Erdbeer-Anbau. Das sind die Gründe für die aktuell schwierige Lage am Ingenhof.

Wird es künftig keine Erdbeeren mehr aus Emmerich-Hüthum geben? Landwirt Alexander Bossmann, an dessen Ingenhof seit 63 Jahren die süßen Früchte angebaut werden und der somit ältester Marktbeschicker Emmerichs ist, sieht sich am Scheideweg: „Tatsächlich gibt es Probleme. Ich hadere mit dem Erdbeeranbau.“ Nicht nur in den Supermärkten, auch der Privatverkauf laufe nicht so gut, wie erwartet. Und das in einem aus Anbausicht gutem Jahr. Im Frühjahr gab es wenig Frost. Die Felder böten reichlich Erdbeeren.

Da sind auf der einen Seite die Verbraucher. Hier liegt für Bossmann der Verdacht nahe, dass der Ukraine-Krieg sich auswirke: „Den Verbrauchern fehlt mit Blick auf die Krise und die Inflation das Geld. Sie konzentrieren sich auf die Grundnahrungsmittel. Statt Erdbeeren kaufen sie zum Beispiel Äpfel, wo das Kilo halb so viel kostet wie bei Erdbeeren. So haben sie ihr Obst bekommen und Geld gespart.“ Erdbeeren sind zwar beliebt, aber hier als Luxusgut einzuordnen. Ähnlich verhält es sich mit Kartoffeln und dem kostspieligeren Spargel.

Auch Selbstpflücker kommen weniger

Auch bei den Selbstpflückern spürt der Hüthumer einen deutlichen Rückgang: „Das wäre ja noch der Rettungsweg. Aber selbst für zwei Euro das Pfund kommen weniger Kunden zum selber pflücken.“

Auf der anderen Seite sieht Alexander Bossmann Fehler bei den Supermarkt-Betreibern: „Sie machen häufig den Fehler, dass sie am Anfang zu lange zu teuer verkaufen. Aber es kommen ja Erdbeeren nach. Und dann fallen die Preise in den Keller.“ Aus seiner Sicht wäre es klüger, die Einstiegspreise zu senken und dann am Ende nicht so drücken zu müssen. Der Hüthumer Landwirt jedenfalls sei zu zwei Dritteln von den Supermärkten abhängig und spüre aktuell den Preisdruck der Händler.

So sahen die ersten Erdbeeren vom Ingenhof in Hüthum aus. Ein- oder zweimal könnten die Felder der frühen Früchte noch nachgepflückt werden. Aber die Nachfrage stockt. Deshalb könnte sich Alexander Bossmann auch auf die späten Erdbeeren konzentrieren, bevor dort die ersten Früchte schimmeln.
So sahen die ersten Erdbeeren vom Ingenhof in Hüthum aus. Ein- oder zweimal könnten die Felder der frühen Früchte noch nachgepflückt werden. Aber die Nachfrage stockt. Deshalb könnte sich Alexander Bossmann auch auf die späten Erdbeeren konzentrieren, bevor dort die ersten Früchte schimmeln. © Funke Foto Services GmbH | Thorsten Lindekamp

Ernte vernichten aus Protest? Das möchte Alexander Bossmann nicht

Im Münsterland vernichten einige Bauern sogar aus Protest ihre Ernte. Soweit möchte Bossmann nicht gehen. Aber er müsse schon entscheiden, welches Opfer er bringen wird. Sechs- bis achtmal werde ein Erdbeerfeld üblicherweise durchgepflückt. Bei den frühen Sorten böte sich nun die Option, auf die letzten beiden Pflückgänge zu verzichten und „lieber auf die späten Erdbeeren zu setzen“. Denn diese seien schön rot und drohten demnächst zu schimmeln. Und dann womöglich noch andere Nachbarfrüchte zu befallen.

Der Ingenhof bietet drei Sorten. Alegro und Sonata für drei Euro die Schale (entspricht einem Pfund) beziehungsweise 2,50 Euro ab zehn Schalen. Und dann die besonders süße Sorte Lambada, die in der Region nur Bossmann vertreibt, für vier Euro die Schale, 3,50 Euro ab zehn Schalen. „Ich habe die Preise trotz erhöhter Kosten nicht erhöht“, erinnert der Landwirt. Für die Selbstpflücker bietet Bossmann jetzt noch einen Preis von 1,50 Euro die Schale ab zehn Pfund.

Zieht der Erdbeer-Verkauf nicht an, dann setzt Alexander Bossmann auf den Ackerbau

Nun hofft Alexander Bossmann, dass die aktuelle Lage sich nicht zu einem dauerhaften Trend entwickelt: „Ich habe im Hauptbetrieb noch den Ackerbau. Der eine Hektar Erdbeeren wird recht extensiv betrieben. Wenn die Krise länger anhält, dann steht in Frage, ob der Ackerbau nicht interessanter wird. Es hängt vom aktuellen Verbraucherverhalten ab.“ Er werde sicherlich nicht „für lau“ Erdbeeren anbauen.

Bis Ende Juni wird die Erdbeersaison noch anhalten. Von 10 bis 17 Uhr können am Ingenhof an der Felix-Lensing-Straße in Hüthum Erdbeeren gekauft und selbst gepflückt werden.